Brühl. Das erste, was Christian Sauer, in Angriff nahm, als er neuer Büchereichef in Brühl wurde, war, den Bestand zu überarbeiten. Zu viele Ladenhüter ließen die Kapazitäten in den Regalen des über 30 Jahre alten Provisoriums im früheren Schwimmbad-Café explodieren. Es musste Platz geschaffen werden, damit sich die Besucher in den Räumlichkeiten wohlfühlen und nicht mehr das Gefühl haben, in ein Magazin zu kommen.
Baulich wurden Veränderungen geschaffen, von denen Sauers Vorgänger Joachim Klotz nur träumen konnte. Neue Fenster, ein neuer Bodenbelag, passende Lichtführung und vieles mehr sorgen seitdem für ein zeitgemäßes und – anders als zuvor – nicht mehr subtropisches Ambiente. Zusammen mit dem Kulturreferenten Jochen Ungerer entwickelte Sauer daraus ein Konzept für eine ganz neue Gemeindebücherei, dem dann vom Gemeinderat zugestimmt und das mit viel Herzblut von den Mitarbeitern des Bauhofs handwerklich eindrucksvoll umgesetzt wurde. Nicht wenigen Büchereibesuchern entweicht da ein ein „Wow!“ unter der Mund-Nase-Bedeckung, wenn sie erstmals den neuen Lesetempel betreten.
Hell und mit viel Platz zwischen den Regalreihen, funktionale und doch schicke Arbeitsplätze für das Büchereiteam mit einer einladenden Theke vom Wohnstudio Anke Laier sowie Buchenholzregale, die sich für Veranstaltungen verschieben lassen, sorgen schon bei Betreten der Gemeindebücherei für eine attraktive Atmosphäre, in der die vier Mitarbeiter der kommunalen Einrichtung auch mal Arbeiten so verrichten können, dass sie nicht immer auf dem Präsentierteller stehen.
Eigenleistung des Bauhofs
Die Schreiner des örtlichen Bauhofs haben – anfangs unter Sascha Mayer und nun unter Marcus Schütterle – ganze Arbeit geleistet. Die Regale für die nunmehr rund 15 800 Medien sind stabil, ohne erdrückend zu wirken. Da können die kommunalen Handwerker wirklich stolz auf ihr Werk sein. So ganz nebenbei haben sie mit ihrer Eigenleistung der Gemeinde auch noch einiges an Ausgaben erspart, denn statt eines sechsstelligen Betrags bei Fremdvergabe musste für die neue Bücherei bis jetzt nur ein fünfstelliger Betrag ausgegeben werden – das ist gut ein Drittel weniger Geld für die komplette Innengestaltung.
„Wir sind jetzt so gut wie fertig mit der Ausstattung“, freut sich Sauer. Es fehlen nur nur einige Sitzmöbel und Tische, um den Aufenthalt der Büchereinutzer in der Zeit nach den Corona-Beschränkungen wieder gemütlich zu machen. Außerdem werden die Beschriftungen der einzelnen Büchereibereiche ganz neu konzipiert.
Es fehlt noch ein Fahrstuhl
Zwei größere Maßnahmen stehen allerdings auch noch oben auf dem Wunschzettel des Bibliotheksteams und der Nutzer, um das Optimale aus dem Raum herauszuholen: Der Umbau der Dachterrasse, um eine stimmungsvolle Schmökerecke im Freien zu schaffen, und die Installation eines Fahrstuhls, damit Inklusion nicht nur ein Begriff bleibt, den man im Präsenzbestand nachschlagen kann, sondern der in dieser kommunalen Einrichtung gelebter Alltag wird.
Die Bücher werden jetzt viel großzügiger präsentiert – insbesondere die Neuerscheinungen genießen erkennbar ihren ganz großen Auftritt in der Bibliothek. Sehr viel übersichtlicher ist der Kinder- und Jugendbuchbereich mit einer neuen Leselokomotive. Und das ist auch gut so, um einem allgemeinen Trend entgegenzuwirken: Nur noch 32 Prozent der Jugendlichen in Deutschland nehmen regelmäßig ein Buch in gedruckter Form in die Hand. Damit sinkt der Anteil der ein Buch lesenden Mädchen und Jungen das dritte Jahr in Folge und ist so niedrig wie noch nie in den vergangenen zehn Jahren. Zu dem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag des Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest. An der fehlenden Attraktivität der Brühler Gemeindebücherei kann das allerdings nicht liegen. Dort ist ein literarischer Wohlfühlort entstanden.
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