Belastung

Lärmthema auch in Hockenheims Partnerstadt: Wird es am Sachsenring leiser?

Die Lärmbelastung im Alltag, das ist nicht nur in Hockenheim ein Thema und Grund dafür, dass Bürger auf die Barrikaden gehen. Am Sachsenring in Hohenstein-Ernstthal wurde nun gerichtlich ein Kompromiss geschlossen.

Von 
Jürgen Gruler
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Das Thema Lärmbelastung ist auch beim Sachsenring stetig präsent – in der Hockenheimer Partnerstadt Hohenstein-Ernstthal wurde jetzt vor dem Verwaltungsgericht ein Kompromiss diesbezüglich geschlossen. © DPA

Hockenheim/Hohenstein-Ernstthal. In Hohenstein-Ernstthal am Sachsenring haben sich die Interessen der Anwohner damit weitgehend durchgesetzt. Es wurde ein umfangreicher Vergleich für einen besseren Lärmschutz für die Bürger beschlossen. Die Landesdirektion Sachsen (LDS) und das Verkehrssicherheitszentrum Sachsenring (VSZ) haben umfangreiche Maßnahmen zum Schutz der Anwohner verbindlich festgelegt. Verfahrensbeteiligter und Mitinitiator für die Interessen der Einwohner von Hohenstein-Ernstthal war der BUND-Landesverband Sachsen. Zuvor war der Sachsenring per Verfügung unter der sofortigen Vollziehung von der LDS verpflichtet worden, vier neue Schallmessorte einzurichten und die Richtwerte einzuhalten. Dagegen hatte der Ring geklagt.

Maßnahmen wie Schallschutzwände und Ruhetage werden am Sachsenring bald umgesetzt

Um der Gefahr einer erneuten formellen Anordnung zu entgehen, die unter Umständen den Weiterbetrieb des Sachsenrings maßgeblich hätte gefährden können, wurde dann im Oktober dieses Jahres ein Vergleich vor dem Verwaltungsgericht Chemnitz zwischen den Beteiligten geschlossen. Neben vielen ortsspezifischen Schallschutzmaßnahmen, wie dem Einbau von schallmindernden Dreifach-Verglasungen, der Errichtung von größeren, erweiterten und neuen Schallschutzwänden wurde sogar ein Ruhetag am Wochenende vereinbart. Wohlgemerkt nicht an Wochenenden, sondern im normalen Alltagsbetrieb.

Denn ähnlich wie dies auch von den Bürgern in Hockenheim bei der Gründung der Initiative gegen Lärm angeführt worden war, sind es nicht die großen Events und Rennen, die die Bürger stören, sondern der ständige Betrieb mit oftmals getunten oder knallenden und quietschenden Hobbyrennfahrern unter der Woche und an den Wochenenden – also sogenannten Privatrennen von Motorsportclubs und Freundeskreisen aus ganz Europa. Die Maßnahmen werden jetzt bereits verwirklicht, wie wir aus der Pressestelle des Sachsenrings erfahren haben.

Ruhetag an lärmender Rennstrecke

Aus der Masse der Auflagen ragt vor allem ein Ruhetag an den Wochenenden heraus, ohne den störenden Motorenlärm der Rennstrecke. Soweit die beschlossenen Auflagen nicht eingehalten und unverzüglich initiiert werden, behält sich die Aufsichts- und Genehmigungsbehörde LDS vor, weitere lärmmindernde Auflagen zu erteilen. Das wird aus Pressemitteilungen deutlich, die sowohl die Landesbehörde als auch der BUND nach dem Kompromissbeschluss herausgegeben haben.

