Der frühere Glanz der Rhein-Neckar-Halle ist nach 50 Jahren verblasst / Dr. Hans-Peter Wild will Ersatzhalle mit acht Millionen Euro sponsern / Vielfacher Protest gegen Abriss

Die Eppelheimer Rhein-Neckar-Halle ist heute ein Problemfall

Von 
Sabine Geschwill
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Eppelheim. Im Juli 1971 hatte Eppelheim zwei gute Gründe zum Feiern: Die 1200-Jahr-Feier der Gemeinde wurde mit der Einweihung der damals neu erbauten Mehrzweckhalle, der heutigen Rhein-Neckar-Halle (RNH), kombiniert und im Beisein vieler Gäste und Prominenz begangen. Im Namen des Gemeinderates und der Verwaltung hatte der damalige Bürgermeister Peter Böhm vor 50 Jahren – am 10. Juli 1971 – zu einem Festbankett mit „buntem Abend und Tanz“ in die neue Großsporthalle eingeladen.

Die „Vereinigten Chöre“ und der Konzertverein Eppelheim waren für die musikalische Umrahmung zuständig. Mit Staatssekretär a. D. Dr. Heinrich Barth hielt ein gebürtiger Eppelheimer die Festansprache. Nach Gruß- und Dankesworten wurde ein kleiner Imbiss gereicht, ehe es mit dem „bunten Abend“ in den gemütlichen Teil überging. Nachzulesen ist der Ablauf auf dem Einladungsschreiben, das Altgemeinderat Albert Gremmelmaier aufgehoben hat.

Die neue Großsporthalle war der Stolz der Gemeinde und zur damaligen Zeit der größte überdachte Veranstaltungsort im Rhein-Neckar-Kreis. Um das Gemeindejubiläum mit der Halleneinweihung krönen zu können, wurden sogar die Feierlichkeiten, die laut urkundlicher Erwähnung Eppelheims im Lorscher Codex schon 1970 hätten stattfinden müssen, einfach um ein Jahr verschoben. Die offizielle Inbetriebnahme der Mehrzweckhalle fand erst 1972 statt, nachdem auch die Deckenverkleidung angebracht und Restarbeiten erledigt waren, erfährt man von Ortschronist Klaus Preuß. Die neue Mehrzweckhalle erhielt den Namen „Rhein-Neckar-Halle“. „Die Namensgebung der Halle zeugt vom Eingebundensein in das Rhein-Neckar-Dreieck“, hielt dazu Ehrenbürger Hans Stephan in seinem 1997 erschienenen Buch „Unter Eppelheimer Dächern“ fest.

Bundesleistungszentrum geplant

Ursprünglich gab es seitens der Gemeinde und dem „Institut für Leibesübungen“ der Universität Heidelberg Ende der 1960er Jahre Planungen für den Bau eines Bundesleistungszentrums für Basketball im Eppelheimer Schul- und Sportpark. Auch wenn aus dem Leistungszentrum nichts wurde, so führte die Idee dazu, für das sportbegeisterte Eppelheim eine Großsporthalle zu bauen, die den Sportvereinen mit ihren vielfältigen Angeboten als Trainings- und Spielstätte dient und dem Schulsport genügend Platz bietet. Der Hallenneubau, der für 6000 Zuschauer ausgelegt war, kostete knapp über acht Millionen Mark. In der Millionensumme nicht enthalten, waren die Kosten für den Parkplatz, der auch als Messplatz genutzt werden sollte, und die Straßenzuführung.

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Die flexibel teilbare Dreifeldsporthalle, die unter anderem für Turnen und Leichtathletik, Fußball, Handball und Basketball ausgelegt war, wurde mit großer Veranstaltungsbühne, Regieraum, drei Zuschauertribünen, Geräteräumen, Umkleidekabinen und Sanitärräumen ausgestattet. Zur Halle gehören im Erdgeschoss noch ein Restaurant, das heute als Schulmensa genutzt wird, sowie eine Hausmeisterwohnung, die dem Eppelheimer Carneval Club als Vereinsheim dient. Das Gebäude ist komplett unterkellert. Im Untergeschoss befinden sich unter anderem Sanitäranlagen, Garderobe, Haustechnik- und Lagerräume, sowie Kraft- und Trainingsräume für den Judo-, Ringer- und Boxsport. Ursprünglich gab es auch wettkampftaugliche Kegelbahnen.

Viele schöne Momente

Viele Bürger, die den Bau der Halle miterlebt haben oder mit ihr groß geworden sind, verbinden mit ihr schöne Momente, aber auch den wichtigen Erhalt der Selbstständigkeit Eppelheims. Denn die Rhein-Neckar-Halle wurde in einer Zeit gebaut, als die Eingemeindung in die Nachbarstadt Heidelberg zur Diskussion stand. Die Mehrzweckhalle und die Pläne für ein großes Schul- und Sportzentrum, zu dem auch das Hallenbad, der Reitplatz, die Tennisanlage und die heutigen Schulen auf dem Campus gehören, waren ein mächtiges Pfund, das Eppelheim in den 1970er Jahren zu Zeiten der Gemeindereform in die Waagschale werfen konnte, um sich erfolgreich gegen die drohende Eingemeindung zu stemmen.

