Dourtenga

Burkina Faso in Staatskrise: Es normalisiert sich nach und nach

Die Staatskrise in Burkina Faso beeinträchtigt das Engagement des Brühler Förderkreises in Dourtenga. Verzögerungen durch Terrorismus und Unsicherheit wirken sich auf ein Landwirtschaftsschulprojekt aus.

Von 
Ralf Strauch
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Der Könige der Servanne bei Dourtenga sind die Affenbrotbäume. © ertl

Brühl. Burkina Faso befindet sich aktuell in einer tiefen Staatskrise: Die Sicherheitslage hat sich laut Auswärtigem Amt in den vergangenen Jahren verschlechtert – fast zwei Millionen Menschen sind demnach innerhalb des Landes auf der Flucht. Nach Einschätzung der Vereinten Nationen werden im ausklingenden Jahr 4,7 der rund 22 Millionen Einwohner auf humanitäre Hilfe angewiesen sein. Burkina Faso gehört damit zu den ärmsten Ländern der Welt. Die Staatskrise trifft das Land somit besonders hart.

Die Situation in der afrikanischen Partnergemeinde Dourtenga sieht da noch verhältnismäßig ruhig aus, doch auch von dort kommen erschreckende Nachrichten, wie der Brühler Förderkreis dieser Partnerschaft aktuell in einem Jahresrückblick feststellt.

Ein Opfer des dortigen Terrorismus war Naaba Boulga, der traditionelle Dorfchef. „Für uns war er ein wichtiger Kommunikator, Multiplikator und Meinungsführer“, erklärt der Vorsitzende des Förderkreises Hans Zelt in seinem Jahresrückblick.

Der traditionelle Dorfchef der Brühler Partnergemeinde Dourtenga, Naaba Boulga, wurde vor wenigen Tagen von islamistischen Terroristen auf offener Straße erschossen. © Dvorak

„Vor allem in letzter Zeit war er ein wichtiger Promotor für die, vom Comité de Jumelage initiierten und mit unserer Hilfe gebauten Landwirtschaftsschule“, bilanziert Zelt. Man habe gehofft diese Landwirtschaftsschule 2023 in Betrieb nehmen und dann zum Schulbetrieb an den burkinischen Staat übergeben zu können. „Vereinfacht könnte man sagen, das Gebäude wartet nur noch auf den Einzug der Lehrer, der Schüler und der Tiere“, so Zelt.

Förderverein Brühl-Dourtenga geht auf Reset

„Leider kam es aber im Projektablauf immer wieder zu Verzögerungen, erst durch Corona, dann durch die terroristischen Kampfhandlungen in der Gegend um Dourtenga. Trotz dieser Verzögerung werde man dieses Projekt weiterhin fördern, sagt Zelt. Allerdings habe diese Verzögerung „leider Auswirkung auf die zeitlich begrenzte mögliche Finanzierung durch die Fördergelder vom Bundesministerium“. Die Fördergelder waren aus dem Jahr 2022 und sind bereits einmal verlängert worden. Ein weiterer Antrag auf Verlängerung für das Jahr 2024 habe keine Aussicht auf Erfolg.

Somit bleibe dem Förderkreis nichts anders übrig, als „alle bis zum Stichtag nicht im genehmigten Sinn ausgegeben und abgerechneten Gelder zurückzugeben“, bilanziert Zelt.

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„Um es klar auszudrücken: Wir sind in der letzten Projektphase wir können und müssen wahrscheinlich zu unserem Bedauern ohne weitere Fördermittel finalisieren. Allerdings haben wir Mitte Dezember einen Projektstatus erhalten, der hoffen lässt“, bilanziert Zelt.

32 Schüler, davon 14 junge Frauen, seien für die Landwirtschaftsschule geworben worden – ein erfreulicher Schnitt, wie es hieß. Für die Viehzucht wurden Tiere erworben, die noch bei den Züchtern untergebracht seien. „Somit fehlen nur noch die Lehrer – die Entsendung hängt, so die zuständigen staatliche Stelle, von der Sicherheitslage ab“, erklärt Zelt.