Ziel der Anwohner und des BUND Sachsen war bei dieser Vorgehensweise, die Gesundheit der Anwohner zu schützen und die Lärmbelastung auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Weiter wird für einen konstruktiven Dialog plädiert. Der war allerdings im Vorfeld nicht gegeben. Vor allem der Oberbürgermeister von Hohenstein-Ernstthal Lars Kluge hatte sich für den Sachsenring stark gemacht und immer wieder von „wenigen Meckerern“ gesprochen. Auch die Anregung des SPD-Landtagsabgeordneten Frank Richter, der dem Petitionsausschuss angehört und bei einer Besichtigung des Gremiums vor Ort einen Runden Tisch und Kompromisse gefordert hatte, wurde nicht gefolgt. Die Anwohner vor Ort beklagten auch mehrfach öffentlich ein ambivalentes Verhalten des Oberbürgermeisters und ein mangelndes Interesse an der Gesundheit der Anrainer, die ja auch seine Bürger sind.

Die Landesregierung hat verstärkte Kontrollen - auch am Hockenheimring - angeordnet

Ähnlich wie am Hockenheimring, und am Salzburgring in Österreich, wo jetzt verstärkte Kontrollmaßnahmen von der Landesregierung angeordnet wurden und ein Bürgerdialog ins Rollen gebracht wurde, ging es auch in Hohenstein-Ernstthal den Lärmbetroffenen nicht um die Einstellung und das Verbot von Großveranstaltungen, Rennwettbewerben oder die Beibehaltung von Traditionsveranstaltungen wie den Motorrad-Grand-Prix mit teils über 200 000 Besuchern, sondern um die Reduktion und Einschränkung der Betriebszeiten und aus ihrer Sicht rücksichtslose Vermietungen bis in die Abendstunden und an den Wochenenden.

Diese hätten nichts mit Rennsport zu tun, sondern dienten ausschließlich dem Spaß von einigen wenigen Privilegierten. „Die Veranstalter und dieser Personenkreis zeigen kein Interesse für die Reduzierung des Lärms – obwohl dies technisch sehr einfach möglich wäre durch Schalldämpfer oder sogenannte „Clip on’s“, hieß es in der Begründung des BUND, mit denen die Umweltorganisation die Vorgehensweise begründet hatte.

BUND in Sachsen begrüßt Kompromiss

Der sächsische BUND-Landesvorsitzende Prof. Dr. Felix Ekardt begrüßte den Kompromiss ausdrücklich: „Das ist ein wichtiger Schritt. Wir werden die Situation weiterhin aufmerksam verfolgen und sicherstellen, dass die Maßnahmen wie vereinbart umgesetzt werden. Darüber hinaus plädieren wir dafür, dass wir gemeinsam mit dem Verkehrssicherheitszentrum und der Landesdirektion einen konstruktiven Dialog fortsetzen, um weiteren Lärmschutz zu entwickeln.“ Der Lärm muss künftig an sechs statt an zwei Punkten gemessen werden. Eine Lärmschutzwand wird verlängert und an einem Tag am Wochenende darf die Rennstrecke vom Fahrsicherheitszentrum nicht benutzt werden, sondern lediglich die Technikpiste für wirkliche Fahrsicherheitstraining.

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Am Salzburgring wird künftig das Land selbst die Lärmbelastung messen und zwar mit einem modernen neuen Verfahren, das bereits an der Tauernautobahn eingesetzt wird. Dort wird ein sogenannter „Noise Compass“ benutzt, der exakt die Richtung der Schallquelle erkundet und auch Störgeräusche wie Flugzeuge, Donner, Rasenmäher und ähnliches herausfiltern kann, heißt es in einer Pressemitteilung des Landes Salzburg. Aufgrund dieser Messergebnisse würden dann weitere Schutzmaßnahmen für die Anrainer geplant, heißt es da weiter.

Fragt man die dort Beteiligten nach einem Ratschlag, den sie Hockenheim geben würden, dann ist unisono zu hören: „Beschwerden ernst nehmen und sich zusammensetzen, um mit Experten Möglichkeiten zu besprechen, die beiden Seiten nützlich sind.“

Chefredaktion Jürgen Gruler ist Chefredakteur der Schwetzinger Zeitung.

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