Oftersheim. Mit dem Entzünden der ersten Kerze beginnt bekanntlich nicht nur die Adventszeit selbst, auch das neue Kirchenjahr wird bei den zwei großen Konfessionen im wahrsten Sinne des Wortes eingeläutet, beispielsweise in Speyer mit dem eindrucksvollen Stadtgeläute am Vorabend.
In Oftersheim hat der erste Advent nicht nur in dieser Hinsicht schon eine wichtige Rolle gespielt. Im Jahr 2003, also vor 20 Jahren, standen umfangreiche Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen am Turm der Christuskirche an, die zeitgleich mit der Neugestaltung der Freiflächen in der Ortsmitte durchgeführt wurden. Schon seit Jahren gab es statische Probleme mit dem 1957 fertiggestellten Campanile, der nach dem Abriss des alten Kirchenschiffes auf den Untergeschossen des neubarocken Turmes von 1894 und eines Teils der Giebelwand der Kirche von 1747 als Stahlbetonskelett mit teilweise offenen Zwischenflächen errichtet wurde.
Glockensanierung in Oftersheim: Stabilität und Klangverbesserung
Daher musste das Sandsteinfundament des Vorgängerbaus mit einem massiven Ringanker aus Spannbeton stabilisiert werden, zudem war auch eine Betonsanierung des gesamten Bauwerks dringend erforderlich einschließlich Teilerneuerung der Putzflächen.
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Und letztendlich wurden auch die beiden Stahlglockenstühle für das vierstimmige Geläute durch einen einzigen aus Holz im oberen Glockengeschoss ausgetauscht. Zu diesem Zweck waren die Glocken ausgebaut und im Eingangsbereich der Kirche in Oftersheim aufgestellt worden. Nach Abschluss der Gesamtmaßnahme sollten die Glocken nach monatelangem Schweigen wieder ihre bronzenen Stimmen über die Dächer der Hardtgemeinde erheben dürfen.
Das erste Läuten nach der Renovierung der Glockenstühle in Schwetzingen
Dies geschah schließlich am Samstag vor dem ersten Advent im Jahr 2003 auf feierliche Weise: Die Glocken läuteten zunächst einzeln für sich und danach im Plenum.
Wer ihren Klang zuvor kannte, stellte sofort eine wesentlich weichere und vollere Klangentfaltung fest, die von dem neuen gemeinsamen Holzglockenstuhl ausging und so rechtzeitig das neue Kirchenjahr einläuten durfte.
Eindrucksvolle Erneuerung: Der Wandel der Glocken in St. Kilian
„Süßer die Glocken nie klingen“ galt auf ganz besondere Weise dann fünf Jahre später in der Pfarrgemeinde St. Kilian. Auch dort waren umfangreiche Renovierungs- und statische Baumaßnahmen am Gotteshaus erfolgt beziehungsweise zogen sich noch weit ins nächste Jahr, in dem sein hundertjähriges Jubiläum anstand. Unter anderem galt auch hier in der Glockenstube „Stahl raus, (Douglasien-)Holz rein“.
Mehr noch: Das ursprünglich vierstimmige Stahlgeläute aus dem Jahr 1921 war in dieser Form aus technischen Gründen nicht mehr zu halten und musste teilerneuert werden. Konkret bedeutete dies der Ausbau von zwei Glocken und eine Ergänzung der zwei verbliebenen durch den Neuguss dreier Bronzeglocken.
Ein akustisches Wagnis, denn bisher gab es im Erzbistum Freiburg nur sehr vereinzelt Geläute in Stahl-Bronze-Kombination. Würde das gut gehen?
Klangkörper für Oftersheim in Karlsruhe gegossen
Es ging gut – viele Gemeindemitglieder waren im September 2008 bei der Glocken- und Kunstgießerei Bachert in Karlsruhe mit dabei, als die drei Klangkörper gegossen wurden, und schließlich kam der 16. Oktober 2008: Es war Kerwesonntag, aber nicht nur deshalb war „ganz Ofdasche“ auf den Beinen.
Die neuen Glocken wurden in feierlicher Prozession durch den Ort gefahren und nach einem Festgottesdienst in der Christuskirche – St. Kilian war ja Baustelle – auf dem Kirchplatz von Dekan Wolfgang Gaber geweiht, dessen Primiz am 10. Juni 1973 sich übrigens in diesem Jahr zum 50. Mal jährte. Auch hier erfolgte das offizielle erste Läuten am Samstag vor dem ersten Advent während des Vorabendgottesdienstes im Josefshaus, genau vor 15 Jahren.
Bewegende Momente: Das Erlebnis der Gemeindemitglieder
Nach der Vorstellung der fünf Einzelglocken erklang auch hier im Anschluss das nunmehr fünfstimmige Plenum.
Für alle, die damals bei der Weihehandlung in Oftersheim „Ohrenzeuge“ waren, war es in der Tat ein Gänsehautmoment, der die Gläubigen sichtlich bewegte. „Mit dieser qualitätvollen Leistung konnte erneut unter Beweis gestellt werden, dass die Sanierung und Ergänzung eines Stahlgeläutes möglich ist und im vorliegenden Fall zu einem allen Erwartungen übertreffenden Gesamtergebnis führen kann“, schreibt die Erzbischöfliche Glockeninspektion auf ihrer Website zu der Oftersheimer Klangschöpfung.
Und um es mit Friedrich Schiller zu formulieren: „Freude dieser Stadt bedeute, Friede sei ihr erst Geläute.“
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