Hockenheim. Die Chancen, dass Christian Müller bei seiner Arbeit von einem Gefühl der Monotonie ereilt wird, sind verschwindend gering. Denn der 49-Jährige stellt sich als Leiter der Seelsorgeeinheit Hockenheim nicht nur einer für ihn neuen Aufgabe, auch in den äußeren Umständen ist der Wandel schon angelegt. Zum einen hat der Pfarrer nicht das Hockenheimer Pfarrhaus bezogen, da dort eine umfassende Sanierung ansteht, weshalb er sein Domizil in Reilingen hat. Zum anderen, weil sich mit der Kirchenentwicklung 2030 organisatorisch einiges ändern wird. Und dann hat Christian Müller auch selbst einige Pläne.
„Mir begegnet die erwartete Fülle an Themen“, antwortet der Geistliche mit Wurzeln im Saarland auf die Frage nach den ersten Eindrücken seit seiner Amtseinführung Anfang November. Hockenheim ist die erste Seelsorgeeinheit, die Müller leitet. Zuletzt war er ab 2017 als Diözesanjugendpfarrer im Erzbischöflichen Seelsorgeamt in Freiburg tätig gewesen, zuvor seit 2013 als Dekanatsjugendseelsorger im Dekanat Karlsruhe.
Neuer Pfarrer der Seelsorgeeinheit Hockenheim: Rasche Entscheidungen treffen
Das Leben der Gemeinde präsentiert sich dem Pfarrer von Anfang an in seiner Vielfalt. Das reicht von Weihnachtsgottesdiensten und dem Weihnachtsgruß für unsere Zeitung über Beerdigungen bis hin zu Verwaltungsaufgaben. „Ich muss die eine oder andere Entscheidung treffen, obwohl ich noch nicht die Zeit gefunden habe, mich mit den Themen auseinanderzusetzen“, sagt Christian Müller. Er hat den Eindruck, dabei komme ihm zugute, dass er aus einem demokratisch strukturierten Jugendverband kommt.
„Ich bin nicht so der Alleinherrscher, das ist nicht meine Auffassung vom Pfarrersein“, wiederholt der Seelsorger Aussagen aus seinem Einführungsgottesdienst. „Ich finde, man tut sich leichter, wenn man Entscheidungen breit aufstellt, dafür habe ich ein Pastoralteam und Gremien – und die beziehe ich auch ein.“
Neuer Pfarrer der Seelsorgeeinheit Hockenheim: Pfarrhaus erhält neue Aufteilung
Ein Beispiel sei die anstehende Sanierung des Pfarrhauses in Hockenheim. „Da hängen viele Fragen dran, die wir in ihrer Tragweite noch nicht beantworten können“, erklärt er. Eine sei beispielsweise, wie die Verwaltung der Gemeinde personell aufgestellt sein wird durch den Strukturprozess Kirchenentwicklung 2030. Für die neue Pfarrei werde es voraussichtlich eine zentrale Verwaltungsstelle innerhalb des Großgefüges geben – ob der Sitz in Hockenheim ist, sei offen.
Dass das Pfarrbüro künftig nicht mehr im Pfarrhaus, sondern gegenüber im Gemeindezentrum St. Christophorus zu finden sein wird, stehe dagegen schon fest. Noch nicht entschieden sei, was langfristig mit dem Reilinger Pfarrhaus passiert. Überlegungen und Entscheidungen stehen schließlich auch für die Gebäude in Altlußheim und Neulußheim an, nachdem klar ist, dass die Neubaupläne in Altlußheim nicht umsetzbar sind.
Mit der Umstellung von Pfarrei auf Seelsorgeeinheit vor rund 20 Jahren sei der aktuelle Prozess nur bedingt vergleichbar. Er wolle nicht sagen, die weitere Komprimierung sei nicht möglich, „aber ich habe meine Bedenken“, gibt Christian Müller zu: „Weil ich meine, dass Pastoral und Pfarrersein auch davon lebt, in Beziehung mit Menschen zu sein.“ Wie das in einem Sprengel auf dem Gebiet der jetzigen Seelsorgeeinheiten Hockenheim, Ketsch und Schwetzingen und möglicherweise zwei Pfarrern gehen solle, weiß er nicht.
