Brühl. Sie ist ein echtes Kleinod und hat mehr Jahre auf dem Buckel, als die meisten Passanten meinen möchten. Und so gibt es rund um die Kriegerkapelle beim Brühler Friedhof immer wieder wichtige Jubiläen für verschiedene Anlässe zu feiern. Nun steht ein besonders runder Geburtstag an, denn vor 100 Jahren wurde das kleine Gotteshaus feierlich geweiht. Zudem wurde vor 75 Jahren die Neugestaltung der kleinen Kapelle eingesegnet.
Bei der Einweihung der Brühler Kriegerkapelle war das Gebäude schon 50 Jahre alt
Doch die Wurzeln des Gotteshauses gehen noch weiter zurück in die Ortsgeschichte. Denn als die Kriegerkapelle im Oktober 1923 geweiht wurde, das war das Gebäude bereits fast 50 Jahre alt. Es war Elisbetha Ackermann, die in der Nähe des neuen Brühler Friedhofs im Gewann Bildstöckel, also dort, wo von altersher die erste nachweisbare Kirche der Gemeinde, die „capelle zu bruowele“, gestanden haben soll, eine Kapelle zu Ehren der Muttergottes errichten ließ.
Die Genehmigung zur Weihe dieses Gotteshauses war eine langwieriges Hin und Her zwischen Freiburg und Brühl – sie beschäftigte seit August 1879 Erzbischof Lothar von Kübel. Und schon da war die Kapelle vier Jahre alt. Damals wurde dieses Kirchlein, wie es in einem Bericht des Pfarrers heißt, „fleißig besucht“. So ließ die Stifterin einen Altar und eine „Chörchen“ aufstellen, damit in der Kapelle die Messe gelesen werden konnte. Das sah der Bischof allerdings anders, denn er erklärte in einem Schreiben, dass „die dortseitige [...] Darbringung des heiligen Messopfers in der Kapelle ungenügend erscheint“. Es gab also kein grünes Licht für die Weihe.
Man schrieb das Jahr 1923 und seit dem Bau der Kapelle waren knapp 50 Jahre ins Land gegangen, ohne dass sich während dieser Zeit etwas Erwähnenswertes an, um oder in der Kapelle ereignet zu haben scheint, stellen Dr. Ludwig Friedrich und Paul Wüst im „Brühler Heimatbuch“ fest.
Brühler Pfarrer Oskar Fahrmeier schrieb an den Erzbischof
Doch im Juni 1923 habe Pfarrer Oskar Fahrmeier an den Erzbischof geschrieben, weil bereits bauliche Mängel an dem kleinen Gotteshaus aufgetreten seien, die unbedingt behoben werden müssten.
Kurz zuvor hatte der Stiftungsrat beschlossen, dass der bisher als Friedhofskapelle bezeichnete Bau künftig unter dem Namen Kriegerkapelle firmieren solle. Der Grund für diese Umbenennung war, dass der damalige Pfarrer nach einigen Jahren seelsorgerischer Tätigkeit in Brühl durch den Kirchenmaler Classen den Innenraum der „Kriegergedächtniskapelle zeitgemäß umgestalten“, ließ, wie es in den Chroniken heißt.
Dazu ließ er die Namen der im Ersten Weltkrieg gefallenen auf zwei große Tafeln, die rechts und links neben der Eingangstür angebracht waren, aufschreiben „um sie der Nachwelt zu erhalten“. Über der Tür stand in jenen Tagen der Spruch: „Wer den Tod im heiligen Kampfe fand, ruht auch in fremder Erde im Vaterland.“ Ein Deckengemälde zeigte über der Darstellung eines Schlachtfeldes mit vielen Verwundeten und Toten das Himmelreich.
Die Weihe der Kriegerkapelle fand natürlich auch in der Presse ihren Niederschlag – gleichwohl nutzte der Berichterstatter damals den Begriff „Kriegergedenkstein“. Doch seine Würdigung war eindeutig, denn dieser „erfreuliche Lichtblick in den gegenwärtigen Zeiten des moralischen Tiefstandes“ würde das Bewusstsein aller Volksschichten über die „Last unserer übermenschlichen Lasten“ wachsen lassen. „Diese beginnende Umwandlung lenkt zunächst unsere Gedanken zurück zu den Männern, die im Jahre 1914 einig und geschlossen hinauszogen in den Kampf, um die Heimat vor dem Feinde zu bewahren und die draußen ihr Leben lassen mußten für ihr Volk, für uns, die wir wiederheimkehrten oder daheimgeblieben waren“.
So die damalige, heute erschreckende Lesart eines Weltenbrandes, den Deutschland entzündet hat. Damit wurde die Glut für die zweite Kriegskatastrophe heiß gehalten. Den Kriegstoten des Ersten folgten die des Zweiten Weltkrieges – und es hieß wieder: „Dulce et decorum est pro patria mori – Süß und ehrenvoll ist es, fürs Vaterland zu sterben.“ Übrigens ein Satz, den vor allem diejenigen ausgesprochen haben, denen dieses Schicksal erspart geblieben ist.
Während dieses Zweiten Weltkriegs erfuhr die Kriegerkapelle eine schreckliche Renaissance durch Pfarrer Johannes Beykirch – es wurde eben wieder auf Schlachtfeldern gestorben. Schon während der ersten Kriegsjahre hatte der Seelsorger ein Mutter-Gottes-Bild aufstellen lassen – das wurde allerdings in den frühen 1980er Jahren gestohlen. Auf seine Idee hin wurde die Kapelle im Innern komplett mit Mosaiksteinen gestaltet.
1941 wurde mit den Arbeiten begonnen – es ging zunächst zügig voran. Doch schon wenige Monate später wurde nur noch schleppend weitergearbeitet. Immerhin sollten am Ende gut eine halbe Million Steinchen die Wände und Decken zieren.
Als auch dieser Krieg endlich geendet hatte, war die Kriegerkapelle noch nicht fertiggestellt. Große Schwierigkeiten bei der Beschaffung der Steine prägten somit die ersten Nachkriegsjahre. Doch nach und nach konnte Beykirch die Steinchen bei einer Berliner Spezialfirma aufkaufen und mit Unterstützung der Amerikaner in einer Art Luftbrücke in die Hufeisengemeinde transportieren.
Vor 75 Jahren war die Neugestaltung dann abgeschlossen und fand „bei allen Kreisen der Bevölkerung Freude“, wie es hieß. Auch die Engelsfenster, die noch heute die Kapelle zieren, wurden damals eingebaut. Welcher Künstler sie gestaltet hat, ist allerdings bis heute unklar.
Am Totensonntag vor 75 Jahren wurde die neue Kriegerkapelle unter großer Anteilnahme der Bevölkerung ein zweiten Mal „als allzeit würdiger Tempel pietätvoller Ehrung der Gefallenen“ geweiht. Doch schon wenig später war die Kriegerkapelle nicht mehr ganz so würdevoll, denn der Zahn der Zeit nagte am Gotteshaus. Anfang der 1960er-Jahre wurde die Kapelle mit kommunalen Geldern einmal mehr komplett saniert.
Diese Neugestaltung hielt allerdings nur bis 2001, dann war die Mosaikgestaltung wieder marode. Vor rund zehn Jahren war die dringend notwendige jüngste Sanierung des inzwischen fast 150 Jahre alten kleinen Gotteshauses abgeschlossen.
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