Im Interview

Jubiläum beim SPD-Kreisverband Rhein-Neckar: „Bieten eine enorme Vielfalt“

Die Doppelspitze der Kreis-SPD – Landtagsvizepräsident Daniel Born und Dr. Andrea Schröder-Ritzrau – freut sich auf die Feier zum 50-jährigen Bestehen des Zusammenschlusses der Sozialdemokraten auf Kreisebene.

Von 
Ralf Strauch
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Die Doppelspitze der Kreis-SPD Andrea Schröder-Ritzrau und Daniel Born im Gespräch über den 50. Geburtstag des SPD-Kreisverbandes mit Redakteur Ralf Strauch und Praktikantin Tabea Hoffmann. © Heylmann

Schwetzingen / Brühl / Rhein-Neckar-Kreis. Es ist schon ein besonderes Ereignis. Der SPD-Kreisverband feiert sein 50-jähriges Bestehen. Gegründet wurde dieser Zusammenschluss verschiedener Verbände der Region im neu entstandenen Rhein-Neckar–Kreis in der Halle des SV Rohrhof. Zum Jubiläum kehrt der Kreisverband fast wieder dorthin zurück, allerdings wird aus der Rohrhofer Vereinshalle nun die Brühler Festhalle.

Festrednerin wird dann die SPD-Sozialpolitikerin und seit April 2022 Ministerpräsidentin des Saarlands, Anke Rehlinger, sein. Zur Jubiläumsfeier in der Brühler Festhalle am Samstag, 25. Februar, ab 11 Uhr ist auch die Bevölkerung eingeladen. Wir sprachen im Vorfeld mit der Doppelspitze im Kreis, dem Landtagsmitglied Daniel Born und Dr. Andrea Schröder-Ritzrau, über das besondere Jubiläum.

Jubiläum beim SPD-Kreisverband Rhein-Neckar: Eine Erfolgsgeschichte?

Sind die 50 Jahre Kreis-SPD eine Erfolgsgeschichte?

Dr. Andrea Schröder-Ritzrau: Der Erfolg ist, dass wir im nach wie vor der größte Kreisverband sind. Der Erfolg ist auch, dass wir kommunal in vielen Gemeinderäten sehr fest verwurzelt sind. Es gab vielleicht bessere Zeiten, aber der Erfolg zeigt, dass wir nach wie vor politisch gebraucht werden, weil wir sehr direkt bei den Menschen sind.

Daniel Born: Wir haben inzwischen 2700 Mitglieder und 200 Gemeinderäte – das ist eine Kommunale Macht. Da merkt man auch, dass sie dem Rhein-Neckar-Kreis guttut. Und das merken wir auch auf Landesebene, beispielsweise bei sozialpolischen Fortschritt in Baden-Württemberg. Diese Themen müssen letztlich immer auf Ebene des Landkreises umgesetzt werden. Das sieht man am Sozialministerium in Stuttgart, das ein reines Programmministerium ist. Die Umsetzung der Vorgaben erfolgt in Kreisen, Städten und Gemeinden. Deshalb braucht es die kommunale Ebene, die sagt: Das machen wir. Da merke ich immer wieder, dass die SPD Rhein-Neckar die klare Stimme im Land für soziale Gerechtigkeit, für Aufbruch, für Vielfalt ist. Ja, das ist ganz offensichtlich eine echte Erfolgsgeschichte.

Ist es aber nicht auch schwierig, eine so große und vielfältige Gruppe im Kreis unter einen Hut zu bringen?

Schröder-Ritzrau: Natürlich ist es unser Ziel, die Stärken weiter zu bündeln. Wir haben im Kreisverband drei Landtagsabgeordnete – das hat Gewicht. Wir haben mit Lars Castellucci ein Bundestagsmitglied, das fast das Direktmandat geholt hat. Diese Mandatsträger brauchen wir als Stimme neben der kommunalen Verwurzelung. Da sind wir also gut aufgestellt und ziehen auch an einem Strang. In den Themenfeldern, die für uns vor Ort wichtig sind, läuft das aktuell richtig gut. Wir beschäftigen uns als großer Kreisverband mit viel Engagement mit der erneuerbaren Energie und Transformation im Land. Aber natürlich auch mit den sozialen Themen, die jetzt nach der Corona-Pandemie wieder stärker auftauchen. Also: Wir bündeln Kräfte.

