Coronavirus

Maskenpflicht trotz Asthma: Mia (7) hat Angst vor Atemnot

Von 
Sabine Geschwill
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Panik vor Atemnot: Mia Sofie steht mit Mund-Nase-Masken auf Kriegsfuß. Nicht, weil sie keine Lust zum Tragen hat, sondern weil die siebenjährige Asthma hat und unter der Maske schlecht Luft bekommt. © Geschwill

Eppelheim. Als vor rund zwei Wochen die neue Corona-Verordnung der Landesregierung in Kraft trat und die Maskenpflicht an Schulen wegen sinkender Infektionszahlen gelockert wurde, fiel Corinna Rauner ein riesengroßer Stein vom Herzen. Ihre siebenjährige Tochter leidet nämlich an Asthma. Sie bekommt unter der Maske schlecht Luft und hat panische Angst davor, zu kollabieren. Deshalb hat die Erstklässlerin, die vergangenes Jahr im September in der Theodor-Heuss-Schule eingeschult wurde, auch ein ärztliches Attest, das besagt, dass sie bei Atembeschwerden vom Tragen befreit ist.

Allerdings findet das in der Schule bisher keine Berücksichtigung. Nun wächst durch die neuesten Meldungen von Lothar Wieler, Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bei der 32-jährigen Eppelheimerin und ihrer Tochter die Angst vor erneuter Maskenpflicht im Unterricht. Wieler hat sich jüngst für das Tragen von Mund-Nase-Masken in Schulen bis zum kommenden Frühjahr ausgesprochen, damit die Schulen offenbleiben und das Infektionsgeschehen niedrig gehalten werden können. Und Kretschmann erklärte, dass Schüler vorübergehend in den ersten zwei Wochen nach den Sommerferien vorsorglich und inzidenzunabhängig Masken im Unterricht tragen sollen, weil man der Gefahr einer Einschleppung von Infektionen durch Reiserückkehrer entgegenwirken möchte.

Bei solchen Meldungen wächst bei Corinna Rauner die Besorgnis. Denn ihre Tochter sei, wie sie sagt, aufgrund der strikten Handhabung der Maskenpflicht an der Schule mittlerweile „stark traumatisiert“.

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Die Erstklässlerin leidet seit ihrem dritten Lebensjahr an Asthma und ist deshalb bei einem Heidelberger Lungenfacharzt in Behandlung. Als nach den Osterferien der Präsenzunterricht startete, ging das Drama für die Siebenjährige los: Es galt Maskenpflicht im Unterricht. „Es gab jeden Morgen Tränen und Diskussion, weil meine Tochter große Angst hat, dass sie während der Schulstunden schlecht Luft und Atemnot bekommt“, erzählt ihre Mutter.

Schnell in Panik

Die 32-Jährige ist selbst Asthmatikerin und weiß, wie schnell man in Panik gerät und wie sich ihr Kind fühlen muss: „Es tut einem weh, sein Kind so leiden zu sehen.“ Die Eppelheimerin handelte schnell. Sie holte Ende April beim Lungenfacharzt ein entsprechendes Attest für ihre Tochter. Dies besagt: „Bei auftretenden Atembeschwerden ist Mia Sofie von der Pflicht eine Mund-Nase-Maske zu tragen, zu befreien.“ Corinna Rauner hat das Schreiben der Schulleitung vorgelegt. „Wir dachten, das Attest reicht, damit Mia Sofie, wenn sie merkt, dass sie schlecht Luft bekommt, die Maske im Unterricht abnehmen darf.“ Dem war aber nicht so. „Die Klassenlehrerin hat meiner Tochter das Absetzen der Maske nicht erlaubt. Selbst wenn nur die Nase rausschaute, wurde sie von ihrer Lehrerin angeherrscht, die Maske wieder hochziehen“, erzählt die Mutter. Sie suchte das Gespräch mit der Klassenlehrerin und der Rektorin. „Ohne Erfolg“, wie sie sagt. Auch ihr Kompromissangebot, bei ihrer Tochter täglich einen Corona-Schnelltest durchzuführen, damit sie ohne Maske zum Unterricht kann, wurde abgelehnt. „Was meiner Tochter in der Vergangenheit angetan wurde, ist in meinen Augen Körperverletzung“, meint Rauner.

Zu den Vorwürfen nahmen sowohl Schulamtsdirektorin Angelika Treiber vom Staatlichen Schulamt Mannheim als auch Rektorin Judith Herden Stellung. Die Klassenlehrerin nahm das Angebot, sich zu der Sachlage zu äußern, nicht in Anspruch.

„Einheitliches Verfahren“

Die Schulamtsdirektorin teilte mit: „Vorgelegte ärztliche Bescheinigungen, die eine Ausnahme von der Verpflichtung zulassen, werden jeweils entsprechend umgesetzt.“ Nach Rücksprache mit der Rektorin werde dies an der Schule auch so gehandhabt. Ein tägliches Testen der Schülerinnen und Schüler mit dem Zweck, dass dann die Verpflichtung zum Tragen eines Atemschutzes wegfalle, entspreche nicht den aktuellen Vorgaben, so Treiber. Laut Rektorin gehe man an der Theodor-Heuss-Schule sehr verantwortungsvoll mit Kindern um, die ein ärztliches Attest haben. „Es gibt bei uns im Umgang mit ärztlichen Attesten ein einheitliches Verfahren. Das ist für alle Lehrkräfte verbindlich und wird von allen gleich gehandhabt“, sagt Herden und betont: „Wir befolgen die Verordnungen, die der Arzt draufschreibt.“ Laut Herden haben Schüler jederzeit die Möglichkeit, ihrer Lehrkraft im Unterricht kundzutun, wenn sie den Mund-Nasen-Schutz absetzen möchten. Die Kinder hätten auch das Recht, ohne Rücksprache mit der Lehrkraft die Maske bei Bedarf direkt herunterzunehmen.

Corinna Rauner kann die theoretischen Aussagen zu der von ihr in den vergangenen Wochen erlebten praktischen Handhabung von ärztlichen Attesten im Unterricht von Schulamt und Schulleitung nicht fassen.

Für sie passen die Worte der Rektorin nicht zur erlebten Praxis ihrer Tochter: „Wenn sich die Klassenlehrerin daranhalten würde, dann hätten wir ja kein Problem. Denn sobald Mia Sofie die Maske abnimmt, heißt es ja gleich, dass sie diese wieder anziehen soll. Ich weiß nicht, wie das weiter gehen soll“, sagt ihre Mutter etwas ratlos.

Freie Autorin Ich bin seit 1995 als freie Journalistin und Fotografin für die Schwetzinger Zeitung im Einsatz und betreue dabei hauptsächlich den Lokalbereich Eppelheim.

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