Brühl. Deutschland hat in diesem Sommer bereits unter Temperaturen von bis zu 40 Grad Celsius geächzt. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt vor der weiter andauernden Hitzewelle. Die hohen Temperaturen haben den Hitzerekord von 2019 zwar noch nicht geknackt, aber die Quecksilbersäule kratzt am damaligen Höchstwert. Unter diesen dauerhaften Extremen leidet die Natur, denn Hitzeperioden machen nicht nur Menschen, sondern auch den Tieren zu schaffen.
An besonders heißen Tagen, wie sie aktuell in der ohnehin immer sonnenverwöhnten Kurpfalz herrschen, ist es ungewöhnlich ruhig in den Wiesen und auf den Äckern rund um Brühl. Artenübergreifend fahren Tiere während der Hitze des Tages ihr Bewegungslevel herunter, weiß Thomas Stauffer zu berichten. Der ehrenamtliche Naturschutzwart aus Rohrhof sagt, dass die Tiere ihre Aktivitäten auf die Dämmerungsphase oder, wenn möglich, auf die Nacht verlegen. Am Tag suchten sie schattige, kühle Stellen auf. Und so ist es tagsüber ungewöhnlich ruhig auf den Wiesen und Feldern rund um die Hufeisengemeinde.
„Manche Tiere, die keine Schweißdrüsen haben, lecken ihr Fell feucht, um so wenigstens ein wenig Verdunstungskälte zu erzeugen“, sagt Stauffer. Andere Arten, wie Füchse oder Vögel, verschaffen sich durch Hecheln Abkühlung und verlegen ihre Aktivitäten auf die Abend- oder Nachtstunden, wenn es zumindest ein Stück weit kühler ist.
Doch insgesamt ist die Lage für die heimische Fauna zwar angespannt und alle Wildtiere würden unter der Trockenheit leiden, aber die Situation sei noch nicht wirklich flächendeckend lebensbedrohlich für die Tierwelt, weiß Jagdpächter Kai Rill im Gespräch mit unserer Zeitung zu berichten. Die Wildtiere passten ihre Lebensweise einfach den äußeren Umständen an. In der Hitze des Tages zögen sich Füchse und Rehe zurück, um ihre Aktivitäten auf die späten Abend- und Nachtstunden zu verlegen. Auch Hasen und Fasane sehe man dann tagsüber so gut wie gar nicht, weil sie sich dann in schattige Verstecke aufhalten.
Verhaltensänderung bei den Rehen
Bei den Rehen sei aber eine Verhaltensänderung angesichts der Sommerhitze zu erkennen: Sie kommen aktuell immer häufiger an die großen Seen rund um Brühl, um dort Wasser zu trinken.
„Eines ist auch klar: Wenn die extreme Wetterlage so anhält, werden wir Ausfälle zu verzeichnen haben“, prognostiziert der Jäger. Man dürfe die Trockenheit nicht auf die leichte Schulter nehmen. Er versorge die Tiere seines Reviers deshalb noch an einer künstlichen Wasserstelle mit dem lebensrettenden Nass.
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Noch gefährlicher ist die Lage für die Amphibien, die nicht in den großen Baggerseen rund um die Gemeinde ihr Zuhause haben. Kleinere Tümpel sind vielfach ausgetrocknet – und mit ihnen die Brut der Amphibien, sagt Stauffer. Doch so krass die Verluste in diesem Jahr auch erscheinen mögen, habe es die Natur so eingerichtet, dass der Ausfall dieses extrem trockenen Sommers in ein oder zwei Jahren schon wieder ausgeglichen sei, sagt er. „Das ist halt das Spiel der Natur“, fügt er noch hinzu.
Einen Grund, in Brühl die Alarmglocken zu läuten, sieht Stauffer daher nicht – noch nicht, denn es leben immer noch zahlreiche Amphibien in den Bagger- und Anglerseen. Und da sei die Lage trotz des abnehmenden Pegels noch entspannt.
„Auch wenn der Wasserspiegel in unserem Fischgewässer stark gesunken ist, ist der frühere Baggersee tief genug ausgebeutet worden, um nicht auszutrocknen und immer einen gewissen Sauerstoffgehalt in den unteren Wasserschichten vorzuweisen“, weiß Stefan Schäfer vom Angelsportverein (ASV) 1965 Brühl zu berichten. Man kontrolliere regelmäßig den Sättigungsgehalt des Anglersees bei der Kollerstraße, sagt der Vorsitzende. Und dabei zeigten sich die Werte so deutlich im grünen Bereich, dass selbst der empfindliche Hecht sein Auskommen im Wasser habe. Sollte das aber – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr so sein, dann wollen die Angler durch entsprechende Pumpen das Wasser des Sees umwälzen, um darin Luftsauerstoff zu binden, erklärt der ASV-Vorsitzende noch.
Ähnlich entspannt sieht Jan Dorotik die Lage. Der zweite Vorsitzende des Angelsportvereins 1946 Rohrhof weist zwar darauf hin, dass der Wasserstand im Vereinsgewässer so niedrig sei, wie seit Jahren nicht mehr. Doch weil der See beim Altrheinarm grundwassergespeist sei, gebe es zurzeit keine Probleme für den wachsenden Bedarf bei den Fischen mit dem Sauerstoffgehalt im Wasser.
Algen und Badende als Probleme
Höhere Temperaturen verstärkten allerdings die Algenbildung und Umsetzungsprozesse wie den Abbau organischer Substanzen, die ebenfalls Sauerstoff im See verbrauchen. Dadurch könne im Extremfall mit Hitze auch ein Sauerstoffmangel in Gewässern einhergehen. Doch all das haben die beiden Angelsportvereine in ihren Gewässern mit regelmäßiger Beprobung im Blick – „es gibt noch keinen Grund, Alarm zu schlagen“, hebt Schäfer hervor.
Dorotik stimmt ihm zu, weißt aber noch auf die Vielzahl von Menschen hin, die trotz des Badeverbots im Anglersee des Vereins Erfrischung suchten – „sie bereiten den Tieren über und unter Wasser enorm viel Stress, der Lebenskraft kostet“.
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