Paris

Französinnen aus Brühl sprechen über die Olympischen Spiele

Isabelle Benkart, Valérie Büchner und Chantal Lemmert stammen aus Frankreich, leben aber heute mit ihren Familien in Brühl. Was die drei Frauen über die Olympiade denken, verraten sie im Gespräch mit dieser Zeitung.

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Rita Weis
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Über die Olympiade aus Sicht von in Deutschland lebenden Französinnen unterhalten sich in Brühl Isabelle Benkert (v. l.), Valérie Büchner und Chantal Lemmert. © Rita Weis

Brühl. Kurz vor dem offiziellen Start der Olympischen Spiele in Frankreich trafen sich drei Brühler Französinnen und eine Reporterin der Schwetzinger Zeitung zum Eisessen beim Italiener. „Nicht schlecht, aber…“, so äußerten sie sich spontan – zu den Spielen, nicht zum Eis. Kritikpunkte hatten alle, aber es gab auch Positives und vor allem stimmte man darüber ein, dass man erst später sehen werde, was die Spiele insgesamt Positives gebracht haben.

„Aber“ – das sind zunächst die Ticketkosten. „Nichts für Franzosen der Mittelschicht“, sagte Valérie Büchner aus dem Médoc, die schon seit weit über 30 Jahren mit deutschem Mann und zwei Kindern in Deutschland lebt und als Gymnasiallehrerin arbeitet. „Wenn man da mit seiner Familie hin möchte, wird es richtig teuer.“

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Sofort stimmte ihr Isabelle Benkart aus Reims zu – sie ist Verwaltungsangestellte, hat eine Tochter und etwa ebenso lange schon in Deutschland. „Ja, nur für Ausländer, die sich die Eintrittskarten leisten können,“ bestätigte auch Chantal Lemmert, Französischlehrerin aus der Brühler Partnerstadt Ormesson-sur-Marne. Aber inzwischen seien die Preise gesenkt worden – allerdings kannten die drei die aktuellen Preise nicht, da sie gerade großen Schwankungen unterliegen.

Es sei viel gemacht worden, zum Beispiel die Sanierung der Seine. Hier fand am Freitag die große Eröffnungsfeier mit allem Pomp statt und dann werden dort die Schwimmwettbewerbe ausgetragen. Dass solche Säuberungsmaßnahmen dem durch Smog und Umweltbelastungen gebeutelten Paris zugute komme, fanden alle drei Damen. Vor allem, wenn es nachhaltig sei, ergänzten sie mit einem etwas skeptischer wirkenden Lächeln.

Problematische Metropreise

„Was gar nicht geht, sind die enorm gestiegenen Metropreise“, sagt Isabelle Benkart. Ein Ticket kostete vor dem Großereignis nur 2,15 Euro, während der „Jeux Olympiques“ – der Olympischen Spiele, die man in Frankreich mit JO abkürzt – kostet der Einzelfahrschein aber plötzlich 4 Euro. Und mit dem Auto könne man sowieso nicht nach Paris fahren. Auch zu Fuß und mit dem Fahrrad sei es schwierig, weil alles abgesperrt sei und man Sondergenehmigungen brauche.

Auf die Frage, was die Pariser machen, wenn man sich so wenig frei in der Stadt bewegen könne, antworteten die Drei – und zeigten dafür viel Verständnis – dass sie wegfahren, in den Urlaub gehen. Damit entsprachen sie dem Aufruf des französischen Verkehrsministers Clément Beaune, der zu mehr Homeoffice oder Urlaub riet. Ob die Flucht aus dem Olympischen Paris eine gute Lösung ist? Immerhin dauern die Spiele offiziell 18 Tage – von diesem Freitag bis Sonntag, 11. August, danach folgen die Paralympics vom 28. August bis zum 8. September. Die Sommerferien in Frankreich laufen seit Anfang Juli und dauern noch bis 1. September – so viel am Rande.

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Was sehr kritikwürdig sei, findet Valérie Büchner, ist der Umstand, dass man auf die Darstellung der französischen Flagge auf den offiziellen Olympia-Plakaten komplett verzichtet habe. Als Ärgernis empfanden die drei Französinnen auch die Veränderungen an Monumenten. Zum Beispiel wurde das Kreuz auf der Kuppel des Invalidendoms auf dem offiziellen Plakat durch einen Pfeil ersetzt. Isabelle Benkart erklärte, dass die Franzosen eher konservativ und auf ihre alten Monumente stolz seien. Und sie bekennen sich mehrheitlich zum Christentum, also könne man ein Kreuz nicht einfach weglassen.

Völliges Unverständnis zeigten die Französinnen auch dafür, dass man im Vorfeld alle etwa 3000 Obdachlosen aus der Stadt verbannt habe, damit Paris ein „sauberes Bild“ während der Spiele abgebe. Ob es auch etwas Gute gebe in Zusammenhang mit den Spielen, fragten sich die drei Damen selber.„Ja!“ und das kam spontan.

Feuer wird zum Fest

Als das olympische Feuer durch Frankreich getragen wurde, sei das ein richtiges Fest für die Französinnen und Franzosen gewesen. Da konnten viele die Fackel tragen, der Hausmeister einer Schule, eine Putzfrau – und der Bürgermeister von Brühl, Dr. Ralf Göck, sei ja auch dabei gewesen. Er habe seine Amtskollegin von Ormesson-sur-Marne Marie-Christine Ségui getroffen und beide hätten dem Event beigewohnt. Ansonsten müsse man abwarten, ob die Wirtschaft zum Beispiel profitieren würde oder das Prestige, nachdem der Tourismus in Frankreich rückläufig sei seit der Corona-Zeit.

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Französinnen, die seit vielen Jahren in Deutschland leben – ob sie sich mehr deutsch oder mehr französisch fühlen? Beides, vielleicht „un tout petit peu plus français“ – ein kleines bisschen mehr Französisch. Und wenn Deutschland gegen Frankreich spielt, zum Beispiel beim Fußball? Valérie Büchner und Isabelle Benkart haben da eine klare Antwort gefunden: „Wir verlieren nie“, denn vielleicht sind sie erst ein bisschen mehr für Frankreich, aber wenn die Deutschen gewinnen, freuen sie sich ebenso. „Wir sind multikulti“, schloss Isabelle Benkart ab und so sah sich auch Chantal Lemmert, die eher etwas ruhiger war, aber eine ungewöhnlich große Kennerin der deutschen und französischen Sprache ist.

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