Hockenheim. Kein Konzert auf dem Hockenheimring hat die Besucher zu so vielen Reaktionen über ihre Erfahrungen bewegt wie das von Bruce Springsteen und der E Street Band. Täglich kommen Rückmeldungen auf unsere Berichterstattung per E-Mail an. Die meisten enthalten konkrete Kritik an der Organisation, manche schildern aber auch andere Erfahrungen. In einigen wird die Forderung erhoben, auf Veranstaltungen in der Größenordnung des Springsteen-Konzerts zu verzichten.
„Ich kann nicht zum Mond fliegen und der Hockenheimring kann keine Veranstaltung mit 80 000 Besuchern. Das sind die Fakten“, ist Stephan Meindel überzeugt, der am Freitag aus der Nähe von München anreiste und für die 300 Kilometer sieben Stunden brauchte. 30 Minuten habe er bei Augsburg verloren, der Rest gehte auf die Rechnung der A 6. Bei der Ausfahrt vom Parkplatz an der Rennstrecke, dessen Nutzung 50 Euro kostete, habe er fast zwei Stunden gebraucht.
Meindel vergleicht das Konzert in Hockenheim mit dem in München zwei Tage später: „Alles lief perfekt. Geparkt in der BMW-Welt (Tageshöchstsatz 19 Euro für ein supergepflegtes Parkhaus inklusive sauberen Toiletten, es gab aber auch günstigere), kurzer Weg ins Stadion, die Ausfahrt nach dem Konzert aus dem Parkhaus hat 20 Minuten gedauert.“
Gast aus Sachsen zu Springsteen-Konzert am Hockenheimring: „Alles bestens funktioniert“
Eine noch weitere Strecke für die Anreise, aber weniger Probleme hatte Uwe Girbig nach eigener Schilderung. Er wohnt 500 Kilometer von Hockenheim entfernt in Hartha in Sachsen. „Wir sind morgens um 8 Uhr mit dem Pkw gestartet und waren mit Pausen über die A 4, A 7, A 66 über Frankfurt um zirka 14.30 Uhr auf dem Parkplatz P1. Nach etwa 30 Minuten Fußmarsch hatten wir das Konzertgelände erreicht. Übernachtet haben wir nicht, da waren uns die Preise zu hoch. Nach dem Konzert verlief die Abfahrt vom Konzertgelände auch reibungslos. Es war durch Ordner und Polizei alles gut organisiert. Somit waren wir relativ schnell auf der Autobahn.“
Der Veranstalter habe ihn und seine Mitfahrer zweimal vorher per Mail ausführlich und detailliert auf die zu erwartende Verkehrssituation hingewiesen. „Somit konnten wir gut planen. Im Ergebnis hat alles bestens funktioniert. Ich habe Hockenheim schon zweimal bei Events der Böhsen Onkelz erlebt. Auch da war alles vom Feinsten organisiert. Der Hockenheimring ist immer einen Konzertbesuch wert“, lautet Uwe Girbigs Urteil.
Dass der Verkehrskollaps rund um den Hockenheimring auch zahllose Menschen betrifft, die kein Interesse am Konzert haben, hebt Richard Heissler aus Neulußheim hervor: „Von Mannheim aus war der Ort am Freitagnachmittag praktisch nicht mehr zu erreichen.“ Der Rückstau hat sich über die B 39 auf die A 6 und dort bis zum Viernheimer Kreuz, also über eine Länge von knapp 30 Kilometer gezogen.
Nur mit Verkehrskonzept noch mal an den Hockenheimring
Neben Anwohnern der Hockenheim umgebenden Gemeinden seien dadurch auch viele andere Menschen betroffen gewesen wie Urlauber, Wochenendpendler und der Berufskraftverkehr. „Diese haben hohe Zeitverluste von sicherlich nicht selten mehreren Stunden erlitten. Züge sind wegen des hohen Besucheraufkommens und fehlenden Veranstaltungszügen nicht mehr nutzbar“, schildert Heissler.
Es gehe ihm nicht um die Verhinderung von Veranstaltungen auf dem Hockenheimring, unterstreicht der Neulußheimer. „Aber die Abwicklung darf nie mehr wie bisher erfolgen. Die materiellen und immateriellen Folgen und Kosten von 80 000 Besuchern kann doch nicht mehreren Hunderttausend Unbeteiligten auferlegt werden und deren Lebensqualität derart beeinträchtigen.“ Heissler fordert ein tragfähiges Verkehrskonzept oder andernfalls keine Genehmigung für solche Veranstaltungen durch die Behörden.
Marlies Böcker-Stastny aus Hockenheim hält ebenfalls nichts von Vorschlägen, den Ring nicht mehr für Events in den Dimensionen von Springsteen, Sheeran oder AC/DC zu nutzen: „Will Hockenheim in eine Schlafstadt zurückfallen? Ohne Formel 1 und Großkonzerte würde man die Stadt überhaupt nicht kennen.“ Sie glaubt, die Ring GmbH hätte die Organisation des Parkens besser in den Griff bekommen als der Veranstalter.
Dagegen schreibt Volker Mews aus Korschenbroich am Niederrhein: „Nein, lieber Hockenheimring, lasst es bitte einfach sein – ihr könnt es nicht!“ Mews übt Kritik an den Tribünenplätzen, die „absolut nicht geeignet sind für solch ein Event.“ Das Publikum sitze dort schlichtweg viel zu weit weg von der Bühne. Für die Einweisung hätten Ordner gefehlt. Die Verfolgung des Konzerts über die LED-Schirme habe unter der Tonverzögerung von zirka einer Sekunde während des gesamten Abends gelitten.
Rollstuhlfahrer bei Springsteen-Konzert in Hockenheim schlecht bedient
Unzufrieden äußert sich Volker Mews auch über die aus seiner Sicht schlechte Berücksichtigung von Konzertbesuchern mit Behinderung. Dass für Rollstuhlfahrer die Nutzung der Aufzüge zwingend erforderlich ist, habe das Personal offenbar nicht gewusst, und die Entfernung des Premium-Parkplatzes von der Tribüne sei zu groß gewesen.
Über die Aufarbeitung der Erfahrungen vom Freitag berichten wir weiter.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Konzerte der Kategorie Springsteen in Hockenheim: Fantasie statt Frust