Brühl. „Ja braucht man uns als Ausschuss für Technik und Umwelt denn dann überhaupt noch?“, fragte Hans Zelt (SPD) in der jüngsten Sitzung des Ratsgremiums nach. Was zunächst für viel Heiterkeit quer durch die Fraktionen sorgte, hatte einen durchaus ernsten Hintergrund. Bürgermeister Dr. Ralf Göck hatte nämlich zuvor in einem Kurzvortrag die Novelle der Landesbauordnung Baden-Württemberg vorgestellt, die zum Ausklang des vergangenen Jahres vom Landtag beschlossen worden war und nun in Kraft ist.
Ziel der Novelle ist das Virtuelle Bauamt, das die baurechtlichen Verfahren schneller, effizienter und bürgerfreundlicher machen soll. Wesentliche Änderung: Alle Bauvorlagen für Bauantrag oder Kenntnisgabeverfahren sind damit nicht mehr bei den Gemeinden, sondern direkt bei der zuständigen Baurechtsbehörde – für Brühl sitzt die im Landratsamt – einzureichen. Und zwar auf elektronischem Weg. Mit dem virtuellen Bauamt können Antragsteller und Behörden damit das komplette Verfahren „medienbruchfrei“ durchlaufen – vom Bauantrag über die Beteiligung von Behörden, Bearbeitung des Vorgangs bis zur Bekanntgabe der Entscheidung der Baugenehmigung läuft dann alles digital.
„Das macht es einfacher für alle Beteiligten und beschleunigt auch spürbar das Verfahren, Digitalisierung und Entbürokratisierung gehen hier Hand in Hand“, freut man sich im Landesministerium. Und auch Ratsmitglied Hans Faulhaber (CDU) begrüßte die Novellierung als ersten Schritt, Bauvorhaben zu beschleunigen.
Nachbarbeteiligung reduziert
Zugleich werde aber weiterhin sichergestellt, dass die Gemeinden unverzüglich über die Vorhaben informiert werden. Das sei dank des Virtuellen Bauamts ohne Zeitverzug möglich und wird rechtlich abgesichert.
Außerdem wurde mit der Gesetzesnovelle die Nachbarbeteiligung eingeschränkt. Wurden seit Jahrzehnten in Baden-Württemberg alle von der geplanten Baumaßnahme betroffenen Angrenzer angeschrieben, werden künftig bei neu eingereichten Bauvorhaben nur noch dann Nachbarn beteiligt, wenn von nachbarschützenden Festsetzungen des jeweiligen Bebauungsplanes abgewichen wird. Die Beteiligung wird damit auf Fälle begrenzt, in denen die einzelnen Nachbarn tatsächlich unmittelbar betroffen sind – also bei Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen von Vorschriften. So sieht es auch die Musterbauordnung vor, und so wird es in nahezu allen Bundesländern bereits gehandhabt.
Das bedeute nicht, dass die Nachbarn in ihren sie selbst betreffenden schützenswerten Rechten eingeschränkt werden, verschlanke aber das Verfahren erheblich, heißt es von den zuständigen Stellen. Indem Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen künftig vom Bauherren ausdrücklich beantragt werden müssen, werde sichergestellt, dass von Anfang an klar ist, ob nachbarliche Belange tangiert werden oder nicht. Zudem müssen die Baurechtsbehörden auch allen nicht beteiligten Nachbarn, die in ihren Belangen berührt sein könnten, ihre Entscheidung bekannt geben. Damit soll sichergestellt werden, dass alle rechtzeitig von einem Vorhaben erfahren.
Kommunaler Rahmen bleibt
Braucht es dann also noch den Gemeinderatsausschuss? Bürgermeister Göck beantwortete die Frage Zelts mit einem klaren: „Ja, man braucht den Ausschuss auch weiterhin, denn für uns ändert sich im Grunde nichts bei der Nachfrage zum gemeindlichen Einvernehmen.“
Die Gemeinde werde nur künftig nicht mehr alle Nachbarn bei einem Vorhaben anschreiben müssen. Damit würde Heidi Sennwitz (FW) ein Stück weit ihre übliche Einleitungsfrage nach weiteren Nachbarschaftseinwendungen verlieren, wurde von den Ratskollegen gewitzelt. Doch an sich werde sich am kommunalen Entscheidungsrahmen, ob sich ein Vorhaben in die bestehende Bebauung einpasst, nichts verändern, unterstrich Göck.
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