Geothermie

Bürgerinitiativen rufen in Brühl zur Ablehnung von Erdwärmeprojekten auf

Zwar befürworten die Gruppen grundsätzlich den Ausbau der erneuerbaren Energien, „die Tiefengeothermie sehen wir im Oberrheingraben jedoch als hochproblematisch an“, heißt es nun in einem offenen Brief.

Von 
Ralf Strauch
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Die beiden Bohrlöcher im Süden der Gemeinde, die das angedachte Geothermie-Kraftwerk mit Erdwärme versorgen sollten, sind inzwischen nicht mehr besonders gesichert – eine gefährliche Situation insbesondere für neugierige Kinder. © strauch

Brühl. „Die Firmen Vulcan Energy Resources und Deutsche Erdwärme, die Energieversorger EnBW, MVV, Badenova sowie das Karlsruher Institut für Technologie planen den Bau von schätzungsweise 50 bis 60 Tiefengeothermie-Kraftwerken im Oberrheingraben zwischen Basel, Mannheim und Landau“, heißt es in einem offenen Brief der Bürgerinitiativen gegen Tiefengeothermie, zu der auch die Brühl/Ketscher BI gehört.

Die Gruppen sehen dadurch die Gefahr, dass die gesamte Metropolregion „mit den Millionen von Einwohnern, Städten und Gemeinden, mit ihrer modernen Infrastruktur, mit ihren hoch entwickelten Industriebetrieben, mit der wichtigen Ökologie und schlussendlich auch ihren vielen Kulturschätzen den vielfältigen Gefahren einer bisher unausgereiften Technik ausgesetzt wird“, heißt es in dem Schreiben an die Bürgermeister und Gemeinderäte.

Von Landesregierungen unterstützt

Diese Ausbaupläne würden von den Landesregierungen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz unterstützt, heißt es in dem Schreiben. Zwar sei man sich der „Herausforderungen des Klimawandels bewusst“ und befürworte grundsätzlich den Ausbau der erneuerbaren Energien, „die Tiefengeothermie sehen wir im Oberrheingraben jedoch aufgrund der schwierigen geologischen Verhältnisse, der bisherigen Erfahrungen und nicht auch zuletzt wegen der überwiegend planenden Firmen Vulcan Energy Resources und Deutsche Erdwärme als hochproblematisch und nicht geeignet an“, betonen die Aktivisten der Bürgerinitiativen in ihrem gemeinsamen Brief.

Gefahr von Erdbeben bleibt

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Die Gefahr von induzierten Erdbeben und das Risiko der Grundwasserverunreinigung stehen aus Sicht der Bürgerinitiativen einer fragwürdigen Stromgewinnung gegenüber. Sie zitieren den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund), der festgestellt habe, dass Geothermie insbesondere für die Stromerzeugung relativ gesehen zum Gesamtbedarf in Deutschland keinen wesentlichen Beitrag leisten könne – zu hoch seien die Kosten und Risiken.

Wärme werde bundesweit – anders als in Brühl – aufgrund fehlender Wärmenetze meist nicht geliefert, dabei sei es inzwischen „überdeutlich geworden, dass diese Vorhaben letztendlich vor allem die Lithiumgewinnung zum Ziel haben“.

Die Verwirklichung dieser umfassenden Pläne würden laut Bürgerinitiative zu einer weitreichenden Veränderung der Region führen. So fragen die Aktivisten die Bürgervertreter: „Können Sie es unterstützen, dass unserer Region so nachhaltig ein Tiefengeothermie-Kraft- und Lithiumsole-Bergwerke-Stempel aufgedrückt werden soll?“

Inzwischen hätten rund zehn Gemeinden in der Ortenau und im Landkreis Rastatt die Pläne von Vulcan Energy Resources und Deutsche Erdwärme abgelehnt. „Schließen Sie sich ihnen an“, appellieren die Bürgerinitiativen an die Rathauschefs und die Gemeinde- beziehungsweise Stadträte der Metropolregion.

Und dann zählt die Gruppe in einem Begleitschreiben die aus ihrer Sicht durch die Nutzung der Geothermie entstandenen Vorfälle auf. Bisher 106 induzierte seismische Ereignisse seien in Vendenheim bei Straßburg gemessen worden – mit insgesamt 3800 Schadensmeldungen, 164 seismische Ereignisse hätten Insheim bei Landau erschüttert – „das spricht eine deutliche Sprache“.

3D-Messungen helfen nicht

Das Projekt Basel sei wegen der Erdbebenereignisse abgebrochen worden. „Es ist eindeutig, dass Tiefengeothermie-Projekte Erdbeben auslösen oder triggern, nur über die mögliche Stärke wird diskutiert“, zeigen sich die Initiativen gegen diese Energienutzung überzeugt. In Vendenheim wären die meisten Schäden in einem Radius von 20 Kilometern um das Werk aufgetreten.

„Die von den Betreibern zur Beruhigung der Bevölkerung angepriesenen 3D-Messungen dienen vor allem dem Auffinden der Sole-Reservoire“, bilanzieren die BIs. Damit alleine könnten Erdbebengefahren vorab nicht eingeschätzt werden. Das Fazit der Aktivisten lautet: „Eine Sicherheit, dass sich beim Betrieb einer Tiefengeothermie-Anlage, auch in den Folgejahren, keine größeren Beben mit massiven Schadensfolgen ereignen, gibt es nicht.“

Redaktion

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