Schwetzingen. Der kommunale Wärmeplan zeigt, wie Schwetzingen in Zukunft klimaschonend mit Wärme versorgt werden soll. Die Aufstellung ist im Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg verankert und für die Stadt verpflichtend. Vor knapp einem Jahr hat die Verwaltung begonnen, mit der MVV Regioplan einen Wärmeplan für Schwetzingen aufzustellen. Der Ist-Zustand wurde erfasst und Potenziale ermittelt. 21 konkrete Maßnahmen zeigen, wie das Ziel einer vollständig dekarbonisierten Wärmeversorgung bis zum Jahr 2040 erreicht werden soll.
Seit Montag haben alle Bürger die Möglichkeit, den Maßnahmenkatalog öffentlich einzusehen und zu kommentieren. Ergänzend wurden Steckbriefe der einzelnen Schwetzinger Stadtteile mit deren perspektivischen Versorgungsoptionen ausgelegt. Am Montag, 27. November, werden ab 18 Uhr die wichtigsten Ergebnisse bei einer Bürgerinfoveranstaltung im Josefshaus hinter St. Pankratius vorgestellt. Wir haben im Vorfeld mit Oberbürgermeister Dr. René Pöltl und Stadtwerke-Geschäftsführerin Martina Braun über den Wärmeplan und die weiteren Schritte gesprochen:
Wärmeplanung als Pflicht und Ziel in Schwetzingen: Klimaschutz im Fokus
Worum geht es bei der Wärmeplanung für Schwetzingen und warum wurde diese erforderlich?
René Pöltl: Die Aufstellung ist im Klimaschutzgesetz verankert und für die Stadt Schwetzingen als Große Kreisstadt mit mehr als 20 000 Einwohnern verpflichtend. Baden-Württemberg – und somit auch Schwetzingen – soll spätestens 2040 klimaneutral sein. Der Wärmeplan beschreibt den Weg, wie dieses Ziel im Wärmesektor erfüllt werden kann. Die Stadtverwaltung hat vor knapp einem Jahr begonnen, gemeinsam mit dem Unternehmen MVV Regioplan einen Wärmeplan aufzustellen. In der ersten Phase ging es darum, den Zustand zu erfassen: Wo wird wie viel Wärme verbraucht? Welche Heizungstechnologien kommen zum Einsatz? In einem nächsten Schritt wurden die Potenziale zur Wärmeerzeugung mit erneuerbaren Energien, die in Schwetzingen zur Verfügung stehen könnten, ermittelt. Nachdem diese vorbereitende Phase abgeschlossen war, haben wir die Öffentlichkeit über den Zwischenstand informiert.
Aktuell befinden wir uns in der letzten Phase des Prozesses. Wir haben ein Handlungskonzept vorliegen, das mit 21 konkreten Maßnahmen den Weg hin zu einer dekarbonisierten Wärmeversorgung bis zum Jahr 2040 beschreibt. Dieses Handlungskonzept liegt aktuell für die Öffentlichkeit aus, in der kommenden Woche werden die wichtigsten Ergebnisse der Wärmeplanung auf einer zweiten Bürgerinformationsveranstaltung vorgestellt. Ein nächster Schritt ist dann ein Beschluss im Gemeinderat. Dafür bedarf es noch weiterer Abstimmungen und Feinjustierungen.
Warum stellt die Transformation der Wärmeversorgung eine besondere Herausforderung dar?
Pöltl: Die derzeitige Wärmeversorgung mit Fernwärme aus Kohle und den privaten Gas- und Ölheizungen wurde über viele Jahrzehnte aufgebaut und stellt heute die Ausgangslage für Schwetzingen dar. Bis zum Zieljahr 2040 bleiben uns nur 17 Jahre, um diese Wärmeerzeuger zu transformieren und zu dekarbonisieren, also CO2-frei zu bekommen. Das bedeutet für unsere Gesellschaft, unsere Wirtschaft und für uns als Kommunen eine riesengroße Herausforderung! Ich verstehe, dass dieser Anspruch viel Unsicherheit bei der Bevölkerung hervorruft. Die Diskussionen zum Gebäudeenergiegesetz im Sommer haben diese Unsicherheit leider nicht verbessert. Glücklicherweise haben wir in Schwetzingen gute Startvoraussetzungen. Vor über 17 Jahren hat sich die Stadt zusammen mit den Stadtwerken entschieden, das bestehende Fernwärmenetz für ihre Bürger zu kaufen. Eine Diskussion und ein Ausbau einer zentralen Wärmeversorgung wurden in unserer Stadt dadurch erst möglich. Heute sind in Schwetzingen 23 Prozent der Haushalte ans Fernwärmenetz angeschlossen, das jährlich weiter ausgebaut wird. Nur mit einem zentralen Fernwärmenetz können bei einem CO2-freien Großkraftwerk Mannheim große Schritte für eine Minderung und Vermeidung und damit für den Klimaschutz bei uns erreicht werden.