Born: Ja, und genau diese Vielfalt ist unsere Stärke. Es gibt viele kluge Köpfe, die sagen, wir leben in einer Vuka-Welt – also volatil, unsicher, kompliziert und ambivalent. Da finde ich es wichtig, nicht nur ein Milieu abzubilden, sondern in der Diversität die Breite der Bevölkerung – entsprechend die Mitte sowie diejenigen, denen es nicht so gut geht und diejenigen, denen es finanziell besser geht. Und genau das erlebe ich in der Volkspartei SPD. In Zeiten, in denen die Menschen sagen, sie wollten sich nicht mehr an eine Partei binden, müssen wir die Arme weiter aufmachen. Gerade in Brühl haben wir ein tolles Beispiel dafür. Als die Parteispitze Selcuk Gök und Pascal Wasow als Gemeinderäte festgestellt haben, dass es mit der Fähre schiefläuft, haben sie spontan eine allgemeine Internetumfrage gestartet, auf der nicht SPD draufstand, sondern mit der insgesamt Power in die Sache reingebracht wurde – mit dem Erfolg, dass die Fähre jetzt für die nächsten Jahre gesichert ist. Das war ganz unabhängig davon, ob die Partei draufsteht. Ich glaube, dieses Vorgehen hat Zukunft.

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In dem Zusammenhang gilt Kommunalpolitik ja allgemein deutlicher personen- als parteibezogen als etwa die Landespolitik – wo steht da der Kreisverband?

Born: Die Personen, die bei uns in der SPD sind, sind heiß auf Politik wie Frittenfett. Die wollen etwas verändern. Das sind natürlich einzelne Personen, aber das gemeinsame Dach, unter dem Menschen zusammenfinden, die sagen, dass es besser und gerechter zugehen soll, ist die SPD.

Schröder-Ritzrau: Allerdings ist für mich auch Kommunalpolitik absolut Parteipolitik. Innerhalb der Partei haben wir ein ganz klares Wertekonzept, Menschen zu befähigen, in der Solidargemeinschaft immer besser zu werden und füreinander zu sorgen – halt das verbindende Solidarkonzept. Nicht umsonst wird man bei der Kommunalwahl nicht irgendwo aufgestellt, sondern ganz eindeutig in der Liste der Sozialdemokraten.

Jubiläum beim SPD-Kreisverband Rhein-Neckar: Größte Erfolge der letzten 50 Jahre

Gleichwohl steht in der Bundespolitik die Partei ein wenig unter Beschuss, oder nicht?

Born: Wir tun das, was wir gut können: Wir regieren in Deutschland. Und das in anstrengenden, schwierigen Zeiten. Ich bin froh drüber – wie ein Großteil der Bevölkerung – wie Olaf Scholz es macht: Klare Solidarität mit der Ukraine, ohne dass ein Dritter Weltkrieg riskiert wird.

Zurück zur Kreispolitik – wo sehen Sie die richtig großen SPD-Erfolge im vergangenen halben Jahrhundert?

Born: Als 1973 der Kreisverband gegründet wurde, war der öffentliche Personennahverkehr noch ein absolutes Randthema – heute ist es, auch dank unserer Politik, im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion. Wir haben da deutliche Verbesserungen, was die Infrastruktur angeht, erreicht. Aber wir wollen noch viel mehr, nämlich eine Mobilitätsgarantie. Schon 1973 war die SPD auch die Gruppierung, die sich mit erneuerbarer Energie beschäftigt hat. Da freut es mich besonders, dass viele junge Leute, die sich für das Thema Klimaschutz engagieren, inzwischen bei der SPD mitmachen, weil sie merken, dass hier eine Partei am Werk ist, die am Schluss auch greifbar Dinge umsetzen will – das vermisse ich übrigens in der Landesregierung.

Wie wollen Sie junge Menschen noch mehr für Politik interessieren?

