Brühl. „Ich bin in den vergangenen 26 Jahren ein echter Brühler beziehungsweise Rohrhofer geworden und werde es bleiben. Sie werden mich also nicht verlieren und müssen mich so lange ertragen, wie Gott es will.“ Das sagte der frühere Bürgermeister und Ehrenbürger von Brühl, Günther Reffert, beim Festakt zu seinem 70. Geburtstag vor 14 Jahren. An diesem Sonntag, 21. August, verlor die Gemeinde den engagierten und lebenslustigen Mann aus ihrer Mitte. Nach kurzer, schwerer Krankheit starb der 84-Jährige im Kreis seiner Familie.
Er hat die Hufeisengemeinde in einer Zeit des Aufschwungs maßgeblich geprägt. 16 Jahre lang war Reffert Bürgermeister der Gemeinde und hat damals nicht nur das kulturelle Leben in Brühl nachhaltig ausgebaut – so wurde unter seiner Ägide die Infrastruktur in vielen Bereichen des kommunalen Lebens auf einen modernen Stand gehoben.
Sehr eng mit ihm verbunden ist auch der Ausbau der Villa Meixner zu einem Kulturzentrum und damit die frühe Belebung der Gemeinde zu einem Zentrum der Bildenden Kunst, der Kleinkunst und der Konzerte.
Geboren wurde Günther Reffert 1938 in Kaiserslautern. Am letzten Tag des Zweiten Weltkriegs verlor er seine Mutter dort bei einem Bombenangriff. Nach der erneuten Heirat seines Vaters zog die Familie 1947 nach Ludwigshafen. Dort begegnete Günther Reffert auch seiner späteren Frau Margrit Schultz. Sie war 16 Jahre alt, als sie „ihren Günther“ traf. „Beim Tanzkurs lernten wir uns näher kennen. Das war früher so üblich. Ich hatte Margrit zwar schon öfter gesehen, aber richtig fiel sie mir erst dort auf“, erinnerte sich der ehemalige Bürgermeister vor wenigen Jahren zum Ehejubiläum an die erste Begegnung mit seiner zukünftigen Frau.
In Ludwigshafen erlernte er nach der Schulzeit den Beruf des Verwaltungsbeamten. Kurz nachdem ihr Sohn Wolfgang 1965 auf die Welt kam, zog die junge Familie nach Tuttlingen, wo Reffert den Posten des Oberinspektors der Verwaltung antrat. Doch schon nach drei Jahren kam er wieder zurück in die Pfälzer Heimat. In Mannheim beim Staatlichen Hafenamt fühlte er sich als Abteilungsleiter für Liegenschaften und Umschlag gut aufgehoben. Zum Schluss seiner Zeit im Hafen hatte er den gesamten Elektrobetrieb innegehabt.
1982, als der damalige Bürgermeister von Brühl, Gerhard Stratthaus, nach Schwetzingen wechselte, trat Reffert bei der Bürgermeisterwahl in der Hufeisengemeinde als CDU-unterstützter Kandidat an. Direkt beim ersten Urnengang holte er die notwendige Zahl der Stimmen und aus dem Urpfälzer und Berufsmannheimer wurde durch das Bürgervotum ein Wahlbrühler „mit Leib und Seele“, wie er in einem späteren Gespräch resümierte.
Aufgaben im Amt erkannt
„Als ich das Amt innehatte, war das, als hätte ich nur den Schreibtisch gewechselt. Die Probleme waren dieselben wie im Hafen, nur ein bisschen differenzierter. Ich musste mit Menschen verhandeln und hatte mit Personal zu tun, meinte er damals.
„Das Vereinsleben war allerdings neu für mich“, erzählt er einst vom frühen Alltag als Gemeindechef.
Doch Berührungsängste kannte Reffert nie – seine menschliche Art öffnete dem sympathischen Mann und seiner Familie sehr schnell den Weg zu den Herzen seiner neuen Mitbürger.
Ein erstes politisches Problem, das Refferts Amtszeit prägte, war die Umgehungsstraße L 599. „Ich habe mir die geplante Umgehungsstraße auf einem Plan angeschaut. Für Brühl hätte die Straße viel gebracht – keine Frage – aber der ganze Verkehr wäre stattdessen durch Ketsch geflossen. Wir selbst hätten diese Umgehungsstraße überwiegend auf Ketscher und Schwetzinger Gemarkung gebaut – das hätten die Ketscher nie mitgemacht“, erklärt er die Problematik heute. Doch es funktionierte.
