Ketsch. Für Marcel Henke gehört das Backfischfest fest zum Jahresprogramm: Seit 15 Jahren wohnt er ganz in der Nähe des Festplatzes im Bruch. „Meine Frau und ihre Mutter sind mit dem Backfischfest sogar aufgewachsen. In all den Jahren hat sich eine tiefe Freundschaft zu den Schaustellern und Markthändlern entwickelt, auch das restliche Jahr über. Umso schmerzhafter war es zu erfahren, dass viele dieses Jahr das Ketscher Backfischfest nicht mehr besuchen wollen“, erzählt Marcel Henke, der sich mit seinem Anliegen bei unserer Zeitung gemeldet hat.
Grund seien „die ständigen Änderungen“ des Angelsportvereins (ASV) und der Backfischfest GmbH in den letzten Jahren. „Die Händler wurden immer wieder umplatziert, zwei Jahre lang gab es sogar die katastrophale ,Marktmeile’ auf dem Parkplatz abseits des Festgeländes. Im letzten Jahr gab es dann unübersehbar große Lücken zwischen den Ständen und einzelne Schausteller, die noch während der zehn Tage wieder abgereist sind“, sagt Marcel Henke.
Der Ketscher sieht inzwischen die Traditionen und das Backfischfest als Ganzes gefährdet. „Durch die Absagen bekommt der ASV die Quittung für das Chaos der letzten Jahre, aber gleichzeitig wird das Fest auch immer unattraktiver“, beklagt Marcel Henke.
Ärger bei Schaustellern des Ketscher Backfischfests: „Wir waren 13 Jahre dabei“
Die Vorwürfe des Ketschers decken sich mit den Aussagen der Oftersheimer Markthändler Rosi und Siegfried Wittner, die bereits im vergangenen Jahr keinen Stand mehr im Bruch bekommen hatten - nach knapp 30 Jahren treuer Teilnahme am Backfischfest (wir berichteten). 2022 fehlte im Bruch außerdem Manfred Blaha mit seinem auf Edelsteine spezialisierten Stand. „Wir waren 13 Jahre dabei und es war immer schön - wir waren wie eine große Familie. Aber leider hat sich vieles geändert,“ beklagt Manfred Blaha.
Mit der Marktmeile habe der Ärger angefangen, im ersten Jahr sei es die absolute Katastrophe gewesen. „Da fuhren die Autos direkt an unseren Ständen vorbei und keiner hat uns da draußen gefunden“, sagt Manfred Blaha.
Wie die Verantwortlichen auf diese Idee kommen konnten, sei ihm bis heute ein Rätsel. „Und im darauffolgenden Jahr gab es zwar Verbesserungen, aber nur in ganz kleinen Schritten. Anscheinend wollte man uns schlicht nicht mehr auf dem Festplatz haben.“
Schausteller kommen nicht mehr zum Ketscher Backfischfest:
Beim Nach-Corona-Neustart habe er dann nicht mehr mitgemacht, zu groß seien seine Verluste zuvor gewesen. „Das Platzgeld ist für manche Händler über die Jahre vervierfacht worden, hinzu kommen noch Nebenkosten wie der Strom. Von der ursprünglichen guten Zusammenarbeit mit dem ASV ist leider nicht mehr viel übrig geblieben. Solange sich daran nichts ändert, kommen wir nicht mehr nach Ketsch“, sagt Manfred Blaha.
Auch auf das beliebte Schaumeis werden die Backfischfestbesucher künftig wohl verzichten müssen. „Wir haben zweimal mächtig draufgelegt, teilweise hatten wir nur den halben Umsatz bei gleichzeitig steigenden Kosten - da mussten wir die Reißleine ziehen“, sagt Jessica Koch von den Schaustellerbetrieben Christian Koch. Mit ihrem großen Eiswagen und ihren selbstproduzierten Spezialitäten war sie seit 2009 immer auf dem Ketscher Backfischfest dabei, den Wagen selbst gab es dort sogar schon mehr als 40 Jahre. „Es ist sehr schade, dass diese Tradition endet, aber nach den Problemen mit dem ASV mache ich da nicht mehr mit“, sagt Jessica Koch mit einiger Wut in der Stimme.
2019 habe sie plötzlich einen neuen Standort zugewiesen bekommen, nachdem sie zuvor immer auf ihrem Stammplatz habe stehen können. „Durch die Änderung waren wir ab vom Schuss und außerdem zwischen Bierständen und anderen Attraktionen, die für Familien wenig anziehend sind. Deshalb kamen deutlich weniger Besucher vorbei“, erzählt Jessica Koch.
