Handel

Stimmen Gerüchte über weitere Geschäftsschließungen in Rohrhof?

Erst kam die Nachricht, dass die Sparkassenfilialie in Brühl-Rohrhof schließt, dann folgte die Metzgerei. Gerüchte von einem Dominoeffekt und weiteren Schließungen machen nun die Runde. Wir haben nachgefragt.

Von 
Ralf Strauch
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Die Brühler Straße ist zusammen mit der Rheinauer Straße die historische Einkaufsmeile von Rohrhof, doch die Schließung der Sparkassenfiliale und der Metzgerei dort betrachten viele Einwohner mit Sorge. © strauch

Brühl. Die Einkaufssituation in Rohrhof treibt so manchem Einwohner die Sorgenfalten auf die Stirn. Nach der Schließung der Sparkassenfiliale kam die nächste Hiobsbotschaft von der dortigen Metzgerei: Auch das Geschäft wird geschlossen. Und schon schossen die Gerüchte ins Kraut, dass auch die Tage der Rohrhof-Apotheke und der Bäckereifiliale gezählt seien.

„Da ist absolut nichts dran“, erklärt Apotheker Klaus Renkert auf unsere Nachfrage. Und auch Michael Utz von der gleichnamigen Bäckerei- und Konditorei in der Brühler Straße verweist darauf, dass er nicht über eine Schließung seiner Filiale in Rohrhof nachdenke – „das ist einfach nur ein Gerücht, es gibt keine Überlegungen in diese Richtung“, versichert er im Gespräch mit unserer Zeitung.

Gleichwohl bedauern beide die Schließung der beiden anderen Geschäfte. „Da hat es meiner Meinung nach im Geschäft immer gebrummt“, stellt Renkert die frühere Situation aus seiner Sicht dar. Mit den Schließungen verliere die Einkaufsstraße in Rohrhof auf jeden Fall ein Stück weit an Attraktivität, erklärt auch Bürgermeister Dr. Ralf Göck. Probleme bei der Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs sieht der Rathauschef für Rohrhof allerdings nicht. „Mit der Metzgerei und gut sortierter Bedientheke im Edeka-Markt und beim Wochenmarkt auf dem Stabhalterplatz sowie dem erweiterten Wurst- und Fleischsortiment beim Netto-Markt gibt es Alternativen“, ist Göck überzeugt. Sobald der „Scheck-In“ im ehemaligen Real-Markt an den Start gehe, werde es eine weitere Einkaufsmöglichkeit für Lebensmittel aller Art geben.

Fehlendes Personal

Metzger Peter Sinn erklärt die Schließung der Rohrhofer Filiale und auch seines Hauptgeschäfts in Rheinau gegenüber Göck damit, dass er kein Personal mehr gefunden habe und er vieles habe alleine machen müssen – bei stetig steigenden Vorgaben seitens des Gesetzgebers.

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Während also Metzger Sinn durchaus nicht über mangelnde Nachfrage klagt, berichtete die Sparkasse in einer Stellungnahme im Gemeinderat und in einem Schreiben, dass neben dem Personalmangel die Kosten durch den Filialbetrieb und der Umsatz im Beratungsgeschäft in Rohrhof in einem schlechten Verhältnis gestanden hätten. Die meisten Kunden würden ihre Bankgeschäfte inzwischen online erledigen. Die wenigen Kunden, die vor Ort Beratung bräuchten, werde man persönlich besuchen, heißt es in dem Schreiben. Außerdem bestehe die Möglichkeit der Beratung in der Sparkasse in der Hauptstraße.

Viele Faktoren spielen mit

Gegen die Schließungen könnten Gemeinderat und Verwaltung im Grunde nichts machen, da es Entscheidungen von Privatunternehmen seien, erklärt Göck. Allerdings könne man die Rahmenbedingungen so gestalten, dass die Geschäfte gern im Ort bleiben. „Mein Ansinnen zu Beginn der 2000er Jahre war, die wohnungsnahe Lebensmittelversorgung in Brühl und Rohrhof zu sichern“, sagt der Bürgermeister in einer Stellungnahme gegenüber unserer Zeitung. „Dies ist mit dem Lidl- Markt in Brühl und dem Netto in Rohrhof gelungen – beide Märkte stehen entweder ganz oder teilweise auf verpachteten Gemeindegrundstücken. Beide haben inzwischen erweitert, sodass hier die Gemeinde wohl erfolgreich agiert hat.“

Die Entwicklung im Ort hänge aber von vielen Faktoren ab und die könnten sich im Laufe der Zeit ändern. „War es früher die mangelnde Kundenfrequenz, ist es heute eher der Personalmangel – und die stets wachsende Anzahl von Bestimmungen von der Hygiene bis zur Registrierkasse“, stellt Göck fest. Es sei aber gut möglich, dass sich nun neue Geschäfte ansiedelten oder bestehende Geschäfte ihre Angebote anpassten, um den Bedürfnissen der Bewohner gerecht zu werden, meint der Bürgermeister.