Neuer Pfarrer der Seelsorgeeinheit Hockenheim: Ehrenamtliche nicht überlasten
Wesentlich dafür sei auch, wie sich die pastoralen Berufe weiterentwickeln – Pfarrer, Pastoralreferenten, Diakone und Gemeindereferenten, deren Studiengänge nicht überlaufen seien. „Unsere Ehrenamtlichen machen schon sehr viel und ich glaube, wir kommen an Grenzen“, findet der Pfarrer. In vielen Köpfen sei Kirche noch sehr „pfarrerbezogen“, auch wenn man sich davon schrittweise löse. Müller möchte Ehrenamtlichen „schon etwas zutrauen, ohne ihnen zu viel zuzumuten“. Der Wert einer Veranstaltung hänge nicht immer von der Anwesenheit eines Priesters ab: „Es gibt eine Vielfalt von Feierformen.“
Er habe es als sehr wohltuend wahrgenommen, dass seine Kolleginnen und Kollegen in der Seelsorgeeinheit alle mitdenken, sich gegenseitig auf Dinge hinweisen und einander Aufgaben abnehmen. Das habe ihn beispielsweise vor Weihnachten bei den Krankenbesuchen entlastet – „so stelle ich mir ein gutes Miteinander vor“.
Der Theologe, der vor seinem Studium zunächst ein Krankenpflegeexamen in Freiburg ablegte und in der Pflege arbeitete, ist der Auffassung, dass die Zugangswege zum Priesteramt verändert werden sollte, glaubt aber nicht, „dass das die Lösung aller Probleme ist“. Er persönlich kann sich auch Frauen und Verheiratete in dem Amt vorstellen und hält eine Entscheidung in diesen Fragen für überfällig. „Manches kann nicht so lange aufgeschoben werden – um der Botschaft willen.“
Um die gute Botschaft, die die Kirche habe, unter die Menschen zu bringen, brauche es Beziehungen, Begegnungen und Menschen, die dafür einstehen. Er glaubt, den Menschen geht langsam die Geduld aus und kann das nachvollziehen. Fast täglich unterschreibe er Kirchenaustritte. Was der neuen Pfarrer freut: Zehn Jugendliche, durchweg Firmlinge des jüngsten Jahrgangs, haben einen Gruppenleiterkurs gemacht.
Die Offenheit, die in solchen Sätzen steckt, hatte Christian Müller nach eigenen Worten schon immer, auch wenn ihn die Arbeit als Jugendpfarrer sicher noch geprägt und herausgefordert haben. Die Tätigkeit in der Krankenpflege habe ihn geerdet, glaubt er.
Neuer Pfarrer der Seelsorgeeinheit Hockenheim: Platz in Kirche gewechselt
Sanfte Veränderungen hat er nach gut zwei Monaten im Amt schon eingeleitet. Einmal im Monat an einem Dienstagabend feiert er einen Gedächtnisgottesdienst für die Verstorbenen – im Wechsel in den Kirchen der Seelsorgeeinheit. In Reilingen hat er die Sitzordnung im Chorraum der Wendelinskirche verändert. Den Platz des Priesters auf einem zusätzlichen Holzpodest fand er nicht angemessen. Das Podest wurde entfernt, er sitzt jetzt etwas nach rechts versetzt: „Es geht ja nicht um mich.
Müllers Wunsch ist, langfristig einen Kantorendienst aufzubauen mit Menschen, die bereit sind, im Gottesdienst vorzusingen. Einzelne Interessenten gebe es schon. In der Seelsorgeeinheit singe aktuell nur ein Organist vor. Lektoren- und Kommunionhelferdienste sind dagegen bereits etabliert.
Verantwortlich ist Pfarrer Christian Müller für die Seelsorge von rund 11 300 Katholiken in den drei Gemeinden Hockenheim St. Georg, Reilingen St. Wendelin und Neulußheim St. Nikolaus. Zum „Bauherr“ wird er voraussichtlich im März. Ende des Jahres würde er dann gerne ins sanierte Hockenheimer Pfarrhaus umziehen.
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