Plage

Asiatische Tigermücke am Oberrhein bereitet Sorgen

Am Oberrhein herrscht sonniges und trockenes Wetter nach heftigen Regenfällen und Überflutungen. Die Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage hat erfolgreich Maßnahmen ergriffen. Nun richtet sich der Fokus auf die Bekämpfung der Asiatischen Tigermücke, die Krankheiten übertragen kann. Die Bevölkerung wird aufgefordert, Hinweise auf mögliche Populationen zu melden und Brutstätten zu vermeiden.

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Volker Widdrat
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In einer Plastikplane steht Wasser, das ist ideal für die Tigermücken für die Eiablage. © Widdrat

Ketsch. Am Oberrhein ist es derzeit sonnig und trocken. Die Temperaturen liegen bei etwa 25 Grad Celsius. Regen ist nicht in Sicht. Anders sah das noch im Mai aus. Stetige Regenfälle führten zu großflächigen Überflutungen. Durch die ergiebigen Niederschläge zogen sich die Hochwasserwellen, die erste am 12. und 13. Mai, in die Länge. Viele Larven der Stechmücken – in der Kurpfalz Rheinschnaken genannt, in Bayern heißen sie Stanzen, der österreichische Ausdruck ist Gelsen – konnten in den erstmals gefluteten Brutstätten der höheren Ebenen schlüpfen. Eine weitere, noch höhere Hochwasserspitze am 18. und 19. Mai sorgte zusätzlich für einen deutlich höheren Schlupf.

Die Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (Kabs), ein eingetragener und als gemeinnützig anerkannter Verein mit dem Ziel, die Schnakenplage mit ökologisch vertretbaren Maßnahmen einzudämmen, musste mit einem arbeitsintensiven Einsatz beginnen. Drei Hubschrauber waren über den sehr großen Flächen der Brutstätten unterwegs. Offensichtlich mit Erfolg.

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Ketsch: Der Tigermücke den Kampf angesagt

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„Sonst könnten wir hier nicht so stehen“, sagt Hans Jerrentrup von der Kabs, als wir uns mit ihm und dem wissenschaftlichen Direktor Dirk Reichle auf der Brücke über dem Altrhein treffen. Der Wirkstoff ist ein Eiweißkristall, das aus dem bodenlebendem „Bacillus thuringiensis israelensis“ (Bti) gewonnen wird. Er wird mit Eisgranulat, Sand oder Öl mit dem Hubschrauber auf die entsprechenden Wasserflächen und Überschwemmungsgebiete ausgebracht. Die Kristallproteine werden als Nahrung aufgenommen und im Darm der Mücke in einzelne Toxine aufgespalten.

Asiatische Tigermücke aus Südostasien nach Deutschland eingeschleppt

Unser Thema an diesem Tag am Altrhein ist aber die Asiatische Tigermücke. Diplom-Biologe Jerrentrup hatte im vergangenen Jahr im Gemeinderat über das aggressive und ausdauernde Stechverhalten des Insekts und dessen Bekämpfung berichtet. Die Tigermücke kann Krankheiten wie Dengue- oder Chikungunya-Fieber übertragen. Sie ist die weltweit wichtigste invasive Stechmückenart und stammt ursprünglich aus Südostasien.

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Sie ist stark an den Menschen angepasst und bereits in 27 Ländern Europas angesiedelt. Sie ist tagaktiv und sehr belästigend, sticht in einem Umkreis von 100 bis 120 Metern rund um ihren Schlupfort. Ihre Brutstätten liegen allerdings nicht in der Auenlandschaft der Altrheininsel, sondern im Wohngebiet der Enderlegemeinde, zeigt Jerrentrup eine Karte über die Bekämpfung des vergangenen Jahres. Mit vielen positiven und negativen Stichproben, Bürgermeldungen sowie zahlreichen positiven und negativen Fällen.

Knapp 200 Hektar werden von der Kabs in Ketsch bereits bearbeitet. Die Aktionsgemeinschaft betreibt ein Überwachungsnetzwerk mit Eiablagefallen in ihren Mitgliedsgemeinden und installiert verschiedene Typen von Stechmückenfallen. Darüber hinaus bietet sie Informationsmaterialien an und möchte möglichst alle Brutstätten mit dem biologischen Wirkstoff behandeln, erläutert Dirk Reichle. Dabei sei das Einverständnis der Grundstückseigentümer erforderlich, sagt der Diplom-Biologe und lobt die enge Zusammenarbeit mit den betroffenen Gemeinden und den verantwortlichen Behörden.

