Ketsch. Auf den Tag genau ist es nun 55 Jahre her, als es in der New Yorker Christopher Street, im Stadtviertel Greenwich Village zum ersten bekannt gewordenen Aufstand von queeren Menschen gegen die damals herrschende Polizeiwillkür kam. Zu dieser Zeit gab es immer wieder gewalttätige Razzien der Polizei in Kneipen mit trans- und homosexuellem Zielpublikum. Noch bis heute erinnert der Christopher-Street-Day an die Stunde, als sich die queere Gemeinschaft dagegen auflehnte und für ihre Rechte kämpfte. Der Gedenktag wird auf der ganzen Welt gefeiert.
Auch die Gemeinde Ketsch hat sich in der Vergangenheit als weltoffener und menschenfreundlicher Ort gezeigt, in dem jeder willkommen ist. Nicht zuletzt die im September in der Enderlegemeinde stattfindende Dorfpride ist Beweis hierfür und ein klares Zeichen für Vielfalt und Toleranz seitens der Verwaltung.
Die Ketscher Grünen-Rätin wünscht sich zum Christopher-Street-Day die Regenbogenfahne
Zum 55-jährigen Jubiläum des Christopher-Street-Days kam in der vergangenen Gemeinderatssitzung auch die Anfrage von der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Heike Schütz, ob es an diesem Freitag möglich sei, die Regenbogenflagge – ein Symbol der queeren Gemeinschaft – am Mast des Rathauses zu hissen. Doch bereits in der Sitzung wies die Verwaltung darauf hin, dass es mehrere Hindernisse bei einer Umsetzung der Anfrage gibt.
Zum einen fand die Gemeinderatssitzung am vergangenen Montag, 24. Juni, statt und die Beflaggung hätte recht kurzfristig organisiert werden müssen. Zum anderen gilt für gewöhnlich die Devise, dass sich die Gemeinden an die Beflaggung von Bund und Land halten. Beispielweise an speziellen Feiertagen oder als Reaktion auf bestimmt Ereignisse.
Hauptamtsleiter Ulrich Knörzer bestätigt dies auf Nachfrage: „Beim Thema der Beflaggung halten wir uns normalerweise an die Empfehlung von Land und Bund.“ Dies solle jedoch nicht bedeuten, dass eine zukünftige Beflaggung zum Christopher-Street-Day nicht in Frage kommt, so Knörzer weiter.
Bürokratie in Deutschland: Beflaggungserlass auch in Ketsch
Und – wie es aufgrund der Bürokratie in der Bundesrepublik schon zu vermuten war – gibt es gewisse Vorgaben: Diese sind im sogenannten Beflaggungserlass der Bundesregierung geregelt.
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Beispielsweise sind hier die Feiertage aufgelistet, an denen an öffentlichen Gebäuden eine die Nationalflagge gehisst werden soll. Am 27. Januar, zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, ist eine sogenannten Trauerbeflaggung vorgesehen – also das Hissen auf Halbmast.
Hierbei wird die Flagge zunächst vollständig gehisst, aber sofort wieder auf die halbe Höhe des Flaggenmastes niedergeholt. Banner und Hängeflaggen werden nicht gesenkt, sondern mit einem Trauerflor versehen. Dies sind nur einige der Empfehlungen seitens der Gesetzgeber.
Thema Beflaggung: Bayern gibt Vorgaben, Baden-Württemberg empfiehlt
Je nach Bundesland ist das Vorgehen unterschiedlich: Beispielsweise schreibt das Land Bayern seinen Kommunen die Beflaggung vor, während Baden-Württemberg lediglich eine Empfehlung an die Gemeinden weitergibt und diese selbst entscheiden können.
Weiter im Detail gibt es in dem Beflaggungserlass der Bundesregierung zudem folgende Vorgaben: Die Größe der Flagge muss im angemessenen Verhältnis zu der Größe des Verwaltungsgebäudes stehen und sämtliche Flaggen müssen exakt die gleichen Maße haben.
Außerdem gibt es genaue zeitliche Angaben: „Die Beflaggung beginnt bei Tagesanbruch – jedoch nicht vor 07 Uhr – und endet bei Sonnenuntergang“, heißt es im Erlass. Damit wird klar: Eine Beflaggung benötigt durchaus Vorlaufzeit und muss auch gut abgewogen werden.
Abschließend verweist Knörzer auch darauf, dass sich die Gemeinde nicht gegen den Hintergrund und den Anlass der Anfrage stellt und betont, dass sich die Verwaltung sowie die Bürgerschaft und ganz Ketsch bereits auf die kommende Dorfpride in der Enderlegemeinde freue. Diese findet am 7. September statt.
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