Oftersheim. Oftersheim will bis 2040 klimaneutral werden. Im April und im Mai waren bei einem Bürgerforum Ideen und Vorschläge erarbeitet worden, welchen Weg die Gemeinde hin zur Klimaneutralität einschlagen könnte.
Am Freitagabend wurden diese Ergebnisse der verschiedenen Gruppen, die sich mit den Themen Mobilität, Strom, Konsum, Wärme und Klimafolgeanpassung beschäftigt hatten, zum zweiten Mal präsentiert. Das Interesse war dieses Mal nicht sonderlich groß. Klimaschutzmanager Martin Hirning begrüßte im Rettungszentrum in der Eichendorffstraße nur zwei Dutzend Besucher, darunter drei Referenten aus dem Bürgerforum.
Klimaschutz "überlebenswichtig"
Hirning erläuterte, warum konsequenter Klimaschutz „überlebenswichtig“ sei: „Der Klimawandel ist real, lebensgefährlich, menschengemacht und nicht verhandelbar.“ Gezeigt wurde eine Präsentation, in der eine Familie die Erde befragt. „Jeden Tag, den wir vergehen lassen, ohne gegen den Klimawandel etwas zu tun, ist eine vergebene Chance“, hieß es da.
Der Klimaschutzmanager wartete mit Zahlen für das „fossile Strom-Superschwergewicht“ Großkraftwerk Mannheim auf, das 2033 abgeschaltet werden soll. Um die elektrische Energie kurzzeitig unter idealen Bedingungen ersetzen zu können, bräuchte man etwa 675 Windräder. Als Ersatz für die thermische Energie des Großkraftwerks bräuchte man etwa 180.000 Wärmepumpen in Einfamilienhausgröße.
Das Team "Wärme" präsentiert seine Lösungen
Anschließend wurden die nötigen Lösungen aus den Arbeitsgruppen vorgestellt. Katharina Schindelmeier und Christian Laboranowitsch berichteten für das Team „Wärme“. Es sei ein Fahrplan erarbeitet worden, wie die Wärmeversorgung von Oftersheim bis 2040 komplett auf erneuerbare Energien umgestellt werden kann. Die Gemeinde habe die Flächen und die technischen Möglichkeiten, um die Wärmewende anzugehen.
Die Gruppe beschäftigte sich mit städtebaulichen Faktoren ebenso wie mit möglichen Erweiterungsgebieten und technischen Ideen zur Wärmeversorgung. Dafür war der Ansatz der Quartierseinteilung gewählt worden. Das Konzept befasst sich unter anderem mit der Lage möglicher Quartierspeicher in größeren Freiflächen, der Nutzung einer Fläche für die Kombination aus Wärme und Strom, einer Flusswasser-Wärmepumpe am Leimbach, der gezielten Ansiedlung von Unternehmen, der oberflächennahen Geothermie, der im Winter nutzbaren „Sommerwärme“ und der Bildung einer Bürgerenergiegenossenschaft. Das alles bedürfe eines intensiven Austausches mit den Bürgern.
Verschiedene Möglichkeiten im Bereich "Strom"
Hirning stellte die Ideen des Teams „Strom“ vor. Mit reiner Photovoltaik auf Dächern und Freiflächen, der Kombination mit Agri-Photovoltaik auf örtlichen Feldern und einem Mischkonzept mit einem Biomassekraftwerk für den örtlichen Biomüll und einer Windparkbeteiligung der Gemeinde oder eines Bürgerfonds an einem windreichen Ort böten sich verschiedene Möglichkeiten an.
