Eppelheim. Zahlreiche Bilder der Künstlerin Judith Boy werden bis Dienstag, 2. Juli, bei einer Ausstellung im Eppelheimer Rathaus zu sehen sein. Im Interview erklärt Boy, was sie inspiriert, welchen ganz persönlichen Auftrag sie als Künstlerin wahrnimmt und wie sie es schafft, komplexe Naturvorgänge auf die Leinwand zu bringen.
Wie kamen Sie auf die Idee, Ihre Werke in Eppelheim auszustellen?
Judith Boy: In Eppelheim komme ich immer mal wieder durch und kenne die Ausstellungen, die dort stattfinden. Deswegen bin ich jetzt auch da.
Sie sagen, dass Sie sich von der Natur inspirieren lassen - was macht diese so faszinierend?
Boy: Die Natur ist doch die Inspiration aller Kreativität in der Welt und als deren Basis niemals wegzudenken. Von kleinsten Dingen bis zu den größten: In Architektur, Forschung und Medizin - überall findet man die Formgebung der Natur. Und das gilt natürlich auch für die bildende Kunst.
Wie schaffen Sie es dann, die Natur in ihre Gemälde zu übersetzen?
Boy: Ich für meinen Teil schaue mir gerne mikroskopische Aufnahmen an und daraus entstehen dann meine Bilder, die teilweise an Blutkörperchen oder sogar Krankheitserreger erinnern – oder auch an Zustände des menschlichen Körpers. Oft stehen aber auch Pflanzen im Fokus, wie Brennnesseln oder einfach filigrane Darstellungen von kleinen Teilen einzelner Gewächse. Dennoch gibt es Fundstücke aus der Natur, die ich auch mit Industriematerial verbinde, was eher ungewöhnlich ist.
Gibt es Künstler, die Sie besonders beeinflusst haben?
Boy: Einer meiner Lieblingskünstler von jeher, in seiner unglaublichen Vielfalt und Sensibilität, seiner Magie und Tiefe, ist Max Ernst. Aber auch der zeitgenössische Anselm Kiefer, mit seinen monumentalen Werken, in denen außer Geschichte auch viele natürliche Materialien stehen, berühren und berauschen ja geradezu!
Zur Person: Judith Boy
- Seit 1997 arbeitet sie als hauptberufliche Künstlerin in Rheinland-Pfalz und ist Mitglied in einer Vielzahl von Kunstvereinen.
- Seit jeher wird sie durch die Natur und deren Farbenreichtum inspiriert. Um die Schönheit verschiedener Naturereignisse in ihre Kunst zu übertragen, setzte sich Judith Boy mit mittelalterlichen Pflanzenfarben und Färbetechniken auseinander.
- Boy ist immer auf der Suche nach neuen und organischen Motiven. Die Natur erscheint auf ihren Gemälden gleichermaßen ungezähmt wie mystisch.
- Das Setzen von bewussten Statements ist eines der Ziele der Künstlerin.
- In ihrer Eppelheimer Ausstellung „7 Dimensionen“ spiegelt die Künstlerin mit ihren experimentellen Gemälden laut Pressemitteilung der Stadt eine Art Symbolik, Magie und die Dynamik der Natur, der Evolution, aber auch des täglichen Lebens wider. jr
Gibt es auch Künstler aus moderner Zeit, die Sie beeinflusst haben?
Boy: Auch Lucian Freud, oder auch Cy Twombly inspirieren unendlich. Christo und Jean Claude, die ich persönlich in Venedig kennenlernte, haben mich immer fasziniert, da sie so viel Leichtigkeit in die Geschichte der Kunst brachten. Wir haben auch fast zusammen Geburtstag! Nicht wegzudenken ist außerdem Rebecca Horn mit ihren Installationen und Performances. Inspiration pur sind auch Vanessa und Madison Beecroft, Joana Vasconcelos und viele andere relativ junge, zeitgenössische Ikonen.
Sie stellen komplexe Naturstrukturen dar. Mit welchen Materialien arbeiten Sie?
Boy: Ich benutze sehr vielen Materialien. Außer Acryl, Pigmente, Pastell und Öl auf Leinwand arbeite ich auch oft mit Industrie- und Textilfolien und Netzen. Aber auch mit Metallspänen, Fasern, Tierhaaren, Feuerkohle und verschiedenen Erden.
Welches Thema behandeln Sie bei Ihrer Ausstellung in Eppelheim?
Boy: Die Ausstellung „7 Dimensionen“ in Eppelheim zeigt Fragmente der Schöpfungsgeschichte, sehr abstrakt und frei.
Es gibt Kunst, die vor allem ästhetischen Zwecken dient und gut aussehen soll. Wollen Sie mit Ihrer Kunst etwas Tieferes ausdrücken, vermitteln oder bewegen?
Boy: Jeder Mensch hat irgendwie einen Auftrag. Künstler haben das im Sinne des Vermittelns zwischen dem, wie sie die Welt sehen, fühlen und den Menschen zeigen wollen. Das ist eine Art, auf kleine Dinge und Zwischentöne aufmerksam zu machen. Darin steckt eine zarte Politik. Ich wünsche mir damit mehr Sensibilität und das Ablegen der Scheuklappen, die unsere Gesellschaft den Menschen oft aufbürden will!
Sie sagen, dass Sie malen, was in Ihrem Innersten entstanden ist. Was tun Sie, um dazu in sich zu gehen?
Boy: Ich habe immer einen sehr guten Draht zu meinem Inneren. In mich zu gehen fällt mir da sehr leicht. Dafür muss ich nichts Besonderes tun.
Fällt es Ihnen denn leicht, sich durch Kunst auszudrücken?
Boy: Manchmal ja, manchmal nein. Es ist in der Kunst alles auch wie in anderen Bereichen ein stetiger Lernprozess mit sich selbst. Aber auch mit den Materialien und mit den Menschen, die beteiligt sind. Ich liebe Experimente und freue mich über Erfahrungen, die mir unterschiedliche Wege zeigen.
Gibt es eine Besonderheit bei Ihrer Ausstellung im Rathaus?
Boy: Besonders ist es schon für ein Rathaus, das ich einige sehr unkonventionelle, mobile Kunstwerke ausstellen konnte. So wird das Rathaus zu einer Art kleiner Kunsthalle mit teils sehr leichten, frühlingshaften Eindrücken. Sicherlich hebt sich die Ausstellung aus diesem Grunde ab.
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