Hockenheim. Die Hockenheimer Hotels haben weiterhin mit den Folgen der Corona-Krise zu kämpfen: Nach der endgültigen Aufgabe des „Hotels am Flugplatz“ müssen die verbliebenen Häuser mit dem unverändert geltenden Beherbergungsverbot zurechtkommen. Immerhin sind keine weiteren Schließungen angekündigt: Die Hoffnungen ruhen auf der zweiten Jahreshälfte und einer Belebung auf dem Hockenheimring, der die mit Abstand größte Triebfeder für die örtlichen Beherbergungsbetriebe ist.
Mühsam gestaltet sich die Lage für das Hotel und Restaurant „Zur Pfalz“ in der Schulstraße, das nunmehr letzte inhabergeführte Haus im Ort. Oliver Berlinghof betreibt den bodenständigen Gastbetrieb in der dritten Generation. Zusammen mit seiner Frau und seinen Eltern bietet er mit dem Restaurant vor allem Einheimischen eine beliebte Anlaufstelle.
„Es ist überhaupt nichts los“
Gleichzeitig vermietet er zwölf Hotelzimmer, die größtenteils von Besuchern des Motodroms genutzt werden. Im Moment sind beide Geschäftsfelder wegen Corona komplett eingebrochen. „Das Restaurant ist geschlossen und das Hotel darf nur Geschäftsreisende aufnehmen, was bei uns aber nur einen einstelligen Prozentsatz der üblichen Belegung ausmacht. Mit anderen Worten: Es ist überhaupt nichts los“, fasst Oliver Berlinghof die dramatische Lage für das Familienunternehmen zusammen.
So langsam sei eine Grenze erreicht - auch weil die Perspektive völlig fehle. „Wir haben die letzten Monate genutzt, um unser Haus zu renovieren, den Biergarten zu vergrößern und uns auf die Zeit nach Corona vorzubereiten. Aber irgendwann ist man damit durch“, sagt der Hotelier. Beim Personal musste der Familienbetrieb die Notbremse ziehen, für Zimmermädchen und Putzfrau ist schlicht keine Arbeit mehr da. „Wir machen das jetzt als Familie alles selbst“, sagt Oliver Berlinghof. Die staatlichen Hilfen für November und Dezember hätten damals zwar das Gröbste abgefedert, aber seitdem sei die Branche auf sich selbst gestellt. „Die Kosten laufen natürlich unverändert weiter, das summiert sich schnell“, erklärt der Hotelier.
Seine Hoffnung setzt Oliver Berlinghof auf die zweite Jahreshälfte. Wenn sich die Corona-Lage nachhaltig bessere, könnten wieder Veranstaltungen auf dem Ring stattfinden. Auch das Restaurant könnte dann wieder anlaufen - denn Mitnahmeangebote seien für kleine, familiengeführte Betriebe schlichtweg keine Alternative. „Da bleibt kein Gewinn übrig, sondern nur viel Arbeit“, beklagt Oliver Berlinghof.
Ganz in der Nähe, direkt neben der Stadthalle, sind die Sorgen und Probleme im Hotel „Taste“ ganz ähnlich. Das Haus der gleichnamigen kleinen Kette hat zwar seit Januar wieder für Geschäftsreisende geöffnet, arbeitet aber nur in minimaler Besetzung und mit reduziertem Angebot, wie Hoteldirektor Mathias Cron erzählt. „Bis Mitte März gab es kein Frühstücksangebot, inzwischen bieten wir unseren Gästen immerhin Pakete zum Mitnehmen an. Gleichzeitig haben wir unseren Check-in um einen Schlüsseltresor erweitert, sodass wir die Öffnungszeiten der Rezeption reduzieren konnten“, erklärt der Hotelchef.
Keine Entlassungen dank Elternzeit
Mit diesen Sparmaßnahmen habe man bislang das Schlimmste verhindern können - die drei weiteren Hotels der „Taste“-Gruppe in Heidenheim, Lampertheim und Backnang hätten stattdessen seit Januar komplett geschlossen. In Hockenheim sehe es da noch etwas besser aus, auch was die Personalsituation angehe. „Aktuell mussten wir noch niemanden entlassen. Das ist aber letztlich dem Umstand geschuldet, dass zwei Kolleginnen in Elternzeit sind und wir die Stellen weiterhin nicht neu besetzt haben. Auch auf unsere vier Aushilfen, die wir normalerweise für den Sommer einstellen, haben wir seit vergangenem Jahr verzichten müssen“, sagt Mathias Cron.
