Hockenheim. Heiße Liebe zum Konzept haben die Stellungnahmen der Fraktionen nicht verströmt, doch die Pflicht ist erfüllt: Der Gemeinderat hat am Mittwoch die kommunale Wärmeplanung für die Stadt Hockenheim beschlossen. Für Euphorie sahen die Sprecher keinen Anlass, die FDP, die das „weitere Bürokratiemonster“ ablehnte, sah die Bürger gar „stückchenweise entmündigt“. Oberbürgermeister Marcus Zeitler verwies auf umfassende Transparenz bei der Erarbeitung und sprach von einer „breiten Zustimmung aus der Bürgerschaft“.
Unstrittig wichtig ist das Ziel der Wärmeplanung, die nachhaltige, also klimaneutrale Wärmeversorgung Hockenheims bis 2040. Doch darauf haben Stadtverwaltung und Gemeinderat nur begrenzt Einfluss. Die entscheidende Rolle spielen die Bürger und deren Engagement – vor allem ihr finanzielles.
Aufbruchstimmung im Gremium nicht spürbar
Viel Skepsis klang in Markus Fuchs’ Stellungnahme im Namen der CDU an. „Wir benötigen dringend eine Aufbruchstimmung, nicht nur, aber insbesondere, wenn es um das Klima und die Umwelt geht. Und davon ist derzeit leider wenig zu spüren“, sagte der Fraktionsvorsitzende. Er ist überzeugt: „Das beste Konzept wird nicht helfen, wenn es uns nicht gelingt, alle Akteure ins Boot zu bringen.“ Die wichtigsten dieser Akteure seien die Hausbesitzer. Das Konzept selbst finde die volle Zustimmung der Union: „Es ist durchdacht, klar strukturiert und kann uns wirklich eine gute Hilfe sein.“
Gabi Horn (Freie Wähler) sprach von einer „enorm komplexen Aufgabe für die Kommunen“. Die Stadt habe nun einen Rahmen hinsichtlich der Maßnahmen, „was letztendlich umgesetzt wird, hängt von der Realisierbarkeit, aber auch der Finanzierbarkeit ab“. Horn verwies auf die teilweise sehr schwierigen Investitionsentscheidungen der Hausbesitzer, weil es Engpässe bei der Lieferung von Materialien und Anlagen gebe oder deren Einbau aufgrund der Beschaffenheit der Gebäude nicht sinnvoll oder zu teuer sei.
Grüne sehen "Licht am Horizont"
Für die Grünen sah Adolf Härdle optimistisch „Licht am Horizont“, sofern man sich auf das Konzept einlasse. „Wir sollten der kommunalen Wärmeplanung positiv gegenüberstehen und sie als Chance betrachten“, plädierte Härdle. Sie werde kein Sprint, sondern ein Marathon werden. Dass die fossilen Energieträger aktuell überwiegen, sei klar, hätten die Stadtwerke doch bis vor wenigen Jahren die Umstellung von Öl auf Gas gefördert.
Klar sei, dass die Blockheizkraftwerke der Stadtwerke nicht als Wärmeversorger dienen könnten, da sie mit Gas und somit nicht regenerativ betrieben werden. Eine Umstellung auf Wasserstoff sei wohl zu teuer für die Stadtwerke. Da bleibe wohl nur die Wärmepumpe – und die Beratung durch die Kliba.
„Die Hilfe, die wir bräuchten, wäre Geld“, erklärte SPD-Fraktionsvorsitzender Richard Zwick mit Blick auf den Gesetzgeber, von dem bislang nur Planungshilfe gekommen sei. Zwick hofft, dass die Wärmeplanung nicht zu den zahlreichen Hockenheimer Konzepten zählt, die in der Schublade verschwunden sind. Er hofft auf kreative Lösungen in der Kommune. Die Stadtwerke müssten eine wichtige Rolle in der Transformation spielen, doch die Schritte müssten auch finanzierbar sein.
FDP: Gemeinden und Bürger alleingelassen
Für die FDP stellte Frank Köcher-Hohn die Umsetzung der Wärmeplanung infrage, mit der „ein weiteres Bürokratiemonster auf die Bürger losgelassen“ worden sei. Eine vernünftige Infrastruktur sei nicht vorhanden, die Fernwärme sei nicht ausgebaut, hinter der Geothermie stehe noch ein großes Fragezeichen, Biomasse sei fragwürdig, da sie die Luft verschmutze.
Für die Wärmepumpe brauche man genügend Strom, der vor allem im Winter noch nicht schadstofffrei erzeugt werden könne, Solar- und Windenergie kämen nicht voran. Als Beispiel nannte Köcher-Hohn die Absage der 2022 vorgestellten Solarparkpläne auf der AVR-Deponie, weil diese nicht finanzierbar seien. „Es wäre sinnvoller gewesen, sich hier mehr Zeit zu lassen“, sagte der Liberalensprecher und ergänzte, die Gemeinden würden wieder alleingelassen. „Die Bürger werden stückchenweise immer mehr entmündigt und das Gesetz für die Wärmeplanung trägt dazu bei.“ Freiheit der Entscheidung und Überzeugung statt Verbote seien für die FDP der bessere Weg.
Einig waren sich die Fraktionen im Lob für den städtischen Klimaschutzmanager Dr. Philipp Wesche und die von der Stadt beauftragte Energielenker Projects GmbH, die das Konzept erstellt hatten. Anika Scherenberg von den Energielenkern stellte das „strategische Instrument“ in Grundzügen in der Sitzung vor. Sie verwies auf einen sehr hohen Anteil an Erdgas bei der Wärmeversorgung.
Zur nun beginnenden Umsetzungsphase zählte sie die Machbarkeitsstudien, in denen detailliert untersucht werde, wer sich an ein potenzielles Wärmenetz anschließen lasse, wie lang dieses sein muss und welche Wärmequellen zum Einsatz kommen können. Mit fünf bis zehn Jahren Bearbeitungs- und Umsetzungsdauer müsse man rechnen.
Die privaten Haushalte sind mit 68 Prozent die größte Gruppe der Wärmeenergieverbraucher vor der Wirtschaft (29 Prozent) und kommunalen Liegenschaften (drei Prozent). Mit 180 580 Megawattstunden im Jahr 2019 ist Erdgas der am häufigsten eingesetzte Energieträger vor Heizöl (49 538 Megawattstunden).
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