Sie habe daraufhin das direkte Gespräch mit dem Vorstand des ASV und der Backfischfest GmbH gesucht - und dort sei ihr zugesichert worden, dass beim nächsten Mal wieder der angestammte Stellplatz möglich sei.
Schausteller wegen Ketscher Backfischfest sauer: Existenzgefährdende Zeit
Doch dann kamen Corona und die zweijährige Volksfestpause. Eine harte, existenzgefährdende Zeit für viele Schausteller und Markthändler. Mit entsprechend großen Hoffnungen kam Jessica Koch deshalb zum Neustart des Backfischfests im vergangenen Jahr - und fand sich mit ihrem Wagen wieder an einem aus ihrer Sicht ungünstigen neuen Standort. „Da gab es sogar Probleme mit dem Stromanschluss, sodass mir im Hochsommer fast mein Eis weggeschmolzen wäre“, sagt die Händlerin.
„Wir machen unsere Spezialitäten selbst und haben wirklich viel Arbeit - aber für uns Händler interessiert sich beim Backfischfest keiner der Verantwortlichen mehr“, beklagt Jessica Koch. Mit dem Wechsel des Platzwarts vor wenigen Jahren seien wohl neue Schwerpunkte gesetzt worden, vermutet sie. „Uns langjährige Händler will man wohl vergraulen.“
Beim ASV und der Backfischfest GmbH treffen diese heftigen Vorwürfe allerdings auf breites Unverständnis. „Jedes Jahr sind wir bemüht, unseren Festbesuchern ein attraktives und vielfältiges Ketscher Backfischfest anzubieten. Dazu gehört zusätzlich zum Festzelt natürlich eine Vergnügungsmeile, die zum Schlendern, zum Verweilen und zum Rundgang einladen soll. Dies zu organisieren, ist eine sehr komplexe Aufgabe, zumal wenn kurzfristige Absagen den abgeschlossenen Aufstellungsplan über den Haufen werfen“, sagt Claus Heim, Geschäftsführer der Ketscher Backfischfest GmbH. Dennoch sei der Festplatz 2022 voll belegt gewesen.
Ärger um Backfischfest-Schausteller – Platzwart Jens Fritscher meint: „Wir gehen auf Wünsche ein“
Um diese Attraktivität zu erreichen, werde die Platzbelegung gemeinsam mit den bewerbenden Schaustellern und Markthändlern geplant, wobei die Art und Größe der Betriebe und die Platzverhältnisse berücksichtigt werden müssten. „Dabei gehen wir nach Möglichkeit auf die Wünsche unserer teilnehmenden Partner ein“, ergänzt Platzwart Jens Fritscher.
Dabei gebe es nicht nur persönliche Gespräche, sondern seit einigen Jahren auch wieder spezielle Schaustellertreffen zu Beginn des Festes. „Für die dort gesammelten Anregungen und Wünsche sind wir sehr dankbar - und diese werden von uns auch in die Planung übernommen. So war zum Beispiel die Errichtung der Marktmeile eine Empfehlung aus eben diesem Schaustellertreff“, betont BFF-Geschäftsführer Claus Heim.
Moderate Kostenanpassung beim Ketscher Backfischfest
Auch bei den gestiegenen Kosten können die Verantwortlichen des Backfischfestes die Vorwürfe nicht nachvollziehen. „Natürlich steigen die Betriebskosten eines solchen Festes mit den Jahren, und wir müssen sie auch zum Teil weitergeben - nicht nur an die Schaustellerbetriebe. Das geschieht aber immer moderat und mit Fingerspitzengefühl und dient letztlich dem Erhalt des Ketscher Backfischfestes. Das gilt für die Strompreise wie für die Standmiete und deren Nebenkosten. Eine drastische Erhöhung gab es zu keiner Zeit“, sagt Geschäftsführer Claus Heim mit Nachdruck.
„Im Gegenteil: Wir haben unsere Strompreise seit 2004 konstant gehalten - auch im letzten Jahr, trotz der Entwicklung auf dem Strommarkt.“ Aus Sicht der Backfischfest GmbH sei es bei so einer komplexen Veranstaltung grundsätzlich für alle Beteiligten notwendig, auch einmal Kompromisse einzugehen.
„Wir würden es deshalb begrüßen, wenn wir für die Sorgen und Nöte in einem direkten Gespräch Lösungen finden könnten. Unsere Kontaktdaten und Ansprechpartner sind ja allen bekannt“, sagt Geschäftsführer Claus Heim.
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