Betriebswirtschaftlich sei die Lage stets ein Spagat - teilweise sei es besser, das Hotel geschlossen zu lassen. „Im April lag der Umsatz bei rund 15 Prozent im Vergleich zu normalen Zeiten. Wir benötigen aber rund 30 Prozent Umsatz, um allein die Fixkosten abdecken zu können“, berichtet Cron.
Für sein eigenes Haus bleibt er dennoch verhalten optimistisch. Kurz vor Corona wurde das Hotel in bester Innenstadtlage für mehr als zwei Millionen Euro renoviert und der Brandschutz ertüchtigt. „Aber wenn 2021 wieder ein Totalausfall wird, wird es für unsere kleine Unternehmensgruppe eng - wie auch für die gesamte Branche. Große Hotelketten stoßen bereits einen Teil ihrer Häuser ab. Und der Tagungsmarkt wird sich wohl auch nach Corona in vielen Bereichen online abspielen. Denn die Firmen sehen momentan, dass es auch ohne Präsenzveranstaltungen funktioniert - und welche Kostenersparnis die digitalen Lösungen bringen können. Das hat dann allerdings schlimme Auswirkungen an anderer Stelle: Aktuell liegen mir mehr als zehn Bewerbungen von Auszubildenden vor, deren Betrieb nicht mehr weitermachen kann“, sagt Mathias Cron.
Etwas positiver bewertet die „Achat“-Gruppe die Lage ihres Hotels in Talhaus. „Wir haben für Geschäftsreisende geöffnet und wegen des Hockenheimrings wiederkehrende Buchungen von Teams und Firmen“, sagt Hoteldirektor Kerim Taskin. „Einige unserer Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, wodurch wir keine Entlassungen vornehmen mussten. Weil weiterhin unklar ist, wie sich die Pandemie und der Lockdown entwickeln, können wir aber nicht langfristig planen. Wir handeln also kurzfristig und passen uns den jeweiligen Bestimmungen an.“
Viele Anfragen von Stammgästen
Deutschlandweit seien Hotellerie und Gastronomie durch die staatlichen Verordnungen stark in ihrem Kerngeschäft eingeschränkt, teilweise würde es gar komplett verhindert. „Natürlich hat auch unser Haus mit diesen Umständen zu kämpfen“, sagt Kerim Taskin.
Vergleichsweise optimistisch blickt hingegen Richard Damian, Chef vom „Hotel Motodrom“, in die Zukunft. Im Haus direkt am Hockenheimring, das zu 100 Prozent der Stadt gehört und deshalb eine andere betriebswirtschaftliche Ausgangslage besitzt, sieht man Licht am Ende des Tunnels: Es gebe unzählige Anfragen von Stammbuchern und neuen Gästen. „Sobald die Verordnungen gelockert werden und wir diese in vollem Umfang bedienen können, werden wir wieder den Bereich der Rekordumsätze erreichen“, ist Richard Damian überzeugt. Dank des Rings gebe es auch derzeit schon eine gewisse Nachfrage: Durch Kleinveranstaltungen kann das „Hotel Motodrom“ einige Übernachtungen und Caterings im Fahrerlager verbuchen.
Die Hälfte des Umsatzes fehlt
Dennoch geht die Krise auch an dem stadteigenen Betrieb nicht spurlos vorbei. „Auf das ganze Jahr gerechnet, fehlt uns rund die Hälfte an Umsatz. Ein Großteil unserer Mitarbeiter ist seit über einem Jahr in Kurzarbeit und wird Monat für Monat situativ nach Bedarf eingeplant. Wir nutzen die Zeit, um unsere Mitarbeiter zu schulen, und stellen auch Auszubildende ein, um sie auf die Zeit nach Corona vorzubereiten“, erklärt Hoteldirektor Richard Damian.
Eine konkrete Perspektive sei allerdings trotz aller Hoffnungen auf ein Ende der Einschränkungen nicht möglich. „Wir mussten immerhin noch niemanden entlassen“, sagt Damian. „Aber wir haben auch keine Stellen nachbesetzt, wenn Mitarbeiter von sich aus im letzten Jahr gegangen sind.“
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