Rathaus

Fahrstuhl gehört mit 50 zum alten Eisen

Von 
Ralf Strauch
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Brühl. Gleich zwei halbwegs runde Jahrestage gibt es im Rathaus zu feiern. Der eine davon hängt auch gleich mit einem Abschied zusammen: Der 50 Jahre alte Aufzug im Verwaltungsgebäude wurde komplett ersetzt. Der zweite Geburtstag ist der des Gebäudes selbst, denn 1866, also vor 155 Jahren, erhielt die Hufeisengemeinde ihr erstes eigenes Rathaus.

Man habe es „mit Vergnügen vernommen“, schrieb das Großherzogliche Bezirksamt 1865, dass die Gemeinde plane, ein Rathaus zu bauen. Bis dahin waren die Aufgaben der Gemeindeverwaltung noch in den jeweiligen Privathäusern der Bürgermeister erledigt worden.

7000 Gulden Baukosten

Beschlossen worden war das Haus, dessen Grundmauern sich noch heute im Rathaus wiederfinden, im Mai 1865. Auf 7000 Gulden taxierte man das Vorhaben damals. Nach einigem Hin und Her zwischen Gemeinde und den großherzoglichen Behörden wurde festgelegt, dass man im Ort 1866 unverzüglich beginnen und dieses bis zum August desselben Jahres abgeschlossen haben müsse – ein knappes Zeitfenster, das heute wohl kaum noch eingehalten werden dürfte. Das Verwaltungsgebäude war sicherlich keine „architektonische Demonstration Brühler Bürgerstolzes“, wie der heutige Chef dort, Dr. Ralf Göck, und Helmut Mehrer in ihrem Buch „Eine Gemeinde und ihr Rathaus“, vor 30 Jahren feststellten. Es war deutlich ein Zweckbau für die Verwaltung des vor 155 Jahren insgesamt 896 Einwohner zählenden Weilers. Dabei gab es aus der Bezirksbauinspektion einen deutlich repräsentativeren „Alternativplan mit kleinem Türmchen und Repräsentativfassade. Doch als der Bau im Herbst 1866 von den wenigen Bediensteten um Bürgermeister Michael Lindner bezogen wurde, maß das zweistöckige Haus gerade einmal die Fläche des heutigen Polizeipostens und des Foyers mit Treppenhaus.

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Erste umfassende Reparaturarbeiten wurden bereits 1894 und 1907 fällig – das Haus wurde zudem aufgestockt. Die erste Rathauserweiterung erfolgte in den 1920 Jahren – die Fläche wurde ungefähr verdoppelt. Doch in der noch jungen Bundesrepublik reichte der Platz für die Gemeindebediensteten überhaupt nicht mehr. Erneut wurde die Nutzfläche mehr als verdoppelt. Gleichwohl wurde sehr einfach und äußerst sparsam gebaut, wie die Chroniken verraten. Allerdings mussten rund 177 000 Mark dafür auf den Tisch gelegt werden.

Dennoch platzte das Rathaus in den 1960er Jahren bereits wieder aus allen Nähten. Einzelne Ämter und die Polizei wurden ausgegliedert. Es wurde wieder erweitert. Das Richtfest für diesen Rathausumbau fand im Dezember 1973 statt. Es war aber nicht wirklich zukunftsorientiert geplant worden. Erst mit einem weiteren Anbau ergab sich Anfang der 1990er Jahre eine Gesamtnutzfläche von über 1400 Quadratmetern auf drei Etagen. Auf einen schmückenden Rathausturm hatte man damals aus Kostengründen verzichtet.

Auf und ab seit 1971

Einen Aufzug über diese Stockwerke hatte das Rathaus 1971 erhalten. Und genau diese technische Neuerung der Firma Thyssen wurde nun 50 Jahre später rundum erneuert und an die neuen Vorgaben angepasst worden. Seit einigen Tagen fährt er wieder und das Personal sowie die Nachbarschaft hat die durchaus hörbaren Stemmarbeiten im Sommer schon fast vergessen. Die Aufzugtüren wurden für die deutlich größere Kabine aufgeweitet. „Das Ergebnis ist großartig“, freut sich Bürgermeister Dr. Ralf Göck über die nun tatsächliche Barrierefreiheit für die Bürger und Mitarbeiter im Rathaus. Und auch Brühls Behindertenbeauftragter Rudi Bamberger ist mit der neuen Lösung zufrieden.

Zuvor hatte man verschiedene Angebote eingeholt, aber lediglich die Firma Thyssen war in der Lage, einen neuen Aufzug in den bestehenden Schacht einzubauen, der ganz den heutigen Anforderungen der Barrierefreiheit entspricht. Die anderen Angebote hätten eine Schachterweiterung über alle Stockwerke hinweg in Richtung Sparkasse und damit einen hohen Aufwand bedeutet.

Einziger Wermutstropfen bleibt die fehlende Erschließung des Sozialraums im dritten Obergeschoß, die nur mit einem immens hohen Aufwand und einem Aufzugsturm, der mindestens vier Meter über das Rathausdach hinausgeragt hätte, machbar gewesen wäre. Insgesamt sind Kosten von 160 000 Euro angefallen.

Redaktion

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