Was macht eigentlich...

Timo Staffeldt ist seinen Ketscher Wurzeln treu geblieben

Von der Spvgg 06 Ketsch bis in die Bundesliga mit dem Karlsruher SC: So liest sich der Werdegang des heute 40-Jährigen. Heute hat der Profi dem Fußball weitgehend den Rücken gekehrt.

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Nicolai Lehnort
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Der Wildpark ist sein Zuhause: 16 Jahre lang war der Fußballspieler Timo Staf-feldt für den Karlsruher SC am Ball. © dpa/Uli Deck

Ketsch. Die U13-Masters in Ketsch sind weit über die Grenzen der Rhein-Neckar-Region bekannt. Bei dem Fußball-Nachwuchsturnier gastieren seit Jahrzehnten hochkarätige Teams aus ganz Deutschland in der Enderlegemeinde. Traditionell sind die Jugendmannschaften verschiedener Bundesligisten vertreten. Bei der 35. Auflage im Januar dieses Jahres setzte sich das Teilnehmerfeld unter anderem aus VfB Stuttgart, TSG Hoffenheim und SC Freiburg zusammen. Die Aushängeschilder der Region waren mit SV Waldhof Mannheim, SV Sandhausen und Karlsruher SC ebenfalls mit von der Partie.

Bei einer derart hochklassigen Besetzung finden sich auf den Tribünen in der Ketscher Neurotthalle jährlich zahlreiche Scouts ein, die ihre Augen nach dem nächsten Supertalent offen halten. Im Trikot der Spvgg 06 Ketsch war dieses Juwel einst der junge Timo Staffeldt.

Als bester Torschütze aufgefallen

Mit der D-Jugend der 06 ist der heute 40-Jährige damals zweimal in Folge ins Finale des prestigeträchtigen Turniers eingezogen. Auf dem Weg dorthin hatten die Ketscher unter anderem den Nachwuchs des FC Bayern München geschlagen. „Als Dorfmannschaft sind wir damit aufgefallen“, erinnert sich der im Neurott aufgewachsene Staffeldt noch heute. Bester Torschütze des Turniers war jeweils ein Ketscher: Timo Staffeldt. Der damals in der Jugendarbeit im Südwesten noch führende KSC lud den Jugendlichen ins Probetraining ein. 1996 wechselte Staffeldt aus Ketsch zu den Badenern, durchlief dort sämtliche Jugendmannschaften und erhielt 2003 einen Amateurvertrag. Später lief der defensive Mittelfeldspieler in 163 Partien für die Karlsruher Profis auf, darunter 24-mal in der Bundesliga.

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Warum der damalige Bundesligist seinem Jugendverein eine Ablöse für einen Zwölfjährigen zahlen sollte, versteht Staffeldt bis heute nicht. „Das ist für mich ein Unding, wie man einem Zwölfjährigen solche Steine in den Weg legen kann“, ärgert er sich im Gespräch. 500 Mark hätten Staffeldts Eltern und sein Jugendtrainer aus eigener Tasche bezahlt, um eine monatelange Sperre nach dem Vereinswechsel zu verhindern.

16 Jahre stand Staffeldt in Diensten des KSC – die wichtigste Station seiner Karriere. „Das prägt einen. Ich habe viel erreicht und die Möglichkeiten dafür bekommen“, sagt er. Besonders gerne erinnert sich Staffeldt an das Aufstiegsjahr in die Bundesliga. Die Baden-Württemberg-Derbys seien stets Highlights gewesen. „Ich fand es immer cool, gegen den VfB Stuttgart zu spielen“, schwärmt er vor allem von der Atmosphäre. Gemeinsam mit Teamkollege Thomas Kies hätten Profis in der damals noch nicht auf Schritt und Tritt von der Medienlandschaft verfolgten Fußballbranche auch mal ausgelassen mit den Fans feiern können.

„Von Olic auseinandergenommen“

Auch den bitteren Gang in die Zweitklassigkeit nach nur einer Saison hat der Familienvater aber nicht vergessen. „Die negativen Sachen bleiben auch hängen. Da redet man zwar nicht gerne drüber, aber es gehört eben dazu.“ Einer dieser Tiefpunkte: eine 0:7-Klatsche beim Hamburger SV. „Ich wurde da komplett von Ivica Olic auseinandergenommen“, weiß Staffeldt über seinen Auftritt im Volkspark zu berichten.

