Brühl. Nichts ist schöner, als in einem Garten zu sein. Überall sprießt das Grün, Blüten gehen auf, Früchte reifen – es ist ein Erlebnis für alle Sinne. Doch so ein Garten bedeutet auch jede Menge Arbeit. Davon weiß ich ein Lied zu singen. Es ist aber kein Jammergesang, sondern eine Hymne.
"Schreib doch mal wieder über deinen Garten!“ Eine Bitte, die ich immer mal wieder höre, nachdem ich vor Jahren in einer kleinen Serie über meine ersten Schritte als Kleingärtner berichtet habe. Damals hatten wir ein Drittel eines Schrebergartens im Brühler Süden übernommen, die bisherigen Nutzer wollten sich nach und nach altersbedingt aus ihrer grünen Oase zurückziehen und uns das Feld überlassen. Erst bewirtschafteten wir das Drittel, dann die Hälfte, drei Viertel, vier Fünftel und dann im vergangenen Jahr den ganzen Garten. Immerhin über 800 Quadratmeter.
Viele ehrliche Menschen haben uns inzwischen verraten, dass sie nie gedacht hätten, dass wir das so durchziehen, denn ein Garten macht nicht nur Freude, sondern auch das ganze Jahr über viel Arbeit. Manche dachten, dass wir angesichts der Gesamtfläche das Handtuch schmeißen würden. Doch die Kassandrarufer sollten Unrecht behalten. Inzwischen können wir uns ein Leben ohne unseren Garten eigentlich nicht mehr vorstellen.
Angefangen haben wir als absolute Grünschnäbel, die nur minimale Erfahrungen im Gärtnern hatten. Heute sind wir alte Hasen, deren grüne Daumen nichts mehr überraschen kann. Denkste! Wir lernen in jeder Saison dazu, auch wenn wir uns selbst loben dürfen (sonst macht es ja keiner), dass unser Konzept, das wir in den ersten Jahren entwickelt haben, schlüssig aufgegangen ist.
Ein Beispiel für die Überraschungen gefällig? Gerne. Erinnern Sie sich noch an den Fasan, den eine Nachbarin „Lonely George“ getauft hat. Der einzige Fasan weit und breit fühlt sich seit Jahren in unserem Garten pudelwohl. Kein Wunder, er lebt ja in Vollpension bei uns. Im ersten Jahr machte er sich – wie damals berichtet – über unsere jungen Mangoldpflanzen her. Mit großem Appetit. Uns blieben nur abgefressene Stängel.
Wechselnde Geschmacksrichtung
Aber wir waren clever – dachten wir zumindest. Im Folgejahr ließen wir den Vlies etwas länger über den Jungpflanzen bis sie kräftig genug waren, dass der „einsame Georg“ zwar weiter dran knabbern konnte, aber nicht die ganze Population bei uns vernichtete.
Doch der Geschmack des Vogels zeigte sich wandelbar. Plötzlich waren es die jungen Rote Bete, die er sich nach und nach einverleibte. Also wurde auch dort der Vlies-Trick angewendet. Die Folge: Der Fasan schwenkte beim Essen auf Rotkohl um. Ja, die Natur kann manchmal grausam sein.
Ein leckeres Rezept für Ajvar
Eine stets wachsende Größe auf unserem Speisezettel sind die Peperoni. Übrigens, nur falls Sie mal gefragt werden: Die scharfe Schote schreibt sich wirklich nur mit einem P. In der Annahme, Peperoni leite sich vom Englischen pepper ab, schreiben es viele Menschen mit zwei P, also Pepperoni. Tatsächlich ist die kleine Scharfe etymologisch gesehen auf das italienische Wort für Pfeffer, nämlich pepe, zurückzuführen – und das schreibt sich nur mit einem P.