Welche Folgen ergeben sich aus der Wärmeplanung für die Schwetzinger Bürgerinnen und Bürger?
Pöltl: Mit dem Wärmeplan erhöhen wir die Planungs- und Investitionssicherheit für die Bürger, denn er verschafft Klarheit, welche Wärmeversorgungsoptionen zukünftig im persönlichen Wohnumfeld eine Rolle spielen werden. Wichtig ist: In der derzeitigen Form ist der Wärmeplan nur ein informelles Handlungskonzept, das noch keine rechtliche Außenwirkung nach sich zieht. Auch ein anstehender Beschluss des Gemeinderates löst noch keine Anwendung des Gebäudeenergiegesetzes und der vieldiskutierten Pflicht, beim Heizungstausch eine Anlage zu installieren, die auf mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien basiert, aus. Hierzu bedarf es einer Ausweisung von Gebieten zum Neu- oder Ausbau von Wärmenetzen, ähnlich dem Beschluss eines Bebauungsplanes. Dieser zweite Schritt ist im Wärmeplan als eine der Maßnahmen ebenfalls vorgesehen, muss allerdings noch gezielt und quartiersbezogen vorbereitet werden.
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Was bedeutet dies konkret für all diejenigen, die heute auf einen Fernwärmeanschluss bauen?
Martina Braun: Ein Wort vorweg. Mit der Übernahme des Fernwärmenetzes von der Fernwärme Rhein-Neckar GmbH im Jahr 2006 haben die Stadtwerke die Energielieferung sowie die technische und kaufmännische Betreuung fürs Versorgungsgebiet Schwetzingen und Oftersheim übernommen. Diese vorausschauende Entscheidung versetzt uns heute überhaupt erst in die Lage, bei der Kommunalen Wärmeplanung eine Rolle zu spielen und als operativer und strategischer Partner bei der späteren Umsetzung der Maßnahmen bereit zu stehen. Klar ist: Jede Ausbaumaßnahme, ganz gleich in welcher Energiesparte, basiert auf einer soliden Finanzierung.
Das gilt auch für den Bereich Fernwärme. Wir verfolgen im Übrigen bereits seit Jahren eine konsequente Fernwärme-Ausbaustrategie. Für die weiteren Ausbau- und Verdichtungsmaßnahmen sind in den kommenden Jahren zwischen zwei und drei Millionen Euro jährlich vorgesehen. Diese Ausbau- und Verdichtungsmaßnahmen konzentrieren sich naturgemäß auf diejenigen Gebiete und Stadtteile, in denen Fernwärmeleitungen vorhanden sind oder in der Nähe liegen. Aktuell schreiben wir Anlieger an, fragen das Interesse an Fernwärmeanschlüssen ab. Wenn sowohl die Wegstrecken als auch die Interessenlage zusammenpassen, wird es wirtschaftlich sinnvoll und wir machen das. Allerdings muss man wissen, dass ein Meter verlegte Fernwärmeleitung zwischen 1500 Euro und 2000 Euro kostet. Es ist also leicht auszurechnen, für wie viel Strecke das ausreicht und dass es deshalb unser primäres Anliegen sein muss, mit den verfügbaren Mitteln Jahr für Jahr so viele Anschlüsse wie möglich zu realisieren.
Wer bekommt in den nächsten Jahren den Fernwärmeanschluss?
