Hockenheim. Die Freude über die gelockerten Corona-Regeln ist bei Jeannette und Oliver Berlinghof durchaus groß –aber einfach so öffnen können sie ihr Hotel und Restaurant „Zur Pfalz“ in der Schulstraße trotzdem noch nicht. Das letzte familiengeführte Haus im Ort darf zwar seit vergangener Woche wieder Privatreisende beherbergen, nachdem die sieben Monate andauernde Zwangsschließung gelockert worden ist. Doch von einem Normalbetrieb kann in den kommenden Wochen noch keine Rede sein.
„Solange auf dem Hockenheimring nicht wieder Großveranstaltungen mit zahlreichen Zuschauern stattfinden, werden wir wohl nicht viel von den geänderten Vorgaben merken“, sagt Oliver Berlinghof. Traditionell sorgt bei ihm der Ring für ein volles Haus. Tagestouristen gibt es in der Rennstadt nur wenige. „Beim Restaurant leben wir von Vereinen, Feiern und Geselligkeit – und davon wird wegen der weiterhin gültigen Hygienemaßnahmen natürlich nicht viel möglich sein. Deshalb lassen wir unser Restaurant erst einmal bis Mitte Juni geschlossen und werden nur das Hotel komplett öffnen“, erklärt Oliver Berlinghof.
Neuer Durchgang zum Biergarten
Zusammen mit seiner Frau Jeannette hat er die vergangenen Monate genutzt, um zu renovieren und den Gastraum zu erweitern. Ein breiter Durchbruch führt jetzt zum Biergarten, muss aber erst noch fertiggestellt werden. Derzeit ist er mit Brettern verschlossen, die frisch gegossenen Treppenstufen sind noch nicht verkleidet. Auch eine neue Bar soll es hier geben, um das langgestreckte Restaurant, das sich teilweise über die ehemalige Kegelbahn erstreckt, besser zu erschließen.
„Diesen Bereich wollen wir komplett fertigstellen, bevor wir öffnen“, sagt Jeannette Berlinhof. „Außerdem sind die aktuellen Vorgaben noch sehr streng. Wir müssten abends früh schließen und alle unsere Gäste genau kontrollieren: Ob sie geimpft, getestet oder genesen sind. Das wäre ein riesiger Aufwand für unseren kleinen Betrieb – und ehrlich gesagt müssten wir da auch sehr in die Privatsphäre unserer Gäste eindringen. Wir sind doch keine Behörde!“
Lager der Betriebe sind leer
Immerhin entgeht Familie Berlinghof dadurch dem Ansturm auf die Zulieferer, die teilweise von den kurzfristigen Öffnungsschritten überrumpelt worden sind. „Alle Hotels und Restaurants mussten in den vergangenen Monaten ihre Vorräte auflösen, wir selbst haben zwei große Fässer Bier wegschütten müssen. Entsprechend waren die Lager der Betriebe leer – und jetzt wollen alle gleichzeitig wieder Waren haben, das ist ein ziemliches Chaos“, berichtet Oliver Berlinghof vom Austausch mit anderen Gastronomen.
Ein Glücksfall sei aber die Unterstützung vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga), der insbesondere kleineren Betrieben während der Pandemie zur Seite gestanden habe. „Dort konnten wir immer anrufen und uns erkundigen, welche neuen Regeln jetzt gerade gelten. Das wussten die meistens schneller und besser als die zuständigen Behörden“, erzählt Jeanette Berlinghof.
So konnte der Familienbetrieb die schwierigen Monate der Zwangsschließung erst einmal überstehen, eine Belebung des Geschäfts ist jetzt aber dringend notwendig. „Auch auf persönlicher Ebene war das alles eine völlig neue Erfahrung: Als Sohn von Gastwirten kenne ich es seit meiner Kindheit nicht anders, als dass es bei uns im Haus immer voll war, es immer Gäste um einen herum gab. Die letzten Monate waren wir dann meist allein hier – das erste Mal in meinem Leben“, erzählt Oliver Berlinghof.
Ganz so still ging es in den größeren Häusern indes nicht zu. Das stadteigene „Hotel Motodrom“ direkt am Hockenheimring hatte trotz des Lockdowns viele Geschäftsreisende als Gäste. „Seit Mitte März hatten wir täglich Veranstaltungen und sind entsprechend seit Wochen komplett vorbereitet auf die Öffnungen“, erklärt Hoteldirektor Richard Damian. „Weil wir unsere Gäste jetzt auch im Haus verköstigen dürfen, macht das die Sache leichter. Trotzdem sind die Vorgaben weiterhin sehr streng. Unser Restaurant kann nicht voll belegt werden, gleichzeitig haben wir zusätzliche Kosten, aber weniger Umsatz. Zudem sind viele Lieferanten noch gar nicht in der Lage, das komplette Sortiment zu liefern, und es ist auch ein extremer Preisanstieg der Rohstoffe zu verzeichnen. Wir müssen im Moment also einiges managen.“
Anfragen sprunghaft angestiegen
Die Anfragen im Bereich Privatveranstaltungen seien sprunghaft angestiegen: So würden Hochzeiten wieder optimistischer geplant, obwohl diese weiterhin nur schwer realisierbar seien. „Die Veranstaltungen auf dem Ring werden weiterhin vorgeplant, immer unter dem Vorbehalt der jeweiligen Verordnungen. Insgesamt sind wir also sehr optimistisch, dass es von nun an mit voller Kraft vorausgeht“, sagt Hotelchef Richard Damian.
Auch beim Achat-Hotel in Talhaus überwiegt der Optimismus. „Wir hatten die ganze Zeit über für Geschäftsreisende geöffnet und konnten deshalb schnell handeln. Nach ein paar Tagen Vorlaufzeit heißen wir Privatreisende seit Pfingstmontag willkommen – und können ihnen auch wieder ein reguläres Frühstück anbieten“, freut sich der stellvertretende Direktor Kerim Taskin.
Die Nachfrage von Touristen sei in jedem Fall da, im Moment sogar ohne große Events auf dem Hockenheimring. „Allerdings fällt auf, dass bei vielen Menschen Ungewissheit herrscht, unter welchen Voraussetzungen sie ihre Reise überhaupt antreten dürfen. Deshalb versuchen wir, da bestmöglich Hilfestellungen zu geben und unseren Gästen ein wenig die Unsicherheit zu nehmen“, sagt Kerim Taskin.
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