Oftersheim. Den Sonnenstrom vom eigenen Dach nutzen - das können künftig die Kinder und Erzieher in der evangelischen Kita Fohlenweide. Deren Gebäude am östlichen Ortsrand von Oftersheim erhält nach einer Dachsanierung nämlich eine Photovoltaikanlage, die mit einem besonderen Konzept betrieben wird. Dadurch will die Gemeinde Kosten sparen und gleichzeitig zusammen mit den Bürgern etwas für den Klimaschutz tun.
Bislang werden geeignete Dachflächen von öffentlichen Gebäuden oftmals verpachtet, damit andere Institutionen oder Unternehmen dort Solarmodule installieren können. Eine solche, kleinere Anlage gibt es auch bereits auf dem Dach der Kita. Der dabei erzeugte Strom geht komplett ins öffentliche Netz, wird also nicht vor Ort genutzt. Einnahmen erzielen Kommunen dabei lediglich durch die - oft überschaubare -Pacht.
Photovoltaikanlage auf dem Dach
Beim neuen Projekt auf der Kita Fohlenweide kommt nun ein sogenanntes „Contracting“-Modell zum Einsatz: Dieser Anglizismus meint in der Energiebranche, dass der Eigentümer einer Aufstellfläche am Ertrag einer Anlage beteiligt wird. Im Falle des Kindergartendachs kann so einerseits der Sonnenstrom direkt in der Einrichtung genutzt werden, andererseits erhält die Gemeinde vom Betreiber der Anlage einen deutlich vergünstigten Preis für diese nachhaltige Energie.
„Im Vergleich zum regulären Strompreis sparen wir erheblich ein und müssen gleichzeitig für die PV-Anlage selbst keine Investitionssumme aufbringen“, erklärt der kommunale Klimaschutzmanager Martin Hirning, der die Idee für das neue Konzept hatte und damit den Gemeinderat überzeugen konnte.
„Die Anlage liefert uns künftig tagsüber billigen PV-Strom für den Eigenbedarf und speist den Überschuss ins öffentliche Netz ein. Dabei ist sie so dimensioniert, dass bald auch eine Heizungs- und Brauchwassererwärmung während der Sommermonate und der Übergangszeit möglich wäre, wenn wir perspektivisch auf eine Wärmepumpe umstellen. Nur in wenigen Wintermonaten müsste dann überhaupt noch Fremdstrom zugekauft werden“, erklärt Hirning.
Neue Wege in Sachen Gemeinwohl
Und eine weitere Besonderheit bietet das neue Modell: Betreiber der Anlage wird die Energiegenossenschaft Starkenburg aus dem südhessischen Heppenheim. Ziel solcher Genossenschaften ist es, die Energiewende abseits klassischer Unternehmensstrukturen voranzutreiben. Der gemeinwohlorientierte Ansatz zeigt sich deshalb auch in der Eigenbezeichnung: Auf dem Dach der Tagesstätte soll nämlich eine „Bürgersolaranlage“ entstehen, die vorzugsweise von Oftersheimern selbst finanziert werden soll.
Ab einem Betrag von 2000 Euro können Einwohner Teil der Genossenschaft werden und gezielt in das Projekt investieren. Bei einer Laufzeit von 20 Jahren verspricht die Genossenschaft einen festen Zinssatz von 3,5 Prozent pro Jahr, da auch Dividenden weiterer Projekte mit einfließen. Insgesamt rechnen die Südhessen mit Investitionskosten in Höhe von rund 78 000 Euro.
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„Wir wenden uns zunächst an Oftersheimer Bürger, weil wir unsere Projekte immer lokal finanzieren wollen. Erst wenn sich tatsächlich zu wenige Menschen vor Ort finden sollten, öffnen wir das Projekt auch für unsere anderen Mitglieder. Wir haben aber bereits Interessenten vor Ort gewinnen können und sind sehr zuversichtlich, dass wir genügend Oftersheimer dafür begeistern können“, erklärt Lea Schumacher von der Energiegenossenschaft Starkenburg.
Dank ihrer rund 15 Jahre langen Erfahrung und der Unterstützung von rund 1200 Mitgliedern könne die Genossenschaft ein solches Projekt optimal auf die Bedürfnisse vor Ort ausrichten.
„In Oftersheim war es der Gemeinde wichtig, möglichst wenig für den Eigenstromanteil bezahlen zu müssen. Um das zu ermöglichen, installieren wir auf dem Dach der Kita zwei technisch getrennte PV-Anlagen, die bei einem künftig höheren Bedarf der Kita problemlos zusammengelegt werden können“, erläutert Schumacher.
„Bürger mit ins Boot holen“
Insgesamt rechnet die Genossenschaft mit einer Spitzenleistung der Anlagen von etwa 99 Kilowattpeak und rund 84 000 Kilowattstunden erzeugtem Sonnenstrom im Jahr, was die Umwelt um rund 42 Tonnen CO2 pro Jahr entlasten soll.
Auch Bürgermeister Pascal Seidel ist davon überzeugt, dass dieses Gesamtkonzept für viele Oftersheimer interessant sein könnte. „Das ist ein guter Weg, um Bürgerinnen und Bürger mit ins Boot zu holen. Denn nicht nur öffentliche Stellen stehen in der Verantwortung, die Energiewende voranzutreiben - ohne die gesamte Bürgerschaft wird es schlicht nicht funktionieren. So übernehmen wir alle gemeinsam Verantwortung für den Klimaschutz. Und wer sich beim Kita-Projekt beteiligt, kann sich sogar noch über eine Rendite freuen“, argumentiert Seidel.
Weitere Infos zur Energiegenossenschaft Starkenburg und wie man sich an der Oftersheimer Bürgersolaranlage beteiligen kann, gibt es unter www.energiestark.de oder per E-Mail an info@energiestark.de. Dort können sich auch private und öffentliche Eigentümer größerer Dachflächen melden, die Interesse an dem Beteiligungs-Modell haben.
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