Nach einer anderen denkwürdigen Begegnung erlitt die Karriere des Ketschers einen Knick. 2013 scheiterte Staffeldt mit dem VfL Osnabrück in der Aufstiegsrelegation zur 2. Bundesliga an Dynamo Dresden. Wegen interner Querelen entschied sich der Mittelfeldmann danach für einen Wechsel zu Viktoria Köln, die damals hohe Ziele verfolgten – eine Etage tiefer in die Regionalliga. Staffeldt gesteht sich ein: Im Nachhinein war das ein Fehler.

Timo Staffeldt steht seit dieser Saison als Co-Trainer beim Oberligisten VfR Mannheim an der Seitenlinie. © Edmund Nohe/VfR Mannheim

„Ich wollte dort weg, weil ich zu emotional und stur war. Den Wechsel nach Köln hätte ich nicht machen sollen. Sportlich war das mein Genickbruch.“ Der anvisierte Aufstieg mit den Rheinländern misslang, Staffeldt schloß sich nach zwei Jahren Alemannia Aachen, ebenfalls in der Regionalliga, an und zog 2017 einen Schlussstrich unter seine Profikarriere.

Rückblickend wären wohl noch mehr Auftritte im Fußball-Oberhaus möglich gewesen, reflektiert der 40-Jährige heute. „Wenn ich von Anfang an die richtige Einstellung rund um Kraftraum und Co. gehabt hätte, hätte ich vielleicht mehr erreichen können“, sagt Staffeldt. „Ich habe zu wenig draus gemacht.“ Dass er als einer der ganz wenigen den Sprung in den Profifußball geschafft hat, ist dem Ketscher bewusst – und erfüllt ihn mit Stolz. „Im Nachhinein sind das nur Zahlen, aber man kann für sich sagen: Das habe ich erreicht.“

Familienleben geht vor

Dass er der Branche nicht erhalten bleiben möchte, stand für Staffeldt frühzeitig fest. Für ihn geht die Familie vor. „Ich wollte nicht zu den Leuten gehören, die ihr Kind nicht aufwachsen sehen“, sagt er. 2016 wurde seine Tochter geboren. Ein Jahr später stieg Staffeldt beim Unternehmen MLP ein und lernte das Handwerkszeug des Allfinanzberaters. Bereits während seiner Profilaufbahn hatte Staffeldt Fernstudiengänge in Sportmarketing- und Immobilienmanagement abgeschlossen.

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Mit seinem angehäuften Fachwissen wollte der Ex-Profi seinen früheren Kollegen in Sachen Geldanlage unter die Arme greifen. Ein Aspekt, der Staffeldts eigener Erfahrung nach oft fahrlässig missachtet wird.

Das Vorhaben scheiterte am Veto von Vereinen und Beratern, sodass er sich erneut auf seinen Erfahrungsschatz berief und sich mit der gesundheitlichen Vorsorge einem weiteren Kernthema von Fußballprofis widmete. Als Unternehmens- und Finanzberater hat sich Staffeldt mit seinem eigenen Unternehmen selbstständig gemacht und dabei auf betriebliche Krankenversicherungen spezialisiert.

Zu Radspitz „muss ich hin“

Dem Fußball den Rücken gekehrt hat der Ex-Profi noch immer nicht ganz. Nach seiner Rückkehr aus Aachen folgten kurze Engagements im Amateurfußball der Region beim ASV/DJK Eppelheim und dem MFC 08 Lindenhof. Seit dieser Spielzeit steht Staffeldt bei einem anderen Team in der Quadratestadt auf dem Platz, allerdings nur mehr an der Seitenlinie. Beim Oberligisten VfR Mannheim sprang der 40-Jährige seinem guten Freund Marcel Abele als Co-Trainer zur Seite. Nach Höherem strebt Staffeldt im Profifußball aber nicht mehr.

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Die Verbundenheit zur Heimatgemeinde hat der mit Frau und Kind in Mannheim wohnende Ex-Profi nicht verloren. „Wenn es heiß war, waren wir öfters im Ketscher Freibad als sonstwo“, erzählt er über den gemeinsamen Sommer mit seiner siebenjährigen Tochter. Im Bruch war Staffeldt auch beim Backfischfest anzutreffen. „Den Familientag mit meiner Tochter darf ich nicht verpassen“, pflegt er Ketscher Traditionen. „Als Radspitz gespielt hat, habe ich auch die Nullsechser getroffen. Radspitz, Familientag – das sind einfach Dinge, bei denen ich sage: Da muss ich hin.“ Wie es sich eben für einen Ketscher gehört.

Volontariat Nicolai Lehnort ist seit Juli 2023 Volontär.

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