Oftersheim. Eine naturnahe Gewässerstruktur, um die von Menschen geschaffene geradlinige Wasserführung aufzuheben und dadurch seltenen Tier- und Pflanzenarten eine neue Heimat zu bieten. Das ist das erklärte Umweltschutzziel des Landes im Zuge der Umgestaltung einzelner Abschnitte des Leimbachs.
Seit der Umsetzung der ersten Maßnahmen zum Hochwasserschutz vor knapp 25 Jahren wird dabei von den verantwortlichen Planern auch auf eine Verbesserung der Gewässerökologie geachtet. „Ziel des Gesamtvorhabens ,Leimbach-Hardtbach-Projekte‘ ist es, den Hochwasserschutz zwischen Wiesloch und Oftersheim erheblich zu verbessern und gleichbedeutend die Gewässerökologie im Sinne der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie deutlich aufzuwerten“, teilt das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe dazu auf Anfrage mit.
Durch den teilweise bereits vor Jahrhunderten realisierten Ausbau und die entsprechende Begradigung vieler Gewässer von seiner Quelle bis zur Mündung fehle es zahlreichen Arten im Land und auch hier im Rhein-Neckar-Kreis an natürlichen Lebensräumen – zum Beispiel Wasserpflanzen, Algen, Kleinlebewesen und Fischen.
„Um diesen Arten das Leben und die Fortpflanzung im Leimbach zu ermöglichen, muss deshalb seine Struktur verändert und müssen besonders naturnahe Abschnitte geschaffen werden. Diese nennt man ,ökologische Trittsteine‘“, heißt es dazu weiter aus Karlsruhe. „Die Strecken zwischen diesen ,Trittsteinen‘ werden so verbessert, dass die Arten von einem ,ökologischen Trittstein‘ zum nächsten wandern können“, erklärt das Regierungspräsidium die Hintergründe weiter.
Erleichterung für Tiere im Leimbach
Zu den Wegerleichterungen für die Wassertiere gehören entsprechend beispielsweise Maßnahmen wie die Fischaufstiegshilfe an der Mündung des Leimbachs in den Rhein bei Brühl, die seit Längerem für eine Baustelle samt Sperrung sorgt und am Ende dieser Serie Thema sein wird.
Die „ökologischen Trittsteine“ wiederum werden am Leimbach seit Jahrzehnten abschnittsweise gestaltet und dabei auch entsprechende Synergien genutzt, wenn wegen des Hochwasserschutzes ohnehin Arbeiten anstehen. Dann werden beispielsweise die Ufer- und Sohlbefestigungen des Leimbachs entfernt, dem Gewässer wird mehr Platz zur Entwicklung gegeben und durch den Einbau von sogenannten Strukturelementen wird unter anderem ein geschwungener Gewässerlauf gefördert.
„Dadurch können sich Steil- und Flachufer dynamisch entwickeln und sich die typischen Tiere und Pflanzen eines naturnahen Fließgewässers ansiedeln“, erklären die Verantwortlichen aus Karlsruhe zu diesem Detail.
Biologen bewerten dabei den ökologischen Zustand und das denkbare Potenzial von Gewässern gemäß den Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie anhand verschiedener Faktoren: Vor allem Wasserpflanzen – sogenannte Makrophyten – und Kleinlebewesen – die Makrozoobenthos – sind dabei sehr wichtig. Eine besondere Bedeutung bei der Entwicklung von gewässerökologischen Maßnahmen kommt allerdings den „Leitfischarten“ im jeweiligen Gewässer zu: Im Leimbach sind das laut Regierungspräsidium zum Beispiel Döbel, Gründling, Hasel, Aal und Barbe.
„Insgesamt gesehen stimmt das aktuelle Fischartenspektrum nur ansatzweise mit der Referenz-Fischzönose, das heißt mit der natürlichen oder ehemaligen Fischfauna des Leimbachs, überein. Aufgrund seines derzeitigen Zustands mit monotonem Längs- und Querprofil, fast durchgehenden Feinsediment- und Schlammablagerungen, gehölzfreien Uferzonen, fehlendem Wurzelwerk und Totholz sowie geringer Tiefen- und Strömungsvielfalt finden die Leitfischarten keine günstigen Lebensbedingungen vor“, informieren die Experten aus Karlsruhe zudem.
Kaum geeigneter Unterschlupf
Demnach fehlten „insbesondere ausgedehnte und mit Uferstauden, Röhricht oder Makrophyten bewachsene Flachwasserzonen“ sowie „gut überströmte sandig-kiesige Bereiche, die als Laichsubstrate dienen können“. Da der Leimbach zudem eine sehr gleichmäßige Tiefe in seinem gesamten Verlauf hat und Wurzelwerk sowie Totholz fast vollständig darin fehlen, sind aus Sicht der Biologen auch kaum geeignete Unterstände und Aufenthaltsmöglichkeiten für die erwachsenen Fische vorhanden.
Dabei ist den Experten durchaus bewusst, dass sie beim Leimbach selbst langfristig nur einzelne Abschnitte naturgerecht umgestalten können, nicht aber den gesamten, immerhin knapp 40 Kilometer langen Verlauf zwischen der Quelle im Kraichgau und der Rheinmündung bei Brühl.
In urbanen Regionen wie der unseren gebe es schlichtweg nicht genug Freiflächen, um solche Großprojekte auch wirklich großräumig umzusetzen. „Allerdings können auch diese kleineren Strukturen bereits einen wichtigen Beitrag zur Förderung des Biotopverbunds leisten“, betonen die Fachleute des Regierungspräsidiums in ihrer Antwort auf die entsprechende Anfrage dieser Zeitung.
Bisher wurden allerdings nur im „Leimbachpark“ von Wiesloch auf einem Abschnitt von ungefähr 260 Metern Länge diese größeren Strukturverbesserungen tatsächlich umgesetzt. Geplant sind weitere und teils bedeutend längere Schritte in zwei weiteren Abschnitten bei Wiesloch, die teilweise bereits im Bau sind, sowie zwischen Nußloch und der Kirchheimer Mühle – allesamt als Teil der dortigen Hochwasserschutzmaßnahmen.
Der letzte Abschnitt im Bereich von Oftersheim mit der Zusammenlegung von Leimbach und dem Landgraben soll hingegen ausschließlich der Gewässerökologie dienen und noch einmal eine ganze Nummer größer ausfallen: Hier ist eine rund 50 Meter breite und naturnahe Auenlandschaft mit zahlreichen neuen Bäumen und zusätzlichen Pflanzen geplant. Sie soll als ein Biotopraum dienen und der Leimbach auf diese Weise zukünftig wieder möglichst ursprünglich verlaufen können. Diese Thematik wird im nächsten Teil unserer großen Leimbach-Serie beleuchtet.
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