Haus der Begegnung

In Eppelheim wird Kleidung nachhaltig ausgebessert

Der Nähtreff Eppelheim gibt im Haus der Begegnung kostenlose Anleitung zum Ausbessern von Kleidung. An den Nähmaschinen sitzen dabei auch - entgegen der Stereotypen - Männer.

Von 
Sabine Geschwill
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Beim Nähtreff im Haus der Begegnung rattern die Nähmaschinen. Die Nähtreffteilnehmer Elke, Wolfgang, Christopher und Brigitte haben mit Elisabeth Rudersdorf (l.) und Hildegard Lacroix (3. v. r.) zwei Nähexpertinnen an ihrer Seite. © Geschwill

Eppelheim. „Jetzt wird es ernst“, sagt Christopher Federsel und schluckt. Alles ist einsatzbereit und alle Augen auf ihn gerichtet. Der dreifache Familienvater ist sichtlich nervös, aber er zögert nicht lange und stellt sich der Aufgabe: Er greift in die gut gefüllte Tüte, die ihm seine Frau mitgegeben hat, nimmt sich eine Kinderjacke, setzt sich an die Nähmaschine und gibt sein Bestes, um den aufgerissenen Saum am Jackenkragen wieder sauber zuzunähen. Ein paar durchgewetzte Hosen von seinen drei Jungs hat er auch noch dabei, die er ausbessern soll. „Ist das schwierig?“, fragt er vorsichtig in die Runde. „Nein, ist es nicht“, bekommt er als Antwort zurück.

Es gibt Unterstützung beim Umgang mit unbekannter Technik

Federsel sitzt zum ersten Mal an einer Nähmaschine und stellt sich der Herausforderung. Alleingelassen mit der für ihn unbekannten Technik ist er nicht, sondern in besten Händen. Denn an seiner Seite findet man Elisabeth Rudersdorf und Hildegard Lacroix. Die beiden Schwestern sind Nähexpertinnen und leiten den Nähtreff, der einmal im Monat im Rahmen des Repair Cafés im Haus der Begegnung stattfindet. Während im großen Raum Bürgerinnen und Bürger ihre defekten Gerätschaften vorbeibringen und diese im Idealfall unter Anleitung von Ehrenamtlichen reparieren können, rattern nebenan im kleinen Nähzimmer die Nähmaschinen. Munter geplaudert wird auch.

Elke möchte eine Hose kürzen, Brigitte ein durchgewetztes Kleidungsstück reparieren und Wolfgang seinen Handtüchern eine zweite Chance geben. „Bei uns geht es zu wie in einer

Änderungsschneiderei“, lachen die beiden Nähexpertinnen, die sich in ihrem Ruhestand gerne engagieren und ihre Fähigkeiten weitergeben wollen. „Kleidung flicken statt wegwerfen“, ist die Devise der Nähtreff-Damen. „Es ist sehr schade, dass oft viel zu schnell Kleidung weggeworfen wird“, erklären sie. Ob Kleidung ändern, Löcher stopfen, Risse mit Bügelvlies oder Flicken schließen, Säume umnähen, einen kaputten Reißverschluss austauschen oder auch löchrige Socken stopfen: Elisabeth und Hildegard helfen ehrenamtlich mit Rat und Tat und einer Schritt-für-Schritt-Anleitung. Sie geben auch Tipps, wie aus Kleidung, die einem nicht mehr passt, durch Upcycling Neues und Nützliches entstehen kann. Der Nähtreff ist kostenfrei. Eine Spende darf man gerne in die Sammeldose geben, damit Nähutensilien angeschafft werden können.

Nähgarn, Stecknadeln, Knöpfe und weitere Utensilien stehen bereit

Vier einsatzbereite Nähmaschinen gibt es vor Ort und jede Menge Nähgarn, Stecknadeln, Knöpfe, Stoffreste, Vliesware, Flicken, Metermaß und Scheren. Auch ein Bügelbrett samt Bügeleisen kann genutzt werden, um beispielsweise Flicken aufzubügeln oder Kleidung, die gekürzt werden soll, ordentlich glatt zu bekommen.

„Ich wollte wissen, wie ich am besten eine durchgescheuerte Stelle an einer Hose ausbessern kann. Das habe ich jetzt gezeigt bekommen und kann es künftig auch allein“, freut sich Brigitte. Während sie schon wieder zusammenpackt, ist Elke noch beim Hosenkürzen. „Meine letzte Näherfahrung habe ich in meiner Jugend gemacht und Burda-Schnittmuster ausprobiert“, gesteht sie. Wolfgang ist häufiger beim Nähtreff zu Besuch und hat Hemden und Handtücher zum Ausbessern mitgebracht. Er hat Routine im Umgang mit der Nähmaschine. Ihm ging alles flott von der Hand.

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„Ich habe schon immer gerne genäht und liebe Stoffe“, erzählt Elisabeth Ruderdorf. Zu Hause hat sie eine Nähstube mit einem großen Tisch, wo sie sich jetzt im Ruhestand mit Stoffen und Schnittmustern austoben kann. Die gelernte Hauswirtschafterin hat für sich, ihre Kinder oder Bekannten schon viele Konfektionen oder Dekorationen genäht. Ihre Schwester Hildegard Lacroix war Lehrerin und freut sich, wenn sie ihr Wissen weitergeben kann. „Mir macht es beim Nähtreff so viel Spaß, weil viele nette Menschen zu uns kommen, die sehr dankbar sind für unser Angebot.“ Für den Nähtreff, der immer am ersten Samstag im Monat von 13 bis 17 Uhr parallel zum Repair Café angeboten wird, muss man sich unbedingt vorher anmelden. „Wenn keiner etwas zu nähen hat, brauchen wir ja nicht beide vor Ort sein“, erklären die Nähexpertinnen. Während Hildegard Lacroix in Eppelheim wohnt und zusammen mit Helmuth Lechner Ansprechpartner für das Repair Café mit Nähtreff im Haus der Begegnung ist, nimmt ihre Schwester zwei Stunden Anfahrt in Kauf, um aus dem Westerwald anzureisen und Interessierten wertvolle Tipps zu Reparatur, Änderung oder Herstellung von Kleidung zu geben. Infos zum Nähtreff gibt es bei Hildegard Lacroix per E-Mail unter hlacroix@t-online.de oder telefonisch 06221/76 67 14. 

Freie Autorin Ich bin seit 1995 als freie Journalistin und Fotografin für die Schwetzinger Zeitung im Einsatz und betreue dabei hauptsächlich den Lokalbereich Eppelheim.

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