Kunst

Vernissage der Ausstellung „Ansicht > Neusicht > Aussicht >“ in Brühl

Betrachtungen über das Leben: Bei Osman trifft Harmonie auf Spiritualität - Erste Präsentation nach über eineinhalb Jahren.

Von 
Marco Montalbano
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Brühl. Nachdem die Kultur mit dem Gastspiel des Theaterensembles der Ludwigshafener Hemshofschachtel (wir berichteten) nach langer Corona-Zwangspause in der Woche zuvor in der Festhalle einen fulminanten Neustart hingelegt hatte, erwachte am vergangenen Wochenende auch die Villa Meixner zu neuem kulturellen Leben. Zur Vernissage der Ausstellung „Ansicht > Neusicht > Aussicht >“ mit Werken des Sandhäuser Malers Alf Osman war – natürlich im Rahmen der geltenden Corona-Bestimmungen – „Full House“ angesagt.

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Brühl: Ausstellung von Alf Osman

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Ohne Registrierungs- und dauerhafte Maskenpflicht im Gebäude sowie die 3G-Regeln hätte man glatt das Gefühl haben können, alles sei wieder „wie vorher“. Auch das obligatorische Gläschen Sekt gab es wieder. Somit bestätigte sich erneut die Aussage von Jochen Ungerer, dem Kulturbeauftragen der Gemeinde, dass die Menschen „nach Kultur lechzen.“ Und diese gab es an diesem Abend in der Brühler Jugendstilvilla satt.

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Gespannt auf das weitere Programm lauschte das Publikum der klassischen Piano-Musik von den Zwillingen Michelle und Leonie Kontos von der Jugendmusikschule, die zur Einleitung gespielt wurde. Virtuos interpretierten sie Rachmaninoffs Präludium in cis-Moll, eine Sonate von Beethoven und Brahms Ungarischem Tanz Nummer 1 – natürlich vierhändig gespielt.

Keine Retrospektive

Vor das noch von der Musik betörte Publikum trat ein sichtlich gut gelaunter Bürgermeister Dr. Ralf Göck und begrüßte die Anwesenden, darunter unter anderem die Osmans Künstlerkollegen Vincenzo Tommaso und Florian T. Franke von Krogh. „Ich bin froh, dass es wieder los geht, mit der Kultur in der Villa Meixner“, brachte das Oberhaupt der Hufeisengemeinde seine Freude zum Ausdruck, bevor die Kunsthistorikerin und Leiterin des Erkenbert-Museum in Frankenthal, Dr. Maria Lucia Weigel aus Heidelberg einleitende Worte sprach.

Sie betonte, dass es sich um keine Retrospektive auf das abgeschlossene Werk des 1941 in Westpreußen geborenen Künstlers handele, denn seine Schaffenskraft sei ungebrochen. „Betrachtungen über das Leben, Fragen, Erkenntnisse werden in Bildsprache übersetzt. In seinen Bildsymbolen gestaltet Alf Osman subtil ausbalancierte, den Gesetzen der Harmonie folgende Kompositionen“, führte sie aus.

Zuletzt ergriff der Künstler, der Gründungsmitglied des Heidelberger Malerkreises ist, selbst das Wort: „Die Malstube ist meine erste Heimat, der Gottesdienst die zweite. Jetzt aber genug geredet – ran an die Bilder. Wer sich mit mir unterhalten möchte – ich bin hier“, fasste er sich kurz.

Figürlich bis surreal

Über beide Stockwerke erstreckte sich die Präsentation der Gemälde, denen man ihren oft spirituellen Charakter meist ansieht. Figürliche Malerei, die ins Surreale abgleitet. Schmelzende Uhren wie bei Dalì sucht man dabei allerdings vergebens. Bildwelten tun sich auf und entführen den Blick. Kunstvolle Portraits gesellen sich dazu, die aus der Hand eines Botticellis stammen könnten stehen neben gestreckten Gesichtern oder gar verhüllten Antlitze.

Flammen, Auren, Lichterschein

Alf Osman versteht sein Handwerk und dies für seine Bildchiffren perfekt zu nutzen. Flammen tauchen auf, Auren, Lichtschein und deutlich werden dem Betrachter die Worte des Künstlers „Ich suche nach dem Sinn des Lebens“ visualisiert.

Für Staunen sorgte auch die „Schule von Walldorf“, ein großes Werk, das zwar nicht die stattlichen 7,70 Meter Breite des Originals „Schule von Athen“ von Raffael misst, aber dennoch außer von der technischen Bravour des Künstlers ebenso von dessen Humor zeugt. Denn die großen Philosophen und Denker der Antike tragen die Köpfe des gesamten Lehrkörpers der Schule von 1992, an der der Germanist, Designer und Kunstgeschichtler Deutsch, Religion und natürlich Kunst unterrichtet hat.

Besucher Holger Lehmann aus Walldorf war begeistert: „Er hat einen tollen Stil und das Spirituelle und Religiöse wird wunderbar sichtbar. Aber er lässt dem Betrachter die absolute Freiheit, seine Werke zu interpretieren.“

Im Gespräch mit Besuchern verriet Alf Osman, dem es zu Beginn auch wichtig war, einige muslimische Gäste besonders willkommen zu heißen: „Mein Name lautet Osman – und meine Vorfahren waren tatsächlich Türken aus Bosnien, die vermutlich um Ende 17. oder Anfang 18. Jahrhunderts nach Preußen kamen. Er wurde zuerst als Ossmann eingedeutscht, aber meine Großmutter Adele machte dies zum Glück 1904 rückgängig“, und unterstrich so die Bedeutung von Offenheit und kultureller Vielfalt.

Freier Autor Freier Journalist. Davor Pressereferent. Studium der Politikwissenschaft.

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