Schröder-Ritzrau: Wir haben gerade im Kreisverband eine Blaupause für die Bundespartei geschaffen: Lars Castelluccis „Pizza und Politik“. Da kommen junge Menschen hin, weil sie mit anderen jungen Menschen über Politik von kommunalen bis zu weltumspannenden Themen reden wollen. Das ist wirklich gut, sich mit anderen zu treffen um über den Nachtbus oder die Ukrainepolitik zu reden. Das läuft richtig gut, Impulse zur politischen Auseinandersetzung in alle Teile der Gesellschaft zu geben.

Born: Ja, dieses einladende Element ist wichtig, aber für mich gibt es aber auch eine klare Verpflichtung der Jugend, sich zu engagieren. Wenn wir auf die Erde schauen, dann ist es so dass weltweit gesehen acht von zehn jungen Menschen nicht die Möglichkeit haben, sich demokratisch frei zu äußern. Also müssen diejenigen, die das können, dafür sorgen, dass ihre Generation gehört wird – sowohl innerhalb der Parteien als auch bei Demonstrationen oder Initiativen. Und das mit Respekt vor allen Generationen. Die Jugend ist die Zukunft von Europa – eines Kontinents der viel vor hat und viel geben kann. Er ist ein Leuchtturm der Demokratie, ein Leuchtturm der Freiheit. Und er hat die Bewegungen, die den Klimawandel in der Griff bekommen wollen. Deshalb finde ich: Die Stimme der Jugend in Europa muss gehört werden.

Jubiläum beim SPD-Kreisverband Rhein-Neckar: Die größten Stärken der Region

Wo sehen Sie die großen Stärken des Kreises?

Born: Dass wir sowohl städtische als auch ländliche Gebiete haben. Damit können wir ganz viele wichtige Impulse für die Entwicklung von Baden-Württemberg setzen. Denn so spielen alle Dinge, die wir auf Kreisebene diskutieren, auch dabei eine Rolle, wie wir das Land weiterentwickeln können. Zudem gibt es die große Herausforderung, dass der Rhein-Neckar-Kreis dezentral ist – hier streben nicht alle in eine einzige Richtung, wenn sie zur Arbeit müssen. Wir sind verbunden und vernetzt. Da die Verkehrsflüsse zu organisieren, ist eine große Aufgabe. So ist die SPD Rhein-Neckar mit ihrem Anspruch auf eine Mobilitätsgarantie ganz vorne mit dabei – wir stehen für Sicherheit, Barrierefreiheit und Ausbau.

Die Kosten müssen dann aber doch von den Kommunen getragen werden, oder nicht?

Born: Deshalb müssen wir da manches umdrehen, denn das Land schwimmt im Geld. Der Finanzminister sitzt auf 5,4 Milliarden Euro, von denen er nicht weiß, wo er sie ausgeben soll.

Wie wäre es da mit Investitionen in den Klimaschutz?

Born: Da wurde mit dem Landesklimaschutzgesetz ein blamables Gesetz erlassen. Wenn der politische Gegner schon von einem ehrgeizigen Vorhaben spricht, muss man vorsichtig werden. Es ist ein Maßnahmenpaket beschlossen worden, das keine Verbindlichkeiten vorgibt und absolut unkonkret bleibt. So steht beispielsweise das Ziel der Aufforstung drin und gleichzeitig muss ich hier um den Wald im Entenpfuhl kämpfen, weil das Land nicht bereit ist, den Pachtvertrag entsprechend zu kündigen. Wir haben eine Klimamilliarde gefordert, um die Kommunen bei ihren entsprechenden Vorhaben zu unterstützen. Die Kommunen sind viel konkreter unterwegs als das Land. Viele junge Leute sagen: Über Klimaschutz zu philosophieren ist grün, etwas dafür zu machen, rot. Deshalb kommen so viele junge Menschen inzwischen zu uns. Wir geben uns halt nicht damit zufrieden, dass im Rhein-Neckar-Kreis keine einzige Windenergieanlage steht. Und wir geben uns nicht damit zufrieden, dass das Land im Kreis 214 Liegenschaften hat und nur zwei davon eine Photovoltaikanlage haben. Das ist uns zu wenig. Wir als Kreis-SPD wollen, dass die Klimaschutzpolitik auch ganz konkret im Rhein-Neckar-Kreis umgesetzt wird.

