Grillhütte

Beschädigte Bäume in Oftersheim: Pflegemaßnahme statt Vandalismus

Es klingt paradox: Die sichtlich beschädigten Bäume an der Grillhütte dienen der Pflege des Waldes. Was es damit auf sich hat, dass es kein Vandalismus ist und welche Baumarten betroffen sind, haben wir zusammengefasst.

Von 
Lukas Heylmann
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Insgesamt sind es rund 15 Bäume, die die sichtlichen Beschädigungen an ihren Stämmen aufweisen. Viele Bürger sind von Vandalismus als Grund ausgegangen. © Heylmann

Oftersheim. Es ist ein desolates Bild, das sich derzeit eröffnet, wenn man die Bäume hinter der Oftersheimer Grillhütte betrachtet. Man muss nicht mal besonders nah hingehen – schon aus gut 20 Metern Entfernung fallen einem die gut 15 Bäume am Hang auf, denen knapp über dem Boden ein beträchtliches Stück Rinde fehlt.

Das ist auch den Oftersheimer Bürgern aufgefallen und hat dementsprechend für rege Diskussionen gesorgt, auch in der einschlägigen Facebook-Gruppe. Dort stellten die Nutzer vor allem zwei Thesen auf: Die Beschädigung könnte durch Tiere entstanden sein, beispielsweise Biber, oder durch ein Beil, wobei schnell ein Vandalismusverdacht aufkam.

Was auf laienhaften Blick hin willkürlich wirkt, ist in Wahrheit eine Maßnahme, die sich im Umgang mit unerwünschten Bäumen seit Jahren bewährt hat. © Heylmann

Eine Anfrage dieser Zeitung bei der Gemeinde widerspricht dem allerdings. Nach einer Begehung des Geländes und Rücksprache mit dem zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe (RPK) teilen Umwelt- und Bauamt nämlich mit, dass es sich um eine absichtliche Pflegemaßnahme gehandelt hat. Was paradox klingt, wird durch Erwähnung der Baumarten klarer: Robinien und Götterbäume. Und die sollen nicht etwa gepflegt werden, sondern der restliche Forst in dem Gebiet vor ihnen beschützt.

Bäume an Oftersheimer Grillhütte können nach drei bis vier Jahren gefällt werden

„Es handelt sich hierbei um eine Ringelung. Dabei wird ein mehrere Zentimeter breiter Streifen der Rinde am unteren Teil des Stammes ringförmig entfernt und somit die Leitungsbahnen des Baumes unterbrochen. Der Baum stirbt langsam ab und kann nach drei bis vier Jahren gefällt werden“, heißt es auf Anfrage von der Gemeinde.

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Detailfragen zu der Maßnahme beantwortet eine Pressesprecherin des RPK – auch dazu, was eigentlich das Problem mit Robinien und Götterbäumen ist. „Bereits seit vielen Jahren gehört die Bekämpfung dieser beiden nicht einheimischen Baumarten zu den typischen Pflegeaktivitäten für die Naturschutzgebiete auf Sand in Oftersheim und Sandhausen. Langfristiges Ziel ist es, diese beiden problematischen Gehölze aus dem Naturschutzgebiet zu entfernen“, so die Sprecherin. Jährlich würden im gesamten Naturschutzgebiet Oftersheimer Dünen rund 30 bis 40 Bäume für die Ringelung ausgewählt und nur solche von mindestens 20 Zentimetern Stammdurchmesser.

Robinien und Götterbäume breiten sich in Oftersheim stark aus

Es bestehe keine Möglichkeit, die Bäume natürlich absterben zu lassen, da sie den einheimischen Gewächsen Probleme verursachen. „Robinien und Götterbäume breiten sich überall auf Sandboden stark aus und sind sehr vital. Sie wachsen extrem dicht und verhindern, dass genug Licht auf den Waldboden für die lichtliebenden Sandspezialisten fällt, für die das Naturschutzgebiet ausgewiesen wurde. Zudem reichern Robinien mit ihren Wurzeln Stickstoff im Boden an. Damit verändern und verschlechtern sie den Standort für die Arten, die im Naturschutzgebiet geschützt werden sollen.“ Die Bäume, die in diesem Gebiet natürlich beschädigt und deshalb gefällt werden, seien überwiegend Kiefern.

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Obwohl eine flächendeckende Entfernung der beiden Baumarten nicht vorgesehen sei, wie es aus dem Regierungspräsidium heißt, handele es sich bei der Ringelung um eine bewährte Standardmaßnahme. „Seit vielen Jahren wird sie erfolgreich im gesamten Regierungsbezirk und auch in vielen anderen Teilen Europas vorgenommen. Die Pflegemaßnahmen finden überwiegend in Naturschutzgebieten statt und nur dort, wo seltene und stark bedrohte Arten unter dem Bewuchs von Robinien und Götterbäumen leiden“, erklärt die Sprecherin weiter.

Stoffe kommen nicht mehr bis zu den Wurzeln

Auch was genau bei der Ringelung eigentlich geschieht, ist vom Regierungspräsidium zu erfahren. „Dabei wird der Großteil der Leitungsbahnen auf Höhe von 30 Zentimeter im Bast des Baumstamms entfernt. Zunächst werden mit einer Motorsäge zwei Ringe in den Stamm gesägt und anschließend mit einer Axt die Rinde bis zu den Leitbahnen entfernt. Ein schmaler Steg wird dabei stehen gelassen.“

Auch vom Weg oberhalb der Grillhütte sind Bäume zu sehen, an denen Ringelung erfolgt ist. © Heylmann

Durch diese Maßnahmen würden weiterhin Nährstoffe aus den Wurzeln über den Steg in die Krone transportiert und dort für die Produktion von Blättern und Ästen verbraucht. Die von den Blättern durch Photosynthese gewonnenen Stoffe könnten hingegen nicht mehr in die Wurzeln gelangen und dort gespeichert werden. Die in den Wurzeln gespeicherten Nährstoffe würden daher nach und nach verbraucht.

Direktes Fällen der schädlichen Bäume unmöglich

Was nach recht viel Aufwand dafür klingt, einen Baum letztlich erst drei oder vier Jahre später fällen zu können, hat einen fachlichen Hintergrund. Denn eine unmittelbare Entfernung der unerwünschten Gewächse ist nicht möglich. „Würden die Bäume direkt gefällt, treiben sie mithilfe der in den Wurzeln gespeicherten Nährstoffe mit einer Vielzahl an Wurzelschossen wieder aus“, erläutert die RPK-Sprecherin. Die Bäume wären also im Grunde einfach wieder da.

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Eine andere Informationskultur, um den Vandalismusvermutungen oder weiteren Sorgen der Bürger zum Zustand des Waldes vorzubeugen, ist seitens des Regierungspräsidiums allerdings nicht vorgesehen. „Für umfangreiche Pflegemaßnahmen werden vom RPK Pressemitteilungen herausgegeben. Teilweise werden auch vor Ort temporäre Tafeln mit Informationen und Kontaktdaten aufgestellt“, heißt es aus Karlsruhe. Ein solcher Fall sei der vorliegende aber aus der dortigen Sicht gar nicht. „Für das Ringeln von Robinien, das in der Raumschaft seit rund 20 Jahren und teilweise auch unter Beteiligung lokaler Initiativen und mit begleitender Pressearbeit durchgeführt wird, hatten wir den Bedarf im Vorfeld nicht gesehen“, stellt die Sprecherin abschließend klar.

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