Damals war er noch Bewerber und hat sich mit einem Kollegen vom Hafenamt über die Planungen unterhalten. Er habe ihn gebeten auf dem Plan einzuzeichnen, wie die Umgehungsstraße aussehen sollte. „Mein Kollege hat damals die optimale Lösung präsentiert. So wie sie heute verläuft, so hat er die L 599 damals eingezeichnet. Als ich nach Brühl gekommen bin, habe ich den Vorschlag zunächst mit dem Straßenbauamt und anschließend mit den Verantwortlichen der Bundesbahn, die zu dieser Zeit die Schnellbahntrasse Richtung Stuttgart gebaut haben, besprochen. Und so habe man es denn auch gemacht“, fasste er da zusammen.
Arbeitsintensive Aufgabe
Zum Amtsantritt von Reffert war außerdem der Bau einer neuen Veranstaltungshalle ein großes Thema. Die Miete für die neugebaute Halle hätten die Vereine allerdings nicht bezahlen können. „Ich habe dann vorgeschlagen, das Geld, das eine neue Veranstaltungshalle in einem Jahr kostet, in die bestehende Festhalle in der Hauptstraße zu investieren. Das waren rund 900 000 Mark und es hat exakt hingehauen“, freute er sich in einem Gespräch mit unserer Redaktion, als er 2008 zu seinem Geburtstag – einem 18. Mai – zum Ehrenbürger ernannt worden war.
Zeit- und arbeitsintensiv war neben der Arbeit als Bürgermeister auch das Amt des Vorsitzenden des Sozialausschusses des Gemeindetags. In den Kreistag wollte Reffert aber nie. „Ich war hier Bürgermeister und wollte hier Bürgermeister bleiben – wenn ich mich beim Kreis beworben hätte, wäre ich ja praktisch mein eigener Vorgesetzter gewesen“, betonte er, als das Thema an ihn herangetragen worden war.
Aber auch kulturell hat Reffert einiges in der Gemeinde bewegt: Die Villa Meixner, die heute als Kulturtreffpunkt in der Kleinkunstszene bekannt ist, war damals eine Unterkunft für Obdachlose und „so sah sie auch aus“, erinnerte er sich in zahlreichen Gesprächen. Dabei waren dort noch echte Jugendstil-Malereien zu finden. Für Reffert war klar: Daraus muss man was machen.
Existenziell und fantastisch
Der ursprüngliche Gedanke war, die Bücherei zu verlegen – die Räumlichkeiten erwiesen sich aber als zu klein. Passend kam da Ehrhard Reissenweber mit der Idee eines Jugendstilmuseums. „Das Museum war exzellent und fantastisch. Leider ist das wunderbare, kleine Museum aber nicht so eingeschlagen, wie wir uns das vorgestellt haben“, meint der Altbürgermeister rückblickend.
Zum Schluss seines Lebens sei allerdings das in der Villa Meixner aber nichtsdestotrotz bundesweit bekannt gewesen.
Mit dem Umbau des Rathauses kamen erste Gemäldeausstellungen in der dortigen Flure und Reffert trieb die Kulturarbeit weiter voran. Nicht zuletzt, indem er die Kerwe wiederbelebte. Es sei Werner Fuchs gewesen, ein „absoluter Tausendsassa im Brühler Vereinsleben“, der die alte Tradition 1983 ins Gespräch brachte. Als es um den ersten Owwerkerweborscht ging, fiel die Wahl schnell auf Reffert. „Sogar das Fernsehen war zur Kerwe hier“, erzählt er stolz. Zu seiner Amtszeit war er Mitglied in 26 verschiedenen Vereinen – angefangen beim Sportverein über die drei Gesangsvereine und den Turnverein bis hin zu den Schützen.
Ungewohnte Aktivität
Nachdem er in den Ruhestand wechselte, gab es aber eine Truppe, bei der er lautstark seine Stimme erhob: Reffert war einer der Kerweborscht, die rund um die Traditionsfeste im Ort das Brauchtum pflegen. Gleichwohl musste er ein wenig zurücktreten, denn schon seit einiger zeit war seine Stimme etwas belegt und er konnte nicht mehr so aktiv mitschmettern.
Aus der Öffentlichkeit hatte er sich nach seiner Pensionierung weitgehend zurückgezogen. Bei Festen und anderen Aktivitäten in der Gemeinde war er gerne dabei.„Die Position des Brühler Bürgermeisters ist natürlich sehr schön und wie auf den Leib für mich zugeschnitten. Ich hab das wahnsinnig gerne gemacht. Was aber darunter leidet, ist die Familie. Meine Kinder hatten nicht mehr viel von ihrem Vater und meine Frau, auch wenn sie oft dabei war, nicht mehr viel von ihrem Ehemann.
In meiner Situation habe er dann die Familie absolut in den Vordergrund gestellt“, sagt der zuletzt im Gespräch mit unserer Zeitung, dass er viel Zeit der Familie widme. Er genieße nach dem Ruhestand das Leben in Brühl mit seiner Familie, stellte er wenige Monate vor seinem Tod fest.
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