Das Wichtigste in Kürze
Der Neujahrsempfang der Gemeinde wurde wegen der Erkrankung des Rathauschefs abgesagt. Im Interview verrät Dr. Ralf Göck, was er dabei hätte sagen wollte.
In Brühl wurde 2024 und wird noch viel im Wohnungsbau getan. Was wurde erreicht, was läuft noch - ist eine Ausweisung eines neuen Baugebietes vorgesehen?
Dr. Ralf Göck: In Sachen Wohnungsbau sind wir für unsere Gemeindegröße ganz vorne mit dabei – ein Ausweis der guten Lage und der hohen Attraktivität unserer Gemeinde, die bei Bauwilligen und Wohnungssuchenden ganz oben auf der Wunschliste steht. Wir sprechen mit diesen Wohnungsangeboten alle Gruppen und Schichten der Bevölkerung an. Das ist im Vergleich mit anderen Gemeinden ungewöhnlich. Konkret läuft derzeit die Vermietung der 40 attraktiven Neubauwohnungen an der Albert-Einstein-Straße, teilweise mit Blick bis nach Heidelberg, durch die Stiftung Schönau, die sich dort vorbildlich einbringt. Nebenan baut die Gemeinde ihre zwölf Sozialwohnungen, die in etwa einem Jahr vermietet werden sollen. Noch einfacher ausgestattet sein werden die Flüchtlingswohnungen für bis zu 100 Geflüchtete und Obdachlose im Gewerbegebiet Schütte-Lanz. Und in Brühl-Mitte sind auch Bauträger aus der Region dabei, in den bebauten Ortsteilen Baulücken durch Ein- oder Mehrfamilienhäuser zu schließen beziehungsweise Bestandshäuser zu sanieren. Zudem gelangen die ersten Häuser in der „Grünen Mitte“ an der Germaniastraße in die Endphase. Wenn in den nächsten Wochen die ersten Bäume auf dem Quartiersplatz gepflanzt sind, und im Herbst Erde auf die Tiefgarage aufgebracht sind, werden etwa 100 Wohnungen rund um den Jahreswechsel vermietet oder bezogen. Und im Sommer werden auch die ersten Einfamilienhäuser an der Germaniastraße errichtet, denn die Nachfrage hat erfreulicherweise angezogen. Auf der anderen Seite dort, am Schrankenbuckel, wächst der Rohbau für das Betreute Wohnen mit Arztpraxis und großem Gemeinschaftsraum. All das wird wirken und ich bin zuversichtlich, dass es im Ergebnis unserer Gemeinde und ihren Einwohnern nützt. Wir wollen den Wohnungs- und Mietpreis durch mehr Angebot dämpfen und damit jenen den Weg in den Ort erleichtern, die gerne unsere Wohnqualität in der Nähe der Rheinauen genießen möchten, ohne auf die schnelle Anbindung an die nahen Zentren unserer Metropolregion Rhein-Neckar verzichten zu müssen. Weitere Baugebiete sind – jedenfalls von der Gemeinde – nicht geplant, denn wir wollen ja schonend mit dem wertvollen Gut Boden umgehen.
Dennoch wirkt sich die Entwicklung auf die Bevölkerungszahlen aus - kann die Infrastruktur, insbesondere für junge Familien, mithalten?
Göck: Unsere Bevölkerungsanzahl steigt kaum. Als ich 1998 anfing, hatte Brühl bereits 14000 Einwohner. Die Zahl stieg immer dann kurz, wenn wir Neubauten zuließen oder eine Innenverdichtung wie in der Hauptstraße ermöglicht haben, bis auf 14 400 an, um letztlich wieder zurückzugehen. Das liegt daran, dass die Menschen immer mehr Wohnraum pro Person nutzen. Wenn beispielsweise die Kinder ausziehen, bleiben die Eltern im gleichen, großen Haus. Hinzu kommt, dass in Brühl mehr Menschen sterben als geboren werden. Durch den Zuzug in die beiden kleinen Neubaugebiete „Bäumelweg Nord“ und „Schütte-Lanz“ sind wir seit 2016 leicht gewachsen und liegen jetzt wieder bei 14 400 Einwohnern. Die Infrastruktur kann gut mithalten, da wir stets bedarfsorientiert planen: Obwohl heute deutlich weniger Kinder zwischen einem und zehn Jahren als 1998 in Brühl leben, ist die Anzahl der Betreuungsplätze in Kitas und Schulen seitdem geradezu explodiert. Insoweit ist nicht die „womöglich“ steigende Kinderzahl so entscheidend, wenn man eine attraktive Wohngemeinde sein will, sondern es sind die Betreuungsbedarfe überhaupt und die unterschiedlichen Betreuungszeiten, die zu erfüllen sind, und die damit einhergehenden gesetzlichen Vorgaben.
