Leimbach-Serie Teil 3

Das Problem mit Hochwasser am Leimbach in Oftersheim

Aktuell erkunden wir den Leimbach, der Oftersheim und Schwetzingen prominent durchquert sowie an seinem Ende bei Brühl in den Rhein mündet. Mit verschiedenen Maßnahmen soll die Überschwemmungsgefahr eingedämmt werden.

Von 
Benjamin Jungbluth
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In Wiesloch lässt das RP derzeit die Dämme des Leimbachs erhöhen, um den lokalen Hochwasserschutz zu verbessern: Hier werden gerade die Spundwandarbeiten mit großem Gerät ausgeführt. © Regierungspräsidium Karlsruhe

Oftersheim. Hochwasser entlang des Leimbachs ist seit jeher ein Problem: Bei starkem Regen sammeln sich im hügeligen Kraichgau schnell große Wassermassen, die den ansonsten recht schmalen und eher gemächlich dahinplätschernden Bach in einen reißenden Strom verwandeln können.

Insbesondere die Gemeinden und Gebiete am Oberlauf sind davon betroffen, doch auch weiter unten können hohe Schäden entstehen – zumal sich der Leimbach hier mitten durch Oftersheim und Schwetzingen schlängelt.

Hinzu kommt die bei Starkregen ungünstige Beschaffenheit der seit Jahrhunderten künstlich geformten Gewässer: Kurfürst Carl Theodor ließ im 18. Jahrhundert Leimbach und Hardtbach nochmals stärker regulieren, um die Be- und Entwässerung der Schwetzinger Schlossanlagen und den Betrieb mehrerer Mühlen zu ermöglichen. „Wegen des fehlenden Gefälles wurde damals das Bachbett verlegt und die Bachsohle über mehrere Kilometer hinweg künstlich bis über die Höhe des angrenzenden Geländes angehoben. Der nun höher liegende Bachlauf wurde seitlich durch Dämme eingegrenzt“, weiß das heute für diese Gewässer zuständige Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe.

Großflächige Überschwemmungen und erhebliche Schäden

Doch die große Ingenieurleistung zur Nutzbarmachung der sumpfigen Auenlandschaft hatte auch ihre Kehrseiten. „Bei stärkeren Regenfällen und erhöhtem Abfluss in den Gewässern kam es zu Dammbrüchen mit großflächigen Überschwemmungen und erheblichen Schäden, zumal die ausgelaufenen Wassermengen wegen der künstlichen Hochlage der Bäche nicht wieder zurückflossen. Auch der Ausbau der Anlagen – zuletzt in den 1940er Jahren – konnte keine nachhaltige Abhilfe schaffen“, ordnet das RP ein. Bis heute wachsen zudem Städte und Gemeinden entlang der Ufer immer weiter, sodass selbst bei gleichbleibenden Regenereignissen viel höhere Schäden drohen als früher.

Diese Problematik wurde schon in den 1980er Jahren erkannt und erste Untersuchungen wurden eingeleitet. Doch dauerte es, wie so oft bei Großprojekten in Deutschland, noch viele Jahre, bis erste Maßnahmen auch umgesetzt wurden. 1991 wurde eine umfassende Studie erstellt, die als Grundlage für den heutigen Hochwasserschutz dient. Darin stellten Experten fest, dass bei besonders starkem Hochwasser sowohl Überflutungen als auch Dammbrüche rund um Leimbach und die Nebengewässer drohen. Außerdem entsprach die Gewässerführung nicht mehr geltenden Naturschutzvorstellungen: Zu gerade, zu wenig Lebensräume für Pflanzen und Tiere.

Erste Konzeption in den 1990er Jahren für den Leimbach

Die Hochwasserereignisse von 1993 und 1994, die auch im Kreis erhebliche Schäden verursachten, erhöhten noch einmal den Druck, dass der Schutz wegen des hohen Gefahrenpotenzials besonders in den dicht besiedelten Ballungsräumen verbessert werden musste, erklärt das RP. Mitte der 1990er Jahre wurde deshalb die Hochwasserschutzkonzeption Leimbach/Hardtbach in Abstimmung mit den Anliegerkommunen entwickelt.

Das erste große Bauwerk zum neuen Hochwasserschutz am Leimbach wurde im Jahr 2000 bei Nußloch eröffnet: An diesem Wehr kann das Gewässer bei Bedarf zurückgestaut und dadurch zusätzliche 300.000 Kubikmeter Wasser zurückgehalten werden. © Regierungspräsidium Karlsruhe

Die erste große Maßnahme wurde im Juli 2000 in Betrieb genommen: das 300 000 Kubikmeter fassende Hochwasserrückhaltebecken zwischen Nußloch und Wiesloch. „Das alte Hardtbachwehr wurde erneuert und steuert bei Hochwasser seitdem den Zulauf zum Rückhaltebecken und zum Hardtbach. Begrenzt wird das Becken durch den vorhandenen Straßen- und Bahndamm. Beide wurden teilweise erhöht und abgedichtet, der Leimbach in diesem Bereich außerdem naturnah umgestaltet“, schreibt das RP.

Vier Jahre später, Ende 2004, wurde der Hardtbach im weiteren Verlauf bis Hockenheim-Talhaus um Polderflächen ergänzt. Auf rund fünf Kilometern Länge wurde das Gewässer dafür ausgebaut und im südlich angrenzenden Hardtwald wurden zwei Überflutungsflächen mit einem Rückhaltevolumen von 1,8 Millionen Kubikmetern angelegt. Da der Hardtbach als Entlastungs- graben des Leimbachs dient, werden dadurch auch Überflutungen in dessen Umfeld reduziert. Nach diesen beiden ersten Schritten tat sich allerdings lange nichts mehr: Die beiden bislang vollständig abgeschlossenen Maßnahmen zum Hochwasserschutz sind 20 Jahre alt. Alle weiteren Projekte werden erst jetzt umgesetzt oder befinden sich gar noch immer in der Planungsphase.

