Nahverkehr

Wieso es in Oftersheim voraussichtlich keinen Bürgerbus geben wird

Das Ergebnis ist ernüchternd: Nur rund ein Prozent der Einwohner hat auf die Umfrage der Gemeinde zu dem Thema reagiert. Auch an ehrenamtlichen Unterstützern würde es mangeln. Doch der Gemeinderat hat noch Einfluss.

Von 
Benjamin Jungbluth
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Die öffentliche Nahverkehr - hier die Buslinie 717 an der Haltestelle Wiesenstraße - wird in Oftersheim wohl nicht um einen Bürgerbus innerhalb der Gemeindegrenzen ergänzt: Die Rückmeldungen zum Projekt sind gering und Ehrenamtliche für den Betrieb finden sich bislang fast keine. Bild: Benjamin Jungbluth © Benjamin Jungbluth

Oftersheim. Die Idee könnte insbesondere für Ältere und den Klimaschutz interessant sein, außerdem gibt es in Plankstadt bekanntlich seit Jahren ein ähnliches und sehr erfolgreiches Konzept: Ein Bürgerbus, der in Ergänzung zum bereits bestehenden Linienbusnetz die gesamte Hardtwaldgemeinde auch in den Außenbereichen erschließt. Doch nach Auswertung der Umfrage, die die Gemeindeverwaltung in den vergangenen Wochen durchgeführt hat, macht sich Ernüchterung breit: Lediglich 134 Bürger – und damit nur etwa ein Prozent der Einwohner – haben einen ausgefüllten Umfragebogen ans Rathaus zurückgeschickt.

Und lediglich „eine Handvoll Bürger“ gab dabei an, auch als ehrenamtlicher Fahrer oder Organisator mitwirken zu können, heißt es vonseiten der Verwaltung. Genaue Zahlen seien dabei schwer zu ermitteln, weil bei fast all diesen Mithilfe-Rückmeldungen auch noch Einschränkungen genannt wurden, sodass eine konkrete Planung nicht möglich sei.

„Recht eindeutiges“ Ergebnis bei Oftersheimer Umfrage zum Bürgerbus

Für Bürgermeister Pascal Seidel ist dieses Ergebnis recht eindeutig. „Die Anzahl der Rückmeldungen ist wirklich gering. Wie wir von Beginn an kommuniziert haben, müsste das Projekt von vielen Ehrenamtlichen getragen werden, weil wir als Kommune dazu alleine nicht in der Lage wären. Und gerade bei den möglichen Helfern waren die Rückmeldungen definitiv viel zu gering“, so Seidel. Das Projekt könne mit diesen Zahlen eigentlich nicht umgesetzt werden. „Allerdings möchte ich dem neuen Gemeinderat hier nicht vorgreifen, der final darüber entscheiden wird“, betont der Bürgermeister.

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Da Oftersheim – wie die meisten weiteren Kommunen im Land – inzwischen auf eine angespannte Haushaltslage blickt, ist insbesondere die Finanzierung eines Bürgerbusses schwierig. Deshalb hatte die Verwaltung immer wieder betont, dass es sich bei einem solchen Angebot um eine freiwillige Zusatzleistung handeln würde.

Oftersheim werde gleichzeitig immer stärker durch Pflichtaufgaben wie den Bau und Betrieb von Kitas oder die Aufrechterhaltung der Infrastruktur belastet. Ohne eine ausreichende Anzahl an Ehrenamtlichen sei ein Bürgerbus also nicht umsetzbar, bedauert Bürgermeister Pascal Seidel – „auch wenn ich den Wunsch einzelner Bürger sehr gut verstehen kann.“

Plankstadt bietet Oftersheim Rat beim Thema Bürgerbus an

Rolf Hamm, Gründungsmitglied und amtierender Vorsitzender des Plankstadter Bürgerbusvereins, möchte nicht über das mangelnde Interesse an einem Bürgerbus in der Nachbargemeinde spekulieren. „Ich kann nur sagen, was bei uns in Plankstadt zum Erfolg geführt hat: Das war die breite Unterstützung aller im Ort aktiven Parteien, die sogar so weit ging, dass Gemeinderäte direkt im Verein aktiv geworden sind. Das hat dann viele Bürger ermutigt, sich ebenfalls einzubringen“, berichtet Hamm.

In der Nachbargemeinde Plankstadt ist der Bürgerbus seit 2016 ein etablierter Service und hat mittlerweile mehr als 100 000 Menschen befördert. Vereinsvertreterin Gaby Wacker freut sich Ende Juni 2021 über ein neues Fahrzeug. © Zelt

Dennoch sei es nicht einfach, ein solches Projekt tatsächlich langfristig zu stemmen. „Da kommt es nicht nur auf den aktiven Vorstand und möglichst viele ehrenamtliche Fahrer an, sondern auch auf eine breite Basis an Mitgliedern, die den Verein im Hintergrund tragen“, betont Hamm.

Seit 2016 ist in Plankstadt der Bürgerbus im Einsatz. Im Frühjahr wurde der 100 000. Fahrgast begrüßt, im Juli soll der nunmehr dritte Bus in Dienst gestellt werden. Gleichzeitig fungiert das Plankstadter Modell als Vorbild für andere Bürgerprojekte, wie beispielsweise in Dossenheim, wo inzwischen ebenfalls ein solches Fahrzeug im Einsatz ist. „Dort haben wir die Verantwortlichen im engen Kontakt beraten, denn man kann bei einem solchen Vorhaben viel voneinander lernen. Das würden wir natürlich auch in Oftersheim tun“, sagt Rolf Hamm.

Mangelnde Nachfrage nach Bürgerbus in Oftersheim „bedauerlich“

Für den Vorsitzenden des Plankstadter Vereins ist die geringe Nachfrage im Nachbarort bedauerlich – denn er sieht viele Vorteile eines solchen Konzepts. „Da geht es auch um das Soziale: Unsere Fahrer helfen beim Einsteigen mit Rollatoren und Kinderwagen, tragen auch mal schwere Einkaufstüten zum Haus oder halten ein Schwätzchen mit den älteren Fahrgästen. Das schafft Identität und Vertrauen“, sagt Rolf Hamm dazu. Abschließend betont Hamm noch: „Viele Plankstadter sprechen deshalb oft ganz stolz von ,ihrem Bürgerbus‘ – es geht also um mehr als nur um ein Verkehrsmittel.“

Freier Autor Freier Journalist für die Region Heidelberg, Mannheim und Rhein-Neckar. Zuvor Redakteur bei der Schwetzinger Zeitung, davor Volontariat beim Mannheimer Morgen. Neben dem Studium freie Mitarbeit und Praktika u.a. beim Mannheimer Morgen, der Süddeutschen Zeitung, dem SWR und der Heidelberger Studentenzeitung ruprecht.

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