Ketsch. Bereits mehr als 400 Bürger haben unterzeichnet, viele von ihnen kommentieren dabei das Thema sachlich, aber energisch: Die Gruppe langjähriger Stammgäste der Hohwiese, die sich gegen die diesjährige Schließung des öffentlichen Badestrandes organisiert hat (wir berichteten), hat eine Online-Petition gestartet.
„Wir werden außerdem bald in Ketscher Geschäften Unterschriftenlisten auslegen, damit auch Unterstützer mitmachen können, die nicht so sehr im Internet unterwegs sind“, kündigt Sigrid Wannagat an. Am Ende will sie zusammen mit ihren rund 20 Mitstreitern die Listen an die Gemeinde übergeben, um den Unmut in der Bevölkerung zu dokumentieren und vielleicht doch noch etwas für die laufende Saison zu bewirken. Die Öffnung des Freibades an diesem Freitag, 11. Juni, sehen sie nämlich weiterhin als nicht ausreichend an.
In ihrer Petition fordert die Gruppe wörtlich „den Bürgermeister und Gemeinderat auf, in die Diskussion über konstruktive und kreative Lösungen einzusteigen, mit dem Ziel, den öffentlichen Badestrand am Hohwiesensee in der Badesaison 2021 für alle Badegäste zu öffnen“. In der Erklärung wird außerdem auf den Langenbrückener See bei Bad Schönborn verwiesen, wo seit vergangenem Jahr tatsächlich eine unkonventionelle Lösung für das gleiche Problem angewendet wird: Der See wird als offene Badestelle betrieben. Gebadet wird auf eigene Gefahr, der Eintritt ist frei. Dennoch gibt es einen privaten Betreiber, der den Gästen einen Kiosk, Sanitäreinrichtungen und Umkleiden anbietet. Sogar Liegestühle können dort vor Ort gemietet werden.
Rechtlich nicht zulässig
„So eine Lösung wie im Kreis Karlsruhe könnte man doch auch in Ketsch versuchen – wenn eben der Wille da wäre“, sagt Sigrid Wannagat. Zusammen mit ihren Mitstreitern – die inzwischen von immer mehr Stammgästen der Hohwiese Zulauf erhalten – will sie in den nächsten Wochen das Thema weiter in die Öffentlichkeit tragen und hofft, vielleicht doch noch ein Umdenken bei der Gemeinde zu erreichen.
Diese Erwartung dämpft Bürgermeister Jürgen Kappenstein allerdings deutlich. Eine Regelung wie am Langenbrückener See sei rechtlich nicht möglich, erklärt er im Gespräch mit unserer Zeitung. „Wir haben das mit dem Badischen Gemeinde-Versicherungs-Verband abgeklärt und sind in unserer Rechtsauffassung bestätigt worden, dass wir mit einer solchen Regelung unseren Sicherungspflichten nicht ausreichend nachkommen würden“, sagt Kappenstein. „Ich kann den Ansatz persönlich ja verstehen, und in Deutschland ist alles sehr genau reguliert, manchmal vielleicht auch überreguliert – aber als Gemeinde können wir uns nicht einfach darüber hinwegsetzen.“
In der Tat ist das Thema bundesweit aktuell, seit der Bundesgerichtshof 2017 in einem Rechtsstreit um einen Badeunfall in einem kommunalen Freibad gegen die betroffene Gemeinde entschieden hat. In der Folge nahm die Unsicherheit, welche rechtlichen Pflichten tatsächlich herrschen, bei vielen Gemeinden und Verwaltungen zu. Denn verantwortlich für die Prüfung der Situation vor Ort ist letztlich jede Kommune allein – eine Vorgabe oder zumindest Handlungsempfehlungen beispielsweise der Landkreise gibt es nicht, wie der Rhein-Neckar-Kreis auf Nachfrage bestätigt.
Freibad als bessere Möglichkeit
„Unser Gesundheitsamt ist bei Badeverboten nur dann involviert, wenn diese aufgrund möglicher gesundheitlicher Gefährdungen, zum Beispiel durch Bakterien, Algen oder chemische Verunreinigungen, ausgesprochen werden“, so ein Sprecher. Ordnungsrechtliche Details in diesem Bereich seien Sache der jeweiligen Kommune.
Das betont auch Bürgermeister Kappenstein: „Der Gemeinderat hat als oberste gewählte Instanz entschieden, dass wir aufgrund der aktuellen Lage nur das Freibad öffnen – und da kann die Verwaltung nicht einfach etwas anderes beschließen. Und wir bleiben auch bei unseren inhaltlichen Argumenten: Gerade für Familien mit Kindern scheint uns das Freibad besser geeignet zu sein als der See, zumal wir auf dem größeren Gelände mehr Besucher zulassen können. Und wir haben einfach nicht genügend Badeaufsichten für beide Badestellen“, sagt der Bürgermeister.
Neben den Corona-Vorgaben, die einen erheblichen Mehraufwand bedeuten würden, sei vor allem der grundsätzliche Mangel an geschultem Aufsichtspersonal der Grund für die Entscheidung. „Wir sind rechtlich dazu verpflichtet, eine professionelle Badeaufsicht zu stellen – da kann man nicht einfach irgendjemanden hinstellen“, betont Kappenstein. Dieses Problem gebe es seit Langem und in ganz Deutschland. In den vergangenen Jahren habe sich die Gemeinde mit der Beauftragung eines Dienstleisters beholfen, doch das sei kurzfristig und ohne Planungssicherheit im zweiten Corona-Sommer nicht möglich gewesen.
Langfristige Lösung im Blick
Die Gemeinde will das Problem stattdessen langfristig durch die eigene Ausbildung von zusätzlichen Bademeistern lösen. „Wir haben entsprechende Stellen geschaffen und wollen so unseren eigenen Bedarf selbst decken. Allerdings dauert das naturgemäß einige Zeit“, sagt Kappenstein. „In diesem Jahr werden wir nichts mehr an der Entscheidung ändern können. Langfristig soll die Hohwiese aber natürlich als Badeplatz erhalten bleiben.“
Info: Die Petition zur Öffnung der Hohwiese gibt es unter www.openpetition.de/region/petition/Ketsch
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