In unserem Garten spielte in der vergangenen Saison rund um die Schote jedoch eine ganz andere Zahl eine Rolle: die 15. So viele Kilogramm Peperoni haben wir nämlich geerntet. Was macht man nun damit? Die passende Lösung: Ajvar und eingelegte Peperoni.
Bei der scharfen Paste nimmt man 200 Gramm der roten Schoten, eine Tomate, eine Zwiebel, Knoblauch, zwei Esslöffel Olivenöl, Salz, Pfeffer, und Zucker – jeweils einen Teelöffel voll – zwei Esslöffel guten Balsamicoessig und 150 Milliliter Wasser. Die Zwiebeln und den Knoblauch im Öl anschwitzen, das klein geschnittene Gemüse – ich weiß es inzwischen auch: Aus botanischer Sicht gehören Tomaten zum Obst – mit dem Wasser hinzugeben und zehn Minuten köcheln lassen. Die Gewürze und den Essig in den Topf geben und alles weitere fünf Minuten köcheln lassen. Alles pürieren und heiß in sterile Einweggläser füllen. Schmeckt köstlich und hält sich lange.
Der Fluch der Zucchini
Apropos reiche Ernte. In der vergangenen Saison wurde in den südlichen Brühler Kleingärten der Traum eines jeden Zucchini-Geplagten wahr – auch wenn ich diese kulinarische Abneigung nicht verstehen kann. Doch auch wir neigten in den ersten Jahren dazu, viele dieser robusten Pflanzen in den Garten zu setzten. Wir ertranken im Ertrag. Und irgendwann habe ich die kulinarische Abneigung dann nachvollziehen können.
Doch ganz anders 2022. Da hatte ein lieber Gartennachbar unzählige Setzlinge zu viel und verteilte sie großzügig an mehrere Gartenfreunde als Zucchini. Doch schon nach kurzer Zeit kamen Zweifel auf. Genaue Recherche machte klar: Man war einem „Betrüger“ aufgesessen. Die Zucchinipflanzen waren Hokaidokürbisse. Und so kamen Zucchini-Unwillige eines ganzen Gartenbereichs um die Mahlzeiten mit dieser Zutat herum. Dafür wurde jede Menge Kürbis in jeglicher Form serviert. Das machte am Ende auch nicht alle Angehörigen der Kleingartenbesitzer glücklich.
Und was sprießt in dieser aktuellen Gartensaison bei uns besonders gut? Das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht so genau sagen, aber die Salatköpfe erreichen sagenhafte Ausmaße. Und auch bei den Johannisbeeren, die in den nächsten Tagen geerntet werden wollen, gibt es jede Menge – allerdings vor allem in Rot und Weiß, die schwarzen Beeren halten sich diesmal bei uns dezent zurück.
Und dieser Zurückhaltung schließen sich aktuell bei uns auch die Quitten und Pfirsiche an – sie haben zu einer Zeit im Frühjahr geblüht, als noch viel zu wenig Insekten in den Gärten unterwegs waren, um sie zu bestäuben.
Naturnah gestaltet
Und da sind wir wieder beim Thema Natur im Garten. Wir achten darauf, dass es Bereiche im Garten gibt, die wild aussehen, wo heimische Blumen und Kräuter blühen, wo die Brennnessel wachsen kann, um Schmetterlingsraupen zu ernähren. Auch bei den Büschen und Bäumen achten wir möglichst auf heimische Pflanzen in den Hecken. Wir haben Insektenhotels, Vogelhäuschen und Trinkstationen für beide aufgestellt. Unsere Trockensteinmauer ist schon im ersten Jahr gut von den sonnenliebenden Eidechsen angenommen worden.
Oft gesehene Gäste sind bei uns neben den Sing- auch die Greifvögel: Roter Milan, schwarzer Milan, Bussard und Falken – sie alle schauen gern bei uns vorbei. Zumindest hat es den Anschein, denn sie sind oft da. Und das dürfen sie auch, denn immerhin fressen sie kein Mangold, keine Rote Bete und auch keinen Rotkohl.
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