Auf der Suche nach einer Partnergemeinde

Bürgermeister Dr. Ralf Göck hieß jüngst eine Delegation aus Burkina Faso willkommen. Eric Yanna, Sohn des langjährigen Vorsitzenden der Jumelage von Brühl und Dourtenga, weilte zu einem kurzen Besuch in der Hufeisengemeinde. Der junge Mann ist hauptamtlich Schulinspektor in der Region Koulpélogo, zu der auch die Brühler Partnergemeinde Dourtenga gehört. Er hat in Deutschland Elektrotechnik studiert und ist im Land geblieben. Er lebt derzeit in Nürnberg und arbeitet bei Siemens.

„Er hilft seiner Heimat von hier aus. Über seine Kontakte zur Botschaft konnten wir nun Bewegung in den ,Gang der Dinge’ für die Eröffnung der Landwirtschaftsschule bringen“, fasst der Brühler Bürgermeister die aktuelle Situation zusammen.

Sinn seines aktuellen Besuchs in Brühl sei es gewesen, den inzwischen eingesetzten Bürgermeister der Heimatstadt seiner Frau, Dieudonné Tougfo, aus Dédougou, in Brühl vorzustellen, erklärt der Brühler Rathauschef Dr. Ralf Göck. Die Bitte seines Amtsinhabers sei es gewesen, für seine eigene Heimatkommune in Deutschland eine Partnerstadt wie Brühl zu finden. 

Trotz der Verhängung des Ausnahmezustandes in der Provinz Koulpélogo und der zwischenzeitlichen Aussetzung des Schulbetriebes, konnten, mit Hilfe des Förderkreises in dieser Zeit die Abschlussklassen beschult werden. Das 23 Kinder – darunter elf Mädchen – trotz der widrigen Umstände Abitur hätten machen können, verdiene Respekt. „Dies war vor allem mit der Eigeninitiative und dem Engagement in Dourtenga wohnender Lehrer möglich“, betont Zelt.

Mit der Hilfe der Lehrenden sei auch in der Nähstube 20 jungen Menschen das Schneiderhandwerk vermittelt worden. Die Kindergärten hätten seit Februar wieder betrieben werden können, sagt Zelt.

Bürgermeister Dr. Ralf Göck, die früheren und aktuellen Vorsitzenden des Freun- deskreises, Renate Dvorak (r.) und Hans Zelt (2. v. l.) begrüßen zusammen mit Bür-germeister Dr. Ralf Göck (3. v. r.) die Delegation aus Burkina Faso in Brühl. © Gemeinde Brühl

„Auch unsere Hilfe im Bereich mangelernährter Kinder, die es leider durch die Binnenflucht verstärkt gibt, konnten wir fortsetzten“, bilanziert der Vereinsvorsitzende und sagt, dass die Medikamentenlieferung in diesem Jahr schwieriger gewesen seien denn je.

Alle Generationen sind gebeutelt

„Einen Lichtblick gibt es zum Jahresende doch“, betont Zelt. Der gesamte Schulbetrieb sei im November in Dourtenga wieder aufgenommen worden. Zentralisiert zwar und unter den wachsamen Augen der Militärs finde jetzt für alle Klassenstufen wieder Unterricht statt, so der Vereinsvorsitzende.

In einem Treffen mit Eric Yanna gab es einen weiteren Hoffnungsschimmer im so schwer von terroristischen Überfällen gebeutelten Nachbardorf Lagayle. Dorthin kehrten die zuvor Geflohenen langsam zurück. „Ein Zeichen für eine Verbesserung der Situation“, so Zelt,

Eric Yanna war es letzlich auch der den Kontakt zum burkinischen Botschafter in Deutschland hergestellt habe.

Redaktion

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