Klimaschutz

Hockenheimer Biologe fordert Umdenken im Wassermanagement

Der Biologe Uwe Heidenreich fordert von der Rennstadt ein neues Management für die Ressource Wasser sowie ein generelles Umdenken bei der Kommune - auch in Bezug auf eine mögliche Knappheit.

Von 
Andreas Wühler
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Bei stärkerem Regen drückt es das Wasser, vermischt mit jeder Menge Schmutzfracht, an dieser Stelle in den Kraichbach. Ein paar Meter weiter, auf der anderen Seite der Brücke lassen sich die Folgen längs des Weges erkennen. Nicht immer zur puren Freude. © Heidenreich

Hockenheim. Teils brachte der Juli tropische Hitze mit sich, teils sintflutartige Niederschläge. Was ihn zu einem durchschnittlichen Monat machte, sowohl was die Niederschlagsmenge als auch die Temperaturen betrifft. Dumm nur, dass die Natur keinen Durchschnitt kennt.

Was jeder Kleingärtner, der in den vergangenen Wochen über die Trockenheit und das tägliche Gießen klagte und seinen Schweiß vergoss nachvollziehen kann – das Mehr an Regen dieser Tage nutzt der Vergangenheit nicht und ist morgen wohl, wenn die nächsten Hundstage vor der Tür stehen, selbst Geschichte.

Blick auf das HÖP-Gelände, das in vorbildlicherweise Wasser aufnehmen kann und zeigt, Wassermanagement hat auch seine schönen Seiten. © Heidenreich

Doch mit einem Wassermanagement lässt sich dem gegensteuern. Große Zisternen im Garten helfen, den Regen aufzufangen und das Wasser dann zum Bewässern zu nutzen, wenn Trockenheit herrscht.

Ähnliches wünscht sich der Biologe Uwe Heidenreich in den Städten umgesetzt. Es gelte, wiederholt er seit Jahren gebetsmühlenartig, den Niederschlag in der Stadt zu halten, das Wassermanagement neu zu denken. Angesichts des Klimawandels sei es nur eine Frage der Zeit, bis die Ressource Wasser auch hierzulande knapp werde.

Regenwassersystem in Hockenheim ist nicht mehr zeitgemäß

Doch momentan sind in den Städten noch Regenwassersysteme aktiv, die dem Gedankengut des vergangenen Jahrhunderts entsprechen und die nur ein Ziel kannten: den Niederschlag so schnell wie möglich abzuleiten. Folglich wird er über Gullys und Dohlen in die Kanalisation ab- und in Bäche und Flüsse eingeleitet und fließt schon in Richtung Meer, bevor die Straßen wieder abgetrocknet sind.

Für den Biologen ein Unding. Zumal sich an verschiedenen Stellen in der Stadt Regen- mit Abwasser aus den Haushalten mischt, das dann in den Kraichbach eingeleitet wird. „Es muss nicht einmal Starkregen sein“, stellt Heidenreich mit Blick auf das antiquierte System fest. Wer die Worte des Biologen nachspüren möchte, dem sei während oder kurz nach einem stärkeren Regen ein Gang längs des Baches zwischen Kaiser- und Karlsruher Straße empfohlen – er kann dabei das komplette Repertoire dessen, was der Mensch über die Toilette entsorgt – an den Büschen und Gräsern hängend oder den Weg pflasternd – nachempfinden. Gleich bei der Brücke in der Karlsruher Straße, auf der Seite zum HÖP hin, kann er den Einlauf sehen, über den das Schmutzwasser bei Regen in den Bach gedrückt wird. Ein Stück weiter den Bach hinauf, entlang des HÖP bis hin zur Arndtstraße, lässt sich ein zweiter Einlauf ausmachen.

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Nicht nur, dass Regenwasser ungenutzt urbanes Gelände verlässt, nein, es wird auch noch mit Müll und Dreck verunreinigt, schimpft Heidenreich und fordert umgehende Abhilfe. Ob mit neuen Rohren oder Kanälen – das müssen die Fachleute entscheiden. Er kann nur feststellen, dass ohne Maßnahmen die Folgeschäden und -kosten immer höher werden.