Bei Nußloch verläuft der Leimbach unmittelbar neben der Bahnstrecke - eine komplexe Ausgangslage, die den Schutz vor Überflutiungen und die Ertüchtigung der Dämme seit langem verzögert. Bereits seit 2018 ist diese Maßnahme in der Planfeststellung und wird seitdem geprüft. © Regierungspräsidium Karlsruhe

Bei diesen neuen Maßnahmen handelt es sich um die zweite mögliche Art des Überflutungsschutzes: Während Rückhaltebecken und Polder für zusätzliches Speichervolumen – Fachleute sprechen von „Retentionsvolumen“ – sorgen und damit die Höhe der Hochwasserscheitel reduzieren, schützen Flussdeiche und Schutzmauern das lokal dahinter liegende Umland bis zu einem bestimmten Wasserstand vor Überflutungen.

Finanzierung stellt Problem dar

In Wiesloch werden aktuell solche lokalen Maßnahmen umgesetzt und die bestehenden Dämme teilweise saniert. Außerdem wird eine Fußgängerbrücke um 70 Zentimeter erhöht, weil sich dort bislang im Ernstfall das Wasser zu stark staut. Entlang der Bahnlinie bei Nußloch sind vergleichbare Arbeiten ebenfalls geplant, die Maßnahme aber seit 2018 erst in der Planfeststellung. Dieser Abschnitt ist besonders komplex, da der Leimbach hier unmittelbar neben der Bahntrasse verläuft.

Zu guter Letzt ist eine große Schutzmaßnahme zwischen Nußloch und der Kirchheimer Mühle auf Heidelberger Gemarkung weiterhin in der Genehmigungsphase. Hier sollen perspektivisch auf rund 6,5 Kilometern Länge die Gewässersohle tiefer gelegt, verschiedene Dämme verlegt und saniert sowie eine naturnahe Gestaltung umgesetzt werden.

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Die langen Verzögerungen bei der Planung ergeben sich auch daraus, dass ursprünglich mit der Höhe eines statistisch ungefähr alle 50 Jahre vorkom- menden Hochwassers gearbeitet wurde. Später wurden die Maßnahmen auf eine noch größere und durchschnittlich nur alle 100 Jahre vorkommende Überflutung ausgelegt.

Beim langen Abschnitt zwischen Nußloch und der Kirchheimer Mühle hatte das zur Folge, dass die bereits 2007 zur Planfeststellung eingereichten Unterlagen vollständig überarbeitet und erst 2017 – also ganze zehn Jahre später – erneut eingereicht wurden. Seitdem werden sie geprüft.

Weitere Maßnahmen gegen das drohende Hochwasser

Zusätzlich arbeitet der Abwasser- und Hochwasserschutzverband Wiesloch an weiteren Maßnahmen oberhalb der Mündung des Waldangelbachs in den Leimbach. Dadurch werden die übrigen Bereiche zusätzlich entlastet, wodurch wiederum die bereits umgesetzten Speicher-Maßnahmen bei Nußloch und Hockenheim-Talhaus den neuen, anspruchsvolleren Vorgaben des 100-jährigen Hochwassers genügen sollen.

Kurz vor Oftersheim befindet sich das alte Stauwehr direkt an der Einmündung des Landgrabens (dahinter). Bei der geplanten Umgestaltung dieses letzten Bauabschnitts soll es weichen, da beide Gewässer zusammengelegt werden. Ein spezieller Hochwasserschutz soll dann aus Sicht der Experten im Bereich der Hardtgemeinde nicht mehr notwendig sein. © Benjamin Jungbluth

Am Ende profitieren von all diesen Maßnahmen auch die Städte und Gemeinden am Unterlauf. In Schwetzingen und Brühl sind deshalb keine zusätzlichen Hochwasserschutzmaßnahmen entlang des Leimbachs geplant. Und der letzte Abschnitt des Gesamtprojekts – die Zusammenlegung von Leimbach und Landgraben im Bereich von Oftersheim – ist inzwischen ein reines Gewässerökologieprojekt. „Durch Optimierungen in der Planung konnte der Hochwasserabfluss nördlich der Ortslage Sandhausen soweit entschärft werden, dass die Maßnahme bei Oftersheim keinen Beitrag zum Hochwasserschutz mehr leisten muss“, betont das RP.

Wenn die Schutzmaßnahmen also irgendwann einmal fertiggestellt sind, sollte die jahrhundertelange Bedrohung durch Überflutungen entlang des Leimbachs deutlich reduziert sein. Ein Problem könnte allerdings noch die Finanzierung darstellen, die sich mit zunehmenden Haushaltsproblemen der öffentlichen Hand perspektivisch nicht bessert. „Der Landesbetrieb Gewässer strebt die bauliche Umsetzung seiner geplanten Maßnahmen grundsätzlich an, muss dabei aber bezüglich der Mittelbereitstellung und der Personalressourcen priorisieren“, heißt es entsprechend aus Karlsruhe.

Freier Autor Freier Journalist für die Region Heidelberg, Mannheim und Rhein-Neckar. Zuvor Redakteur bei der Schwetzinger Zeitung, davor Volontariat beim Mannheimer Morgen. Neben dem Studium freie Mitarbeit und Praktika u.a. beim Mannheimer Morgen, der Süddeutschen Zeitung, dem SWR und der Heidelberger Studentenzeitung ruprecht.

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