Jubiläum beim SPD-Kreisverband Rhein-Neckar: Geothermie spielt große Rolle

Was kann die Kreis-SPD machen?

Born: Zunächst einmal hat sie drei Landtagsabgeordnete, die das in Stuttgart zur Sprache bringen können, zweitens kann man auch in den Debatten im Kreistag erkennen, dass die SPD sehr ambitioniert ist, was den Klimaschutz angeht.

Schröder-Ritzrau: Wir haben uns im Kreis ein engagiertes Programm gegeben. Wir sind da als Kreistagsfraktion ziemlich weit vorne und setzen uns deutliche Ziele, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierend am Ende auch Ergebnisse bringen. Da können wir viel Fachkenntnis einbringen. Das ist eine Kernarbeit, aber man muss es leider oft zehnmal sagen, bevor es ankommt.

Und wie sieht es mit der Geothermie aus?

Born: Das ist hier natürlich ein großes Thema. Die Leute wissen, dass ich seit Jahren sage, das wir diese Technologie nicht aus dem Blick verlieren dürfen. Es geht mir aber gleichzeitig darum, dass es dafür ein Sicherheitspaket gibt, damit die Einwohner wissen, dass sie am Ende nicht auf einem eventuellen Schaden sitzenbleiben. So kann man sich dieser Technik durchaus stellen.

Schröder-Ritzrau: Das ist ja auch kein Thema, das plötzlich aufgeploppt ist. Es gibt einige positive Beispiele der Erdwärmenutzung in der gesamten Republik. Unser Oberrheingraben wäre eigentlich perfekt dafür geeignet. Aber man darf in der Diskussion nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Geothermieanlagen können, wenn sie gut geplant und geologisch so konzipiert sind, dass man den Untergrund nicht zu sehr in Spannung versetzt, ohne Beben funktionieren. Das zeigt uns beispielhaft die Anlage in Bruchsal. Diese Anlage läuft seit über einem Jahrzehnt. Sollten dennoch Schäden entstehen, muss das sofort erstattet werden.

Born: Wie das derzeit mit den seismischen Messungen und möglichen Schäden da durchläuft, ist nicht der Weg, wie man Vertrauen schafft. Die Menschen müssen überzeugt werden, dass sie sich nicht über das Kleingedruckte ihr Recht erkämpfen müssen, sondern mit Sicherheit ausgestattet sind. Da muss von Grün und Schwarz nachgeliefert werden.

Jubiläum beim SPD-Kreisverband Rhein-Neckar: Themen der Zukunft

Was ist daneben das ganz große Thema, dass die Rhein-Neckar-SPD in Zukunft beschäftigt?

Born: Das können Sie an unserer Gastrednerin beim Festakt erkennen, der Ministerpräsidentin des Saarlands, Anke Rehlinger. Sie hat ein großes Milliardenpaket in die Transformation ihres Landes gesteckt, um das Saarland sozial, ökologisch und zukunftsfähig zu festigen. Unsere Wirtschaft und Gesellschaft steht vor der großen Herausforderung digitaler und globaler zu werden, gleichzeitig klimagerecht zu sein. Zu dieser Veränderung muss auch der soziale Aufbruch, die Diversität und die Inklusion aller Menschen gehören. Wir wollen das alles miteinander verbinden. Die Menschen und die Region sollen zu Gewinnern gemacht werden. Das ist unsere Mission. Und deshalb können wir die Kommunalwahl 2024 kaum abwarten – da wollen wir gewinnen. Wir haben diesem Landkreis mit unserem sozialen Aufbruch viel zu geben.

Und das wollen Sie ab dem Wochenende bis November mit einer Tour durch alle Kreisgemeinden zeigen?

Born: Ja, wir wollen zeigen, dass wir für den ganzen Landkreis da sind. In jeder Kommunen finden in den kommenden Monaten bis zum Finale in Walldorf verschiedene Veranstaltungen statt – so vielfältig wie die SPD. Der Startschuss dafür fällt in Brühl.

Info: Die Jubiläumsfeier der SPD Rhein-Neckar findet in der Brühler Festhalle am Samstag, 25. Februar, ab 11 Uhr statt.

Redaktion

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