Ketsch. Die fetten Jahre sind vorbei – Kämmerer Gerd Pfister schritt bei der zuletzt anberaumten Gemeinderatssitzung mit einigen Anträgen zur Haushaltssatzung (wir berichteten), die in diesem Monat verabschiedet werden könnte, ein und erinnerte an die Finanzlage. Schließlich sei mittelfristig ein Schuldenstand in Höhe von über 10 Millionen Euro zu erwarten. Soweit, so eindringlich.
Tops und Flops 2021
Tops
- Die Verwaltung hat in den Sommerferien eine Sondersitzung des Gemeinderates anberaumt, in der sich das Gremium mit geeigneten Maßnahmen in Schulen und Kitas in der Corona-Pandemie beschäftigt hat: Anfang Dezember wurden insgesamt rund 100 Luftfilter der AVR Energie geliefert und in den Klassenzimmern, Kindergärten und Betreuungsräumen in Betrieb genommen.
- Im Frühjahr erhielt die Neurott-Gemeinschaftsschule das Signet „Kulturschule Baden-Württemberg“. Das bedeutete auch, dass die Schule in das Landesförderprogramm aufgenommen ist, das über drei Jahre läuft.
- Die beiden Veranstaltungen der neuen Serie „KulturKircheKetsch“ in St. Sebastian machen Lust auf mehr.
Flops
- Die Mitarbeiter von Aldi Süd erhalten eine traurige Nachricht: Die Ketscher Regionalgesellschaft soll bis Mitte 2022 geschlossen werden. Mehr als 50 Jahre war der Discounter ein verlässlicher Arbeitgeber in der Enderlegemeinde, nun bangen viele der rund 275 Mitarbeiter um ihre berufliche Zukunft.
- Niemand kann etwas für diesen Flop – aber die Partnerschaft zwischen dem französischen Trélazé und Ketsch, die über ein Jahrzehnt währt und damit ein Jubiläum überschritt, konnte wieder nicht gefeiert werden.
Es gehört eben auch Ketsch zu den vielen Gemeinden, denen unter anderem die Corona-Pandemie die monetäre Performance im abgelaufenen Jahresabschnitt verhagelte. Schulden gehören irgendwie unweigerlich dazu. Dabei hat die Enderlegemeinde noch Glück. Der Schuldenstand rührt nicht daher, dass umfassend verprasst wurde. Der Gegenwert ist weitgehend in Stein vorhanden. Investitionen in Gebäude der Ausbildung und Kinderbetreuung haben doch Zukunft (siehe unten stehender Bericht). Geldtechnisch war 2021 aber kein gutes Jahr.
Glücklicherweise betrachten die Ketscher das Leben nicht nur aus der finanziellen Perspektive. Sie sind gesellig und feiern gerne, wofür das Backfischfest das Symbol darstellt. Zuletzt fiel die Sause auf dem Festplatz aus – zum zweiten Mal in Folge. Und auch in diesem Jahr wird das Volksfest nicht nahtlos an das zuletzt gekannte anknüpfen. Während das feststeht, steht in den Sternen, ob es überhaupt zu einem Vergleich 2022 mit einem der Vorjahre – letztmals 2019 – kommen kann. Das ist schon allein für die Verantwortlichen des Angelsportvereins 1928, die sich so akribisch-leidenschaftlich um die Organisation des Backfischfests kümmern, bedauerlich.
Es fand kein Maifest statt, die Enderlespiele sind weiter vertagt, es gab keinen Weihnachtsmarkt und die vielen kleinen und großen Feste, die die Vereine auch nutzen, um sich mit den nötigen Geldmitteln für die kommenden Monate zu versehen, wurden gleich mit abgesagt. Corona-Jahre sind einfach nichts für das Gemeinschaftsgefühl.
Löbliches Trotzen
Zur Grundausstattung der Ketscher gehören aber auch viel Witz und noch mehr Ideen. Es galt Nischen zu besetzen. Dem Verein, der das Central Kino betreibt, gelingt das mit seinem Programm auf Leinwand und im Saal regelmäßig – eine pure Bereicherung und beim Trotzen gegen Pandemiebedingungen besonders löblich. Und andere Vereine machten mit „to go“-Angeboten das Beste aus den Umständen.
Jung, dynamisch und erfolgreich ist Gemeinderat Moses Ruppert, weshalb es ihm gelang, dass eine Blühwiese auf dem Grünstreifen nahe der Wiesenbacher Straße entsteht. Viele Gemeinderäte beteiligten sich, brachten die Saat aus und stellten einen Zaun auf.
