Brühl. „Babbe gugg, do vorne loof’n Sochs’n, mon heerts am scheenen Dioläggt.“ Zum 30. Geburtstag der Partnerschaft zwischen Brühl und dem sächsischen Weixdorf versuchen sich am Freitagabend selbst die Brühler Kerweborscht in fremder Zunge. Immerhin hatten sie vor fünf Jahren zur Silberhochzeit im Programm des Festaktes von ihren Gastgebern humoristischen Sprachunterricht erhalten.
Und wie klang dieses Lied nun für Weixdorfer Ohren? „Ach, ganz passabel“, meinte eine Weixdorferin mit breitem Grinsen. Doch das sollte ihr im Laufe des Abends noch ein wenig vergehen, denn beim Festakt zum 30. Geburtstag in der Brühler Festhalle revanchierten sich die Kurpfälzer. Mit dem „Monnemer Bu“ Franz Kain hatten die Brühler nämlich den passenden Lehrer für die „Schbrooch“ gefunden. Und da machten die Sprachübungen im Kurpfälzischen zwar Spaß, doch bedeuteten sie für die sächsischen Kehlen auch eine enorme Herausforderung. Und wie klang das nun für Brühler Ohren? Ganz passabel. So wurde der gegenseitige Sprachunterricht zu einer weiteren Brücke im Miteinander der beiden Orte.
Brühls Bürgermeister Göck sieht einen Meilenstein
Der runde Geburtstag sei ein Meilenstein in den partnerschaftlichen Beziehungen und zeige die Wertschätzung füreinander, die über drei Jahrzehnte gereift sei, urteilte Bürgermeister Dr. Ralf Göck. „Eine so lange Zeit den Kontakt zu halten, schafft man nur, wenn beide Seiten das wollen, beide den Kontakt suchen und auch neue Ideen einbringen“, so Göck.
Ein Beleg für dieses Wollen sei, dass sich seit fünf Jahren sportliche und kulturelle Kontakte anbahnten, die mit frischem Blut die Partnerschaft jung hielten. Und so fanden sich in der großen Weixdorfer Delegation neben den Evergreens Fotoclub und Chor auch der Sportverein und die Karnevalisten aus dem sächsischen Ort, der inzwischen ein Stadtteil von Dresden ist.
Der Bürgermeister erinnerte an den langen Weg, bis die Partnerschaft 1993 endlich besiegelt wurde. Denn bereits in den 1950er Jahren hatte Weixdorf den Kontakt zu Brühl gesucht – die Gemeindeväter folgten aber dem Erlass des damals für Brühl zuständigen Landratsamtes Mannheim, das eine kommunistische Unterwanderung befürchtete, und hielten sich zurück.
Als dann 1985 von Brühl aus versucht wurde, den Kontakt doch noch aufzunehmen, unterband das Kreisamt Dresden eine Reaktion – man befürchtete dort eine kapitalistische Unterwanderung.
„Ich halte diese Vorgänge für historisch bedeutsam, denn sie zeigen, dass die Regierungsbehörden ängstlich waren“, meinte Göck – man habe auf beiden Seiten offensichtlich Befürchtungen gehabt, die Bürger nicht mehr im Griff halten zu können.
Partnerschaft zwischen Brühl und Weixdorf ein Ergebnis der Wiedervereinigung
Vor diesem Hintergrund sei es doch ein gutes und hoffnungsvolles Zeichen, dass es 1993 nach der Wiedervereinigung Deutschlands letztlich doch gelungen sei, eine Partnerschaft gerade zwischen diesen beiden Gemeinden zu initiieren. „Heute können wir stolz auf das Erreichte zurückblicken“, unterstrich Göck, „die Partnerschaft zwischen Brühl und Weixdorf ist ein lebendiges Beispiel für die Überwindung von Grenzen und das Zusammenwachsen – sie zeigt, dass wir gemeinsam stärker und dass Zusammenarbeit und Verständigung der Schlüssel zu einer besseren Zukunft sind.“
Ecke erinnert an stets tolle Zeiten
Als Zeugnis einer aktiven Partnerschaft bezeichnete der Weixdorfer Ortsvorsteher Gottfried Ecke die Fotobroschüre mit Impressionen aus drei Jahrzehnten des Miteinanders, die alle Teilnehmer des Festaktes zusammen mit einem speziellen „Dubbeglas“ als Geschenk erhielten. Es zeige auch, wie sich Land und Leute verändert hätten.
Zunächst sei die Partnerschaft auf Verwaltungs- und politischer Ebene gelaufen. Doch nach und nach sei eine Freundschaft zwischen den Menschen entstanden. In kleinen Anekdoten erinnerte Ecke an die Brühler Günther Reffert, Paul Wüst und Winfried Höhn, die sich große Verdienste erworben hätten. In der Partnerschaft habe man auf vielfältige Weise Solidarität erleben können, etwa bei der großen Flutkatastrophe. Doch Ecke erinnerte auch an viele schöne Erlebnisse, etwa als er 2011 Brühler Owwerkerweborscht wurde. „Es war immer wieder eine tolle Zeit, wenn wir uns getroffen haben“, bilanzierte der Ortsvorsteher aus der sächsischen Partnergemeinde.
Natürlich wurden – umrahmt vom festlichen Gesang der Chorgemeinschaft Brühl und den deftigen Brauchtumsliedern der Kerweborscht – eifrig Geschenke hin und her ausgetauscht: Brühler Fahrradklingeln, Handtücher, ein Kunstwerk mit besonderen Gebäuden aus beiden Orten und die obligatorische Torte von Wolfram Gothe.
An diesem Samstag steht beim Partnerschaftstreffen der Besuch der Bundesgartenschau in Mannheim auf dem Programm – Franz Kain hatte dafür die notwendigen kurpfälzischen Verhaltensregeln vorgestellt – danach wird der Sportpark-Süd in Augenschein genommen, schließlich geht es am Abend zum Sommerfest des Wassersportvereins am Rhein.
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