Weitere Aspekte sind die Umstellung der kompletten Straßenbeleuchtung auf LED, das spart 80 Prozent des Stroms, der Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur und des ÖPNV zur Reduzierung des Individualverkehrs. Reine Photovoltaik bedeutet aber einen sehr hohen Flächenverbrauch. Hirning erläuterte die Installationszahlen bei Photovoltaik in Oftersheim: „Der Trend hat eingeschlagen.“ Auch hier kam der Appell: Die Bürger müssen mitgenommen werden. Und: „Lassen Sie uns die Revolution heute starten, bevor es zu spät ist.“
Verkehrswende in Kombination aus drei Strategien
Das Team „Mobilität“ gehe davon aus, „dass frei werdende Energiepotentiale für den Ausbau des ÖPNV genutzt werden müssen“, erläuterte der Klimaschutzmanager. Wichtig sei eine Mobilitätsstudie für Oftersheim und Umgebung. Die Verkehrswende könne nur in einer Kombination aus drei Strategien sowie der richtigen Kommunikation und partizipativen Erarbeitung und Überprüfung dieser Strategien erreicht werden: Verkehrsvermeidung, Umsetzung von „Pull-Faktoren“ und von „Push-Faktoren“.
Oftersheim habe ein großes Potenzial bei der Verkehrswende, als Gemeinde kurzer Wege sei sie prädestiniert, beim innerörtlichen Verkehr auf Rad- und Fußverkehr, ergänzt durch Ruftaxis und Busse zu setzen. Der innerörtliche Pkw-Verkehr könnte bis 2035 durch nachhaltigere Alternativen ersetzt werden. Die Fahrleistung sollte reduziert werden, die Anzahl der Kraftfahrzeuge sowieso. Eine kurze Diskussion drehte sich um „Elektrifizierung fordern und fördern“ und um Car-Sharing-Angebote.
Maßnahmen, die "lokal umsetzbar" seien
„Klimafolgeanpassung geht Hand in Hand mit Klimaschutz“, stellte Stephan Frech die Vorschläge für Maßnahmen mit dem Fokus auf Hitze und Trockenheit vor. Maßnahmen, die „lokal umsetzbar“ seien, für die Gemeinde wie für jeden einzelnen Bürger. Die Gruppe hatte dazu „Zielbilder“ erarbeitet.
Bei der Entsiegelung und Begrünung von Flächen sollte es zwei Maßnahmen je Kalenderjahr geben. Eine Vorschlagsliste nennt unter anderem den Lessingplatz, den Neuen Messplatz, den Bereich bei der Feuerwehr und Edeka sowie die Ecke Mozartstraße und Franz-Schubert-Straße. Die Schaffung von „Frischeinseln“ für Hitzeperioden beinhaltet schattenspendende Bäume, Sitzgelegenheiten und Trinkwasserspender.
Erreichen erster Ziele bis 2025
Bis 2025 sollen schon einige Ziele erreicht sein, etwa die Entsiegelung und Begrünung von vier Großmaßnahmen mit rund 5000 Quadratmetern und 100 Kleinobjekte wie Garagen, 1000 neue Bäume in Wohn- und Gewerbegebieten, fünf „Frischeinseln“, vielleicht eine Machbarkeitsstudie für ein „Hardtmoor“ und ein Konzept für den Waldumbau. Die Bürger könnten und müssten mit eingebunden werden, durch Baumpatenschaften beziehungsweise Grünflächenpatenschaften, Pflanzaktionen oder vergünstigte Baumbeschaffung durch die Gemeinde, die Gründung einer Interessengemeinschaft zum Thema Klimafolgeanpassung und die Erfassung von leerstehendem Wohnraum und Unterstützungsangeboten der Gemeinde.
Die CO₂-Emissionen durch Konsum pro Person sind höher als viele vermuten, wurde an dem Abend auch deutlich. Das Plädoyer für weniger CO₂-Ausstoß durch klimafreundliches Konsumverhalten fehlte nicht. Möglichst viele Menschen müssten ihr tägliches Verhalten ändern.
Dafür sei aber auch eine dauerhafte Öffentlichkeitsarbeit wichtig. Die Bürger sollten mit solchen Informationsveranstaltungen abgeholt werden, um mit ihnen Maßnahmen zu diskutieren und sie in Entscheidungen einzubinden, bekräftigte Hirning abschließend und lud zur lockeren Diskussion beim Klimastammtisch am Donnerstag, 7. Dezember, um 18 Uhr in der Pizzeria „Aquila“ ein.
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