Tigermücke nervt in Ketsch und Umgebung den ganzen Tag über

Der Kabs gehören knapp 100 Gemeinden an. Ketsch hat die größte Tigermückenpopulation von allen. Bürger können die Früherkennung neuer Populationen unterstützen, indem sie auffällige Stechmücken melden. Die Asiatische Tigermücke ist kleiner als eine Ein-Cent-Münze und hat als Erkennungsmerkmal einen Streifen silberweißer Schuppen, der mittig über den Kopf und den Halsschild bis zum Flügelansatz reicht. Sie sei nicht nur dämmerungsaktiv, sondern fliege und steche über den ganzen Tag, beschreibt Jerrentrup den aggressiven Quälgeist.

Wissenschaftlicher Direktor Dirk Reichle (l.) und Diplom-Biologe Hans Jerrentrup von der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Stechmücken (Kabs) an der Brücke zur Rheininsel in Ketsch. Dort gibt es zwar keine Tigermücken, aber die sogenannten Rheinschnaken. © Widdrat

Die Tigermücke bringt trockenresistente und kältetolerante Eier hervor, die auch Trockenperioden im Sommer und Frostphasen im Winter überstehen. Sie stechen gerne Menschen und andere Säugetiere, aber auch Vögel, Amphibien und Reptilien.

Anfang der 1990er Jahre verbreitete sich die Tigermücke mithilfe von Autos, Lastwagen und Fähren zunächst entlang des Mittelmeeres. In Deutschland wurde „Aedes albopictus“ erstmals 2007 an einem Rastplatz an der Autobahn 5 in der Nähe von Bad Bellingen nachgewiesen. Im Sommer 2015 kam es in einer Kleingartenanlage in Freiburg zur ersten größeren Ansiedelung, ein paar Monate später wurde sie im Stadtgebiet von Heidelberg entdeckt.

Die Tigermücke nutzt zur Eiablage nahezu jegliche Wasseransammlungen in Höfen und Gärten. Das Weibchen sucht nach der Paarung und nach jeder Eiablage einen Blutwirt. Es klebt seine Eier an die Innenwand von wasserenthaltenden Gefäßen oberhalb der Wasserlinie. Dort können die Eier auch überwintern. Werden die Eier nach einem Anstieg des Wassers überflutet, schlüpfen die Larven. Warme Temperaturen beschleunigen ihre Entwicklungszeit.

Regentonnen sind die häufigsten und wichtigsten Massenbrutstätten. Große Wassertanks ebenso. In Sonnenschirmständern sammelt sich Regenwasser, das zieht die Stechmücken an. Auch herumliegendes Kinderspielzeug, das länger nicht benutzt wird, kann als Brutstätte dienen. Untersetzer von Blumentöpfen sind Brutstätten und in offenen Rohren sammelt sich ebenso Wasser. Gießkannen zählen zu den häufigsten Brutstätten, sie sollten ungefüllt auf dem Kopf gelagert werden. Verstopfte Regenrinnen sollten gereinigt werden. Hofgullys und Entwässerungsrinnen gehören zu den versteckten Brutstätten.

Regentonnen abdecken um Brutstätten zu verhindern

Auch kleinste Wasseransammlungen sollten verschlossen, entleert, beseitigt oder komplett vermieden werden, empfehlen die Kabs-Experten. „Wer in den Urlaub fährt, sollte nicht vergessen, beispielsweise die Wassertonne abzudecken“, rät Jerrentrup dringend. Denn ohne geeignete Brutstätten könne sich die Asiatische Tigermücke vor Ort nicht ansiedeln.

Der Bottich mit dem Bti-Granulat hängt am Hubschrauber, der zur Bekämpfung der Stechmücken startet. © Widdrat

Die Wahrscheinlichkeit, dass es in der Kurpfalz zur Krankheitsübertragung durch die Asiatische Tigermücke komme, sei zwar noch recht gering, aber die Wahrscheinlichkeit steige, je wärmer die Sommermonate und je größer die Populationen der Stechmücken werden.

Je früher eine Population entdeckt wird, desto besser könne gegen sie vorgegangen werden. Dabei sei man auch auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen, appelliert Reichle, „uns auf die Grundstücke zu lassen. Wir helfen durch die Bekämpfung an allen relevanten Standorten, dass sich die Populationen nicht so rasch vermehren“.

Info: Informationen und Kontakt Task-Force „Tigermücke“: www.kabsev.de/albopictus. Asiatische Tigermücke können per E-Mail an tigermuecke@kabsev.de gemeldet werden.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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