Doch er habe bereits seit den 1980er Jahren feststellen müssen, dass die Anzahl der inhabergeführten Einzelhandelsgeschäfte zurückgehe. Der Gewerbeverein mit seinen tollen Aktionen und die Gemeinde mit ihren Maßnahmen könnten die Geschäfte nur stützen. „Wir motivieren Familien oder Inhaber weiterzumachen, wir stärken Neugründungen wie den Hörgeräteakustiker – aufhalten können wir den deutschlandweiten Trend der Geschäftsschließungen jedoch nicht“, unterstreicht Göck. „Wir erleben immer wieder auch Neugründungen, aber die traditionelle Textil-, Schuh-, Elektro-, Fernseh- oder Lebensmittelgeschäfte fallen gleichzeitig weg. Zuletzt war das in Brühl TV Gredel, der zugunsten einer Bäckereifiliale schloss.“

Die Schließung von Geschäften im Ort würden sich auf Dauer auswirken. Es sei negativ ortsbildprägend, wenn Geschäfte fehlen. Ortskerne lebten nicht nur von Gastronomie, sondern auch von abwechslungsreich dekorierten Schaufenstern. „Bisher konnten allerdings in der Gemeinde meist neue Mieter gefunden werden oder die Häuser wurden zu Wohnzwecken umgebaut, sodass es nicht so sehr aufgefallen ist“, bilanziert Göck.

Auf die Versorgung der Menschen habe die Entwicklung aus seiner Sicht allerdings keinen Einfluss, da über die verschiedenen Fachmärkte in den Ortskernen und entlang der Mannheimer Landstraße die Waren für den täglichen Bedarf abgedeckt seien. „Nicht zu bestreiten ist, dass zuweilen weitere Wege zu gehen oder zu fahren sind.“

Aber die Menschen im Ort seien gefragt, wenn sie den Negativtrend verhindern wollten. Sie könnten beispielsweise lokale Geschäfte unterstützen, indem sie ihre Einkäufe vor Ort erledigen und Mundpropaganda betreiben, um andere auch dazu zu ermutigen, dies ebenfalls zu tun, ruft Göck auf.

„Selbstverständlich spielt es eine große Rolle, wenn die Einzelhändler in ihrem täglichen Kampf mit immer neuen Bestimmungen und mit dem Personalmangel Zuspruch vonseiten der Kundschaft erleben – und das meine ich nicht nur in monetärer Hinsicht, sondern manchmal tut den Inhabern das Lob für eine gelungene Aktion oder für einen guten Tipp so gut, dass sie sich wieder motiviert fühlen, weiterzumachen“, stellt der Bürgermeister fest.

Gemeinschaftliche Aktionen wie lokale Veranstaltungen oder Kampagnen könnten das Bewusstsein für die Bedeutung des Einkaufens in der eigenen Gemeinde stärken, sagt Göck und verweist darauf, dass die Kommune dabei eng mit dem Gewerbeverein zusammenarbeite – zuletzt bei der Aufstellung des neuen Zunftbaumes in Rohrhof.

Trend in der gesamten Republik

Deutschlandweit mussten im Einzelhandel wegen der Pandemie viele Menschen ihre Geschäfte aufgeben. „Im Vergleich zu 2019 haben wir rund 41 000 Geschäfte verloren. Filialketten haben teils 30 Prozent ihrer Standorte aufgegeben“, sagte der Präsident des Handelsverbands Deutschland, Alexander von Preen. In Zeiten vor Corona lag der Wert bundesweit bei rund 5000 schließenden Läden pro Jahr.

Aktuell belasteten die hohen Energiepreise „den ganzen Handel teils existenziell“, sagte von Preen. „Die Energiekosten betrugen bislang im Handel etwa 1,5 Prozent bis zwei Prozent vom Umsatz. Gleichzeitig liegen die Umsatzrenditen nur bei 1,5 Prozent bis drei Prozent.“ Mit den gestiegenen Energiepreisen sei der Gewinn vielerorts auf null geschrumpft. Besonders leide der Lebensmittelhandel mit großen Kühltheken.

Redaktion

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