„Über die Stadt hinweg muss Wassermanagement neu gedacht werden“, stellt Heidenreich fest und verlangt, wo immer möglich, die Anlage von Versickerungsflächen. Deren Sinn ist offensichtlich – Regenwasser versickert im Boden, wird nicht abgeleitet und kann vor Ort zumindest dazu beitragen, den Grundwasserspiegel zu erhöhen. Noch besser wäre es, wenn das Regenwasser großflächig aufgefangen werden kann und in trockenen Zeiten zum Wässern genutzt wird.

Regenrückhaltebecken wird falsch genutzt

Wie es nicht sein sollte, zeigt Heidenreich das Regenrückhaltebecken beim Spielplatz an der Kaiserstraße. Dort wird das Wasser beim Regen aufgefangen, um postwendend über die vorhandene Technik in den Bach abgeleitet zu werden. Speichern wäre die bessere Möglichkeit, ist der Biologe überzeugt.

Einige Meter daneben, im Stiegwiesenpark, hat er ein weiteres Beispiel für ein nicht mehr zeitgemäßes Wassermanagement gefunden. Dort ist eine Mulde in der Wiesenfläche, das Regenwasser könnte sich sammeln und im Boden versickern, wäre nicht eine Dohle vorhanden, die es umgehend in den Bach ableitet. Heidenreich kann nur noch den Kopf schütteln.

Eine Fläche im Stiegwiesenpark mit einigen Mulden. Eigentlich könnte das Regenwasser hier versickern, doch die Dohle im Bildmittelpunkt leitet es in die Kanalisation ab und verhindert einen sparenden Umgang. © Heidenreich

Angesichts der Zustände in der Stadt kann der Biologe nur an die Forderung des Städtetags erinnern: Zu prüfen, wo in den Städten Sickerflächen geschaffen werden können. Von denen kann es für Heidenreich nicht genug geben, jeder Rasen, jeder Vorgarten ist eine potenzielle Fläche – das Thema der Schottergärten, die in vielerlei Hinsicht Gift sind, beziehungsweise deren Beseitigung soll endlich in Angriff genommen werden.

Mit Blick auf den Neubau des Altenheims St. Elisabeth äußert er die Hoffnung, dass bei dessen Flachdächern das Regenwasser gesammelt und nicht in den Bach abgeleitet wird. Wie er überhaupt die städtischen Flachbauten, seien es Schulen oder Turnhallen, mit Sickerflächen ausstatten will – kein Tropfen Regen soll mehr ungenutzt in der Kanalisation verschwinden.

Geld soll für Investitionen und Entsiegelungen in die Hand genommen werden

Ganz klar, diese Forderungen in die Tat umzusetzen, kostet Geld. Doch die Investitionen werden sich rechnen, ist Heidenreich überzeugt. Und billiger, als garnichts zu tun seien sie allemal. Und die Liste ist für ihn noch lange nicht zu Ende, jeder Parkplatz, jede Betonfläche sei zu entsiegeln, mit wasserdurchlässigem Material auszustatten.

Und nicht nur die kommunalen Liegenschaften hat er im Sinn, jeder Garten, jedes Grundstück soll zum Versickern genutzt werden. Auch in den Kleingartenanlagen müsse es Sammelstellen geben, am liebsten wären ihm für jede Parzelle 200-Liter-Zisternen. Und mit dem aufgefangenen Wasser bei Trockenheit die Beete zu wässern – in Zeiten des Klimawandels das Gebot der Stunde.

Denn mehr Wasser in der Stadt zu halten bedeute auch mehr Grün, was wiederum mit dazu beitrage, die Temperaturen zu senken, das Aufheizen der Betonflächen zu mildern. Denn Wassermanagement ist ein wichtiges Mittel im Kampf gegen die Folgen des Klimawandels, doch eben nur eins. Doch vielleicht das wichtigste, denn für grüne Städten ist es die Grundvoraussetzung.

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