Die Lokale Agenda setzte die Aktion „Ketsch fährt fair“ um und erinnerte daran, dass es im Straßenverkehr keine Alternative zu einem rücksichtsvollen Umgang unter allen Teilnehmern gibt.
Eine Belebung wird der Marktplatz mit einem Wochenmarkt erleben, entschied der Gemeinderat im alten Jahr. Nachdem Bürgermeister Jürgen Kappenstein unserer Zeitung exklusiv eröffnete, dass er keine dritte Amtszeit anstrebt, es demnach 2022 einen neuen Rathauschef geben wird, sorgte mit Marco Schnepf schon mal ein Kandidat für die Nachfolge für Leben auf dem Marktplatz. Ein Credo: Die Ketscher sind nicht trübsinnig, schauen vielmehr optimistisch in die Zukunft.
Tabakscheune verschwindet aus Gesicht der Gemeinde
Das Ortsbild verlor im abgelaufenen Jahr ein markantes Element: Die Tabakscheune gleich bei der Alten Schule wurde abgerissen. Der Rückbau steht sinnbildlich für eine Zeitenwende, denn die Ausbildung des Nachwuchses benötigt einfach mehr Raum – da hat ein ungenutztes Gebäude – zumal mittendrin – einfach keinen Platz mehr.
„Ungenutzt“ galt als relativ, denn wegen bedrohter Fledermäuse und Rauchschwalben, die sich dort niedergelassen hatten, erfolgte die gesamte Aktion des Abrisses aufwendig Stück für Stück. Das händische Vorgehen sollte es letzten verbliebenen Tieren ermöglichen, vollends die Flucht zu ergreifen.
Umgestaltung des Hauptgebäudes
Alsbald startete das eigentliche Erweiterungsprojekt der Alten Schule. Bereits Anfang Dezember wurde fleißig an der Errichtung des neuen Gebäudeteils mit Kran und allem, was dazugehört, gearbeitet. Darauf soll die Umgestaltung des Hauptgebäudes aus dem Jahre 1900 sowie des im rechten Winkel dahinter angrenzenden jüngeren Mittelbaus folgen.
Als dritter Schritt ist darüber hinaus geplant, ein neues Gebäude auf dem Grundstück zur Hockenheimer Straße hin zu errichten, das noch mehr Raum für Betreuungsplätze bieten wird. Und der bunte Container-Hort, der sich auf dem Parkplatz des Rathauses befindet, war einst als Zwischenlösung gedacht, soll nun aber weiterhin genutzt werden. Nach eineinhalb Jahren, zum Start des Schuljahres 2023/24 soll die Erweiterung soweit abgeschlossen sein. Nahe der aktuellen Baustelle waren schon vorher Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen worden. In der Hockenheimer Straße 25 können Kinder der Alten Schule sieben Zimmer in der Kernzeitbetreuung nutzen.
Derweil wurde 2021 auch andernorts mächtig gewerkelt. Beispielsweise setzten sich die Arbeiten zur Brandschutzsanierung der Neurott-Gemeinschaftsschule fort. Lernbüro Numero drei gilt seit vergangenem Jahr als fertig. Darüber hinaus ist der einstige VHS-Raum in der Neurotthalle nun zusätzlich für die Kernzeitbetreuung vorgesehen. Das Volkshochschulangebot muss räumlich nicht weiter leiden, ist doch im Ferdinand-Schmid-Haus Ersatz gefunden worden.
Modern und großzügig
Außerdem wurde der Kindergarten in der Gartenstraße 33 Ende September eingeweiht. Für insgesamt sieben Gruppen – fünf für Kinder unter drei Jahren im Erdgeschoss und zwei für über Dreijährige im Obergeschoss – wurde eine moderne und großzügige Betreuungsmöglichkeit geschaffen. Hier entstanden 90 neue Plätze, die das Angebot in der Enderlegemeinde deutlich vergrößerten. Denn eingedenk der parallel eingerichteten neuen Krippe in der ehemaligen Flüchtlingsunterkunft im Sandgrubenweg und der geplanten Erweiterung des Kindergartens Regenbogen in der Gartenstraße kommen dann weitere 40 Plätze für die Nachwuchsketscher hinzu: Insgesamt summiert sich dann das Kinderbetreuungsangebot auf 208 Plätze für unter Dreijährige und 419 Plätze für Jungen und Mädchen über drei Jahren.
Indes war es den Mädchen und Jungen des Kindergartens „Villa Sonnenschein“ schon im Frühjahr möglich, die frisch errichtete Turnhalle zu nutzen.
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