Deswegen hat Brühl nochmals seit 2014 die Anzahl der Betreuungsplätze von 65 auf 130 in den Krippen und die Anzahl der Kindergartenplätze von 374 auf 545 fast verdoppelt. Im Laufe dieses Jahres soll wieder eine Gruppe im Sonnenschein-Kindergarten dazukommen. Im Schulkindbereich haben wir in den vergangenen zehn Jahren die Anzahl der betreuten Kinder von 100 auf 140 Kinder in der Jahnschule und von 140 auf 260 Kinder in der Schillerschule gesteigert. In diesen Tagen wird der Spatenstich für einen Anbau an die Schillerschule erfolgen, der weitere Hortplätze bringen wird und auch in der Schillerschule Platz für weitere Schulkinder schafft, wenn der etwa aus der „Grünen Mitte“ oder aus dem Flüchtlingswohnheim nachgefragt würde. Auch da bin ich zuversichtlich, dass das Hand in Hand geht.
Brühl ist bei Senioren ein beliebter Wohnort - was wurde 2024 für die ältere Generation getan, was steht noch an?
Göck: Unsere Betreuung für Senioren wurde mit der Pflegeberatung vor Ort weiter verbessert. Diese Beratung durch den Pflegestützpunkt Rhein-Neckar-Kreis wird sehr gut angenommen. Das gilt auch für die Beratung in unserem Seniorenbüro, die allseits gelobt wird. Beides hilft den Senioren und wird fortgeführt. Eine gute Idee war das Mobilitätstraining des Verkehrsverbunds Rhein-Neckar. Durch das große Interesse war das Angebot schnell ausgebucht. Die Koordinierung des „Netzwerks für ältere und kranke Menschen“, das mit einem Infostand im Rahmen der Welt-Alzheimer-Woche bei Edeka Embach an die Öffentlichkeit getreten ist, läuft auch weiter im Rathaus. Die kommunale Altenbegegnungsstätte im evangelischen Gemeindezentrum wird eifrig angenommen. Auch die vorweihnachtliche Feier in der Festhalle hat sich etabliert.
Dass sich die ältere Generation zahlenmäßig vergrößert, greifen wir auf, indem wir weitere barrierefreie Wohnungen bauen. Die genannten zwölf Sozialwohnungen der Gemeinde an der Albert-Einstein-Straße sind preisgünstig und doch genauso barrierefrei wie alle anderen Neubauwohnungen und insbesondere die Wohnungen in den Anlagen für das Betreute Wohnen. Beim Seniorenwohnen am Schütte-Lanz-Park gibt es sogar noch einzelne freie Wohnungen. Ich erinnere auch gerne an unseren Mehrgenerationen-Spielplatz im Wiesengrund. Bei unseren Gesundheitsforen geht es weiter mit dem Konzert der bekannten Sängerin und Motivatorin Ute Ullrich im März in der Festhalle.
Brühl hat inzwischen viele Geflüchtete aufgenommen - wie läuft es da weiter?
Göck: Die Gemeinde Brühl gewährt vielen Menschen Obdach. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine finden seit 2022 auch Flüchtlinge von dort Aufnahme in unserer Gemeinde. Inzwischen wohnen 66 Personen in privaten Unterkünften, insgesamt 243 in gemeindeeigenen oder gemieteten. Da die Tendenz steigend und auch der kommunale Wohnraum begrenzt ist, haben wir inzwischen den ganzen ehemaligen „Brühler Hof“ angemietet und dort jetzt insgesamt 59 Flüchtlinge untergebracht. An den Werften wird eine Wohnanlage für 104 Geflüchtete entstehen, die in den nächsten beiden Jahren aufgesiedelt wird. Die Baugenehmigung ist endlich da, so dass es im Frühjahr mit der Errichtung der Module losgehen kann.