Braun: Die Grundvoraussetzung für einen kurz- oder mittelfristigen Hausanschluss ist das Vorhandensein einer Fernwärmeleitung. Liegt eine Leitung vor dem Haus, ist der Hausanschluss im Grunde kein Problem, etzwa in weiten Teilen der Nordstadt. Mit unserem speziellen Förderprogramm besteht sogar die Möglichkeit, den Hausanschluss gratis zu erhalten. Liegt die nächste Fernwärmeleitung in der benachbarten Straße oder um die Ecke und es besteht ein ausreichendes Interesse der Anlieger für eine Umstellung auf Fernwärme, dann ist das Zuführen einer Leitung nach Betrachtung der Umstände ebenfalls machbar. Liegt die nächste Fernwärmeleitung weiter entfernt und ist die Gebäudedichte und damit die Abnahmemenge eher gering, ist eine Verdichtung aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten momentan unrealistisch.
Was sagen Sie den Menschen auf dem Hirschacker?
Braun: Aus der heutigen Perspektive müssen wir hier ehrlich sein. Die Struktur des Hirschackers lässt dort keinen Fernwärmeausbau erwarten. Die Investitionen wären so hoch, dass die Fernwärme für den einzelnen Haushalt nicht bezahlbar wäre.
Pöltl: In Stadtteilen, die perspektivisch nicht an die Fernwärme angeschlossen werden, stehen andere Versorgungsoptionen zur Verfügung. Vor allem Wärmepumpen werden künftig eine wichtige Rolle spielen, aber auch in anderen Bereichen kann es noch erheblichen technischen Fortschritt geben. Diese Optionen finanzierbar zu machen und den Heizungswechsel mit Fördermitteln zu erleichtern, liegt vor allem in der Hand des Bundes. Als Stadt stehen wir den Bürgern beratend zur Seite. Eine erste Anlaufstelle für alle, die sich mit dem Thema Wärmeversorgung des Eigenheims auseinandersetzen möchten, ist die Kliba, die im Auftrag der Stadt für alle Schwetzinger eine kostenlose Energieberatung anbietet. Da wir in den kommenden Jahren mit einem erhöhten Beratungsbedarf rechnen, werden wir das Beratungsangebot weiter ausbauen – auch das ist Teil des Schwetzinger Wärmeplans.
Was erwarten Sie aus der Diskussion mit den Schwetzingern zu Wärmeplanung?
Pöltl und Braun: Stadtwerke und Stadt sind starke Partner bisher und wollen dies auch in Zukunft sein. Wir schaffen die gesetzten Ziele bis 2040 nicht ohne die Menschen. Wir wollen sie gewinnen, gemeinsam den Weg zur CO2-Reduzierung mitzugehen. Das heißt heute noch nicht, dass jeder seine fossile Heizung austauschen muss, aber wenn die kleinen Schritte (wie Fenster und Türen) gegangen werden, kommen wir unserem städtischen Ziel Jahr für Jahr näher. In Deutschland sind wir stets ambitioniert und wollen ein schnelles Tempo. In Schwetzingen wollen Stadt und Stadtwerke bis 2040 und darüber hinaus Schritt für Schritt den gesetzten Zielen mit den Bürgern entgegenkommen, ohne dabei soziale Härten zu erzeugen. Denn wenn das Heizen in großen Teilen der Gesellschaft zur sozialen Frage wird, sinkt die Akzeptanz, sich für den Klimawandel zu engagieren.
Wie genau geht es weiter?
Pöltl: Teil der gesetzlichen Verpflichtung zur Wärmeplanung ist, dass wir bis 2027 mindestens fünf Maßnahmen aus dem Wärmeplan in eine Umsetzung bringen. Doch auch unabhängig von dieser gesetzlichen Pflicht möchten wir weitere sinnvolle Schritte gehen, um dem Ziel bis 2040 näher zu kommen. Mit der Pflicht zur Wärmeplanung wurden vom Land und Bund weitere Aufgabenfelder kommunalisiert. Dies stellt die Stadt Schwetzingen, die Stadtwerke und vor allem unsere Bürgerinnen und Bürger vor eine große Herausforderung, sodass wir in den nächsten Jahrzehnten einen kontinuierlichen Austausch der öffentlichen und privaten Anforderungen an eine funktionierende Wärmeversorgung haben werden. Inwieweit wir alle gesetzten Ziele bis 2040 erreichen, können wir heute noch nicht abschätzen, aber um überhaupt Ziele zu erreichen, müssen wir den eingeschlagenen Weg gemeinsam weitergehen.
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