Die Halle war für rund vier Jahrzehnte eine gefragte und gern genutzte Mehrzweckhalle für große und kleine Feste, Veranstaltungen und Konzerte. Das „Who is Who“ der Musikszene kam nach Eppelheim. Die Liste der Stars ist lang und reicht von Status Quo, über Genesis, AC/DC, Scorpions, Deep Purple, Uriah Heep, Police, Santana, BAP, Pur, Schürzenjäger und Kastelruther Spatzen bis hin zu Tina Turner, Joe Cocker, Bob Marley, Udo Lindenberg, Frank Zappa, Mike Oldfield und Nena.

In Wahlkampfzeiten war sie Schauplatz für Auftritte bundesdeutscher Politprominenz. Die Bundeskanzler Willy Brandt, Helmut Schmidt und Helmut Kohl sowie Bayerns Ministerpräsident Franz-Josef Strauß lockten die Massen in die Halle.

Unvergessen bleiben die Basketball-Shows der Harlem Globetrotters, Sportereignisse wie Kegel-Weltmeisterschaften, Basketball-Länderspiele, die Handball-Weltmeisterschaft 1982 oder die beliebte Fernsehshow „Verstehen Sie Spaß?“, die 1985 live aus der Rhein-Neckar-Halle gesendet wurde – mit Paola und Kurt Felix als Gastgeber sowie Günther Netzer, Uwe Seeler, Iris Berben, Diether Krebs und Karl Dall als Gäste. Sängerfeste, Kirchenbazare, US-Army-Konzerte, Wäldlerbälle, Mineralienbörsen, Hallenfußballturniere, Faschingsveranstaltungen und Mini-Car-Rennen, sowie das beliebte „Volksliedersingen“ mit vielen Chören, das vom Unternehmerehepaar Rudolf und Leonie Wild initiiert wurde und bis Anfang der 2000er Jahre jedes Jahr mehrere Tausend Zuschauer erfreute, hatten hier ihre Heimat.

In der 23-jährigen Amtszeit von Bürgermeister Dieter Mörlein mussten sich die Eppelheimer nicht nur einmal gegen die Abrissideen und Neubaupläne des Rathauschefs zur Wehr setzen. Dokumentiert sind Protestaktionen der Bürger in den Jahren 2008, 2011 und 2012.

Nutzung stark eingeschränkt

Mangelhafter Brandschutz, aber auch ein über Jahre gepflegter Sanierungsstillstand führten schließlich dazu, dass die Halle seit 2012 für Großveranstaltungen nicht mehr zur Verfügung steht, nur noch für 199 Personen zugelassen ist und ausschließlich für Schulsport und Vereinstraining genutzt wird. Um diesen reduzierten Weiterbetrieb zu ermöglichen, wurde eine mobile Brandmeldeanlage installiert.

Die vielen Förderer des Eppelheimer Sports machten mobil und starteten 2012 unter der Leitung des damaligen Vereinssprechers Dietmar Fischer eine große Protestaktion zum Erhalt der Halle als „Grundpfeiler des Eppelheimer Sports“. Der Stadtspitze wurde „mutwillige Schließung“ vorgeworfen, um Abriss- und Neubaupläne schneller umsetzen zu können. Bemängelt wurde, dass die Halle über viele Jahre vernachlässigt und wichtige Brandschutzmaßnahmen nicht rechtzeitig durchgeführt worden seien.

Feierlaune bleibt inzwischen aus

In Feierlaune ist man in Eppelheim mit Blick auf das Jubiläum „50 Jahre Rhein-Neckar-Halle“ nicht. Ganz im Gegenteil: Einst war die Halle der Stolz der Gemeinde, heute ist sie ein Problemfall für die Stadt. Ihre Glanzzeiten sind vorbei und ihre Tage gezählt. Aufgrund vielfältiger Brandschutzmängel und vielen Jahren Sanierungsstillstand droht ihr der Abriss. Über ihre Zukunft haben Bürgermeisterin Patricia Rebmann, die 2017 ins Rathaus einzog, und der Gemeinderat bis zum heutigen Tag noch nicht entschieden.

Als großer Glücksfall für das hoch verschuldete Eppelheim erwies sich jüngst eine Zusage von Eppelheims Ehrenbürger Dr. Hans-Peter Wild. Der Capri-Sun-Eigentümer sicherte der Stadt anlässlich seines im Juni begangenen 80. Geburtstages zu, ein Nachfolgeprojekt für die desolate Rhein-Neckar-Halle mit acht Millionen Euro zu finanzieren, damit Schul- und Vereinssport in der Stadt eine Zukunft haben können.

Freie Autorin Ich bin seit 1995 als freie Journalistin und Fotografin für die Schwetzinger Zeitung im Einsatz und betreue dabei hauptsächlich den Lokalbereich Eppelheim.

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