Wie bewerten Sie die finanzielle Situation der Kommune?
Göck: Nach dem besten Jahr in der Geschichte der Gemeinde in 2022 folgte direkt das schlechteste, in dem wir Sparmaßnahmen einleiteten. Aber es halfen auch äußere Umstände, dass dann auch 2024 deutlich besser lief als geplant. Wir konnten unsere laufenden Ausgaben mit den Einnahmen bezahlen und mussten keine neuen Darlehen aufnehmen, sondern konnten planmäßig tilgen. Wir haben derzeit mit etwa vier Millionen Euro Rücklage sogar etwas mehr Geld in der Kasse als Schulden bei den Banken. Das erscheint beruhigend. Unser Haushaltsplan 2025 sieht allerdings hohe laufende Kosten vor, die trotz steigender Einnahmen nicht gedeckt werden können. Deswegen müssen dann Darlehen aufgenommen werden, wenn die Rechnungen für die drei Großprojekte Sozialwohnungen und Flüchtlingswohnraum mit je 2,8 Millionen Euro Nettokosten und für den Ersatzneubau Hort mit derzeit etwa sieben Millionen Netto-Baukosten, also nach Abzug der zugesagten Zuschüsse, bezahlt werden müssen. Und weil das einige Darlehen sein werden, mussten viele andere Maßnahmen zurückgestellt werden, etwa die Sanierung der Fläche zwischen dem Betreuten Wohnen und dem Kirchenvorplatz in der Hauptstraße. Damit werden aber bleibende Werte geschaffen, die jedenfalls was die Wohnungen betrifft, auch Jahr für Jahr Einnahmen generieren. Unsere Finanzsituation ist also ausreichend, wenn auch nicht zufriedenstellend.
Durch die Kommunalwahl ist die Zahl der politischen Gruppen im Gemeinderat von vier auf sechs angewachsen. Was verändert sich dadurch?
Göck: Natürlich werden die Sitzungen länger, wenn mehr Fraktionen zu Wort kommen, aber bisher erlebe ich eine konstruktive Atmosphäre und hoffe, dass das auch so bleibt.
Vereine sehen sich vor immer größere Herausforderungen durch Regeln und Vorschriften gegenüber. Funktioniert das Vereinsleben in Brühl dennoch?
Göck: Wenn ich in meinen Terminkalender schaue (lacht), funktioniert es bestens: Fast jede Woche finden Veranstaltungen, Feiern und Versammlungen statt, zählt man die unzähligen Aktivitäten der Sportvereine, die ein noch nie da gewesenes, breites Angebot für Jung und Alt ausmachen, dann bin ich stolz auf unsere Vereine und danke allen, die dabei im wesentlichen ehrenamtlich mitwirken. Das ist dem Gemeinderat und mir auch so wichtig, dass er keinerlei Kürzungen vorgenommen hat, sondern versucht, den Vereinen gerecht zu werden, sie in ihren Sorgen und Nöten zu unterstützen. So floss fast der gesamte Erlös aus dem Verkauf des Schrankenbuckel-Areals unter anderem mit dem Sportpark-Süd und Sanierungen an bestehenden Anlagen in die investive Sportförderung der drei Sportvereine und des Schäferhundevereins.
Es gibt Vereine, die stemmen neben ihrem laufenden Betrieb, attraktive Jugendfußballturniere, andere bauen grandiose Kerwe- oder Sommerfeststände auf und verdienen damit etwas für ihre Etats. Leider klappt das nicht bei allen, einige können ihre Mitglieder nicht mehr zum Helfen motivieren. Gründe könnten dann in der Tat solche Regeln und Vorschriften sein, die nicht unbedingt motivieren. Das Beispiel der erfolgreichen anderen zeigt allerdings, dass es dennoch geht.
Schauen wir mal auf die fünfte Jahreszeit: Wer aktuell den vierten Nachtumzug erlebt hat, Prunksitzungen für alle, Kindermaskenbälle für die Kleinen und schließlich den 66. Fastnachtsumzug in der Planung sieht, der wird bemerken, was allein die Fasnachter von den „Göggeln“ und „Kollerkrotten“ ehrenamtlich für die Bevölkerung anbieten. Ganz offensichtlich bringen sich auch junge Leute und Neubürger ein. Ich weiß von einzelnen jungen Leuten, dass sie sogar nach Brühl gezogen sind, um ihrem Engagement leichter nachgehen zu können.
