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Die Dorfpride zieht bunt und que(e)r durch den Ortskern von Ketsch

Knapp 1000 Menschen finden den Weg nach Ketsch, um bei der Dorfpride mit bunten Outfits, Bannern und Schildern ein Zeichen für Freiheit und Toleranz zu setzen.

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Catharina Zelt
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Knapp 1000 Menschen nehmen an der bunten Parade in Ketsch teil, um ein Zeichen für Vielfalt, Freiheit und Toleranz zu setzen. © Drees

Ketsch. Laute Musik dröhnt durch die Straßen, während hunderte Menschen in bunten Outfits ausgelassen den geschmückten Wagen der fünften Dorfpride folgen. Sie singen die Lieder mit, tanzen und lachen. Einige von ihnen halten Banner oder Schildern in den Händen. „Lasst uns einfach lieben“ steht auf einem davon in weißer Schrift.

Was auf den ersten Blick wie eine fröhliche Party wirkt, hat einen ernsten Hintergrund: Rund 800 bis 1000 Menschen demonstrierten laut Angaben der Organisationsteams am Samstag in Ketsch für die Rechte von Schwulen, Lesbischen, Transpersonen und sonstigen Angehörigen der LGBTQ+-Community. Die Dorfpride hat im Rhein-Neckar-Kreis ihren Ursprung in Mühlhausen, wo 2020 zum ersten Mal hunderte Menschen für Akzeptanz und Toleranz auf die Straße gingen.

Auch in Kommunen wie Ketsch: Dorfpride steht für Sichtbarkeit der LGBTQ+-Community

Auslöser, erklärte Mitorganisatorin Vanessa Seidel eingangs bei der Kundgebung auf dem Marktplatz, seien Bedrohungen und Anfeindungen gegen eine Freundin und Transperson gewesen. Die Dorfpride möchte dabei vor allem im ländlichen Raum Sichtbarkeit der queeren Community zeigen.

„Wir fordern Respekt und gleiche Rechte, die uns schützen, wie alle anderen auch, vor rechtsextremen, undemokratischen und gewaltvollen Menschen“, machte Patrick Alberti, Teil des Organisationsteams, deutlich.

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Die Dorfpride zieht bunt und friedlich durch Ketsch

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Die Dorfpride richte sich daher nicht ausschließlich an queere Menschen, sondern an alle, die von Diskriminierung betroffen seien. Sarah Kinzebach sprach das aktuell verabschiedete Selbstbestimmungsgesetz an: „Zwar begrüßen wir alle die Erleichterungen, die es mit sich bringt, aber leider finden sich doch gleich eine ganze Reihe von queerfeindlichen Narrativen darin.“

Dorfpride in Ketsch: Ein Zeichen gegen Hass und Hetze

„Es gibt regelmäßig Angriffe auf die queere Community. Es gibt ungezügelten Hass im Netz, Drohungen gegen uns und unsere Fahne. Die Regenbogenfahne wird abgelehnt, heruntergerissen und versucht zu verbrennen“, erklärte Susanne Hun.

Auch in Ketsch habe es zuvor Stimmen gegeben, die sich kritisch gegen die geplante Dorfpride geäußert haben, wie Julian Raddatz (SPD) später berichtete. Deswegen brauche es ein gezieltes Vorgehen gegen Gewalt an queeren Menschen und Präventionsarbeit. „Es braucht Beratungsstellen — und zwar überall, nicht nur in den großen Städten“, forderte Hun.

Bürgermeister Timo Wangler hob in seiner Ansprache die Werte Toleranz, Offenheit und Gleichheit deutlich hervor, „die eine moderne und liberale Gesellschaft ausmachen“. „Wir müssen aufhören, nur in schwarz und weiß zu denken“, führte er aus.

FDP-Bundestagsabgeordneter ist bei Dorfpride in Ketsch vor Ort

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Dr. Jens Brandenburg erwähnte die Angriffe, denen Mitglieder der LGBTQ+-Community regelmäßig ausgesetzt sind. Dem wolle man entgegenwirken, auch auf politischer Ebene. So seien die Maßnahmen bei Strafkriminalität gegenüber queeren Menschen verschärft worden. Darüber hinaus sei das Blutspendeverbot für homosexuelle Männer aufgehoben worden. „Endlich, denn Blut ist Blut“, sagte Brandenburg. „Gleichermaßen gibt es noch viel zu tun“, fügte er hinzu und nannte als Beispiel das Familienrecht.

Mit Regenbogenflaggen, bunten Outfits und Trillerpfeifen setzten die Demonstrierenden anschließend ein Zeichen für die Vielfalt. An der Veranstaltung beteiligt waren zahlreiche Vereine, Organisationen und Gruppierungen aus der Region.

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Rund 1000 Menschen nehmen bei der Dorfpride in Ketsch teil

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So informierte die Initiative Regebogenfamilien „Ilse“ an einem Stand über ihre Tätigkeit und hatte eine bunte Einhorn-Hüpfburg im Gepäck, die die jüngsten Besucher gerne nutzten. Der queere Dorf-Stammtisch bietet ein Netzwerk für Menschen, die sich mit anderen Mitgliedern der LGBTQ+-Community austauschen möchten, und suchte auf der Dorfpride Gleichgesinnte.

Dorfpride in Ketsch: Auch Amnesty International ist mit einem Stand dabei

Amnesty International, die katholische Kirchengemeinde Brühl-Ketsch, die „Rainbow City Kids Heidelberg“ sowie die „RosaKehlchen“ – ein Chor von schwulen Männern – waren ebenfalls dabei. Die örtliche SPD bot zusammen mit ihren Jusos Kaffee, Kuchen und kalte Getränke an.

Das „PLUS“ machte auf seine psychosozialen Angebote für lesbische, schwule, bisexuelle, asexuelle und queere Menschen, ihre Angehörigen und Fachkräfte aufmerksam, die Informationen oder Unterstützung suchen.

Friedlich lief der Demonstrationszug durch den Ort und zurück an den Marktplatz, wo Abschlusskundgebung und Aftershowparty mit dem Drag-King „Galaxy Diamond“ aus Heidelberg und Sängerin Laura stattfanden. Eine Hand voll Anhänger der NPD veranstaltete am späten Nachmittag eine angemeldete Gegendemonstration, die allerdings keine große Beachtung fand.

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