Was war 2024 die größte Herausforderung 2024, was wird es 2025 sein?
Göck: Im Rahmen der Umsetzung des Klimaschutzkonzepts wurde eine Werbekampagne gestartet, um deutlich zu machen, dass Bürger beim Klimaschutz weiterhin unterstützt werden und gleichzeitig einen eigenen Beitrag leisten können, der sich auszahlt. So wurde vieles für und mit den Bürgern erreicht. Durch den Austausch von veralteten Heizungspumpen in Hocheffizienzpumpen konnten viele Kilowattstunden Strom eingespart werden. Die umweltschonende Fernwärme wird gut nachgefragt und auch gefördert, zuletzt wurde das Gebiet rund um die Darmstadter Straße sowie die Wielandstraße und die Kirchenstraße erschlossen. Neben dem flächendeckenden Angebot an öffentlichen Ladesäulen und der Carsharingstation am Rathaus wurde auch die Fördermöglichkeit für private Wallboxen gut genutzt, 137 Stück wurden damit installiert. Das Umweltförderprogramm der Gemeinde wurde von Interessenten so gut in Anspruch genommen, dass die bereitgestellten Fördermittel bereits in der ersten Jahreshälfte vollständig ausgeschöpft waren: 37 Balkonkraftwerke, 35 Photovoltaikanlagen, 47 Energiespeicher, elf Wärmepumpen wurden im Jahr 2024 gefördert. Die Herausfordernd bestand darin, während der laufenden Klimaschutzkampagne den Stopp der Förderung zu erklären. Seit Jahresanfang gibt es wieder ein Förderprogramm. Der Fördertopf ist wieder begrenzt - schnell sein lohnt sich.
Das Jahr 2025 wird für unser Freibad, seinen Gäste und den Anwohnern eine besondere Herausforderung bringen. Baustellen am Schrankenbuckel und um das Hallenbad herum werden das Parkplatzangebot minimieren. Eine gewisse Entlastung wird in den Sommerferien erwartet. Aber in den möglicherweise heißen Juni- und Juliwochen könnte die Parksituation zum Aufreger werden – da kann man nur an die Einheimischen appellieren, das Freibad zu Fuß oder mit dem Fahrrad anzufahren.
Was hat Ihnen in 2024 am besten gefallen, was hat Sie am meisten genervt?
Göck: Am besten hat mir 2024 gefallen, dass Brühl endgültig zum kulinarischen Eldorado in der Region geworden ist. In wenigen Monaten Abstand eröffneten mehrere Lokale in 2023 und zuletzt 2024. Für den späteren Abend stehen die typischen Bars und Kneipen zur Verfügung. Und das gute dabei ist: Alle Lokale haben ihr Publikum. Es sind im wesentlichen Familienbetriebe, die ihr Geschäft beherrschen und eine ganz besondere Bereicherung des gesellschaftlichen Lebens darstellen. Die Senioren freut es ebenfalls, dass im Gegensatz zu anderen Gemeinden der Mittagstisch fast flächendeckend in Brühl und Rohrhof angeboten wird.
Am meisten nervt uns wohl alle, dass Bau-Projekte wie der Mobilfunkturm in Rohrhof oder der Umbau des früheren Einkaufszentrums Real in einen Scheck-In-Center deutlich länger dauern als angekündigt. Inzwischen sind die Projekte genehmigt und dem Aufbau des Mobilfunkturms steht eigentlich nichts mehr im Wege. Das Scheck-In-Center soll Ende dieses Jahres eröffnet werden. Ganz unabhängig davon bleibt die wohnungsnahe Lebensmittelversorgung im Ort gesichert. Die beiden Familienbetriebe Metzgerei Gieße und Päuser, die Bäckereien Lutz, Utz, Grimminger und Görtz, der Rohrhofer Wochenmarkt sowie die größeren Lebensmittelmärkte Aldi, Edeka, Lidl, Netto und Penny in der Gemeinde bieten weiterhin ein breites Sortiment.
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