Plankstadt. Wer über den Rathausplatz geht oder sich auf einer der dortigen Bänke ausruht, dem fallen immer wieder Kinder auf, die ein mit Planken abgedecktes Viereck auf dem Areal gerne als Spielplatz nutzen, denn die lauten Geräusche, die das Objekt beim Herumhüpfen von sich gibt, erfreuen die Kinder. Fragt man nach, was es mit diesem abgedeckten Objekt auf sich hat, erhält man auch von älteren Plänkschtern gerne die falsche Antwort, dass hier früher die alte Brückenwaage der Gemeinde installiert gewesen sei.
Hier trügt die Erinnerung. Es handelt sich dabei um einen Tiefbrunnen für Feuerlöschzwecke, denn Plankstadt verfügt ja über kein öffentliches Gewässer, aus dem man im Bedarfsfall Löschwasser entnehmen könnte. Die Brandkatastrophen von 1895 und 1900 können noch als Beispiel für den Wassermangel dienen, als Löschwasser aus dem Schlossgarten-Weiher in Puhl-Fässern mit Pferdegespannen herbeigeschafft werden musste.
Fast in Vergessenheit geraten
Plankstadt verfügt insgesamt über drei solcher Tiefbrunnen: am Rathausplatz, an der Hebelstraße neben der früheren „Feldwanz“ und an der Bürgermeister-Helmling-Straße gegenüber der Einmündung Scipiostraße. Die Feuerwehr sorgt mit regelmäßigen Übungen dafür, dass die drei Brunnen für Notfälle immer technisch einsatzbereit sind. Auch die Abdeckungen müssen regelmäßig überprüft werden, damit sie nicht durch Witterungseinflüsse beschädigt oder gar einsturzgefährdet sind.
Über die Notwendigkeit der Tiefbrunnen will man heute gar nicht apokalyptisch spekulieren: Was wäre, wenn Computer-Hacker das Stromnetz außer Betrieb setzen und keine elektrische Pumpe in der Region mehr einsatzbereit wäre – wie käme die Bevölkerung dann an Wasser, wenn nicht über die Tiefbrunnen, die mit Diesel-Aggregaten betrieben werden können?
Zurück zur Brückenwaage: Wie kommt es, dass ihr früherer Standort fast völlig in Vergessenheit geraten ist? Vielleicht gilt hier die alte Weisheit: „Aus den Augen, aus dem Sinn!“ Die alte Brückenwaage für Fuhrwerke oder Lastwagen befand sich zunächst direkt vor dem Rathaus vor den Fenstern des alten Ratssaales (des späteren Bürgerbüros). Die Technik für die Waage befand sich im Innern des Haus an der Wand des Bürgersaales.
Noch bevor 1961 das Feuerwehrgerätehaus erbaut wurde, verlegten die Verantwortlichen die Brückenwaage 1957 auf den Rathausplatz, denn vor dem Rathaus war sie aus verkehrstechnischen Gründen nicht mehr sinnvoll. Im Innern der Scheune der Schreinerei Büchel befand sich in einem kleinen Raum die Technik der neuen Brückenwaage, die damals 19 000 Mark kostete. Als später mit dem Abriss der Scheune und des Rathaus-Cafés der gesamte Rathausplatz umgestaltet wurde, musste auch die Brückenwaage weichen. Seither gibt es keine gemeindeeigene Waage dieser Art mehr.
Mit der Brückenwaage nichts zu tun hatte die öffentliche Viehwaage, die auch nach der Tabakernte von den Bauern zur Tabakverwiegung genutzt wurde. Vielleicht erinnern sich noch die Älteren daran, wie die Hauptstraße bis über den Gasthof Adler hinaus und die Luisenstraße mit beladenen Tabakfuhrwerken vollstanden. Die Wagen wurden durch eines der beiden großen Tore des Rathauses ins Innere geschoben, der Tabak auf die zwischen den Toren befindliche Viehwaage geladen und dann wieder auf den leeren Wagen gehievt.
Umzug zu Raiffeisen
Die Zunahme des Straßenverkehrs machte diese Tabakverwiegungen an diesem Ort obsolet und so wurde der Tabak dann ab 1957 im Raiffeisen-Lagerhaus an der Ecke Scipio-/Helmling-Straße verwogen. Später, nachdem das Lagerhaus aufgegeben worden war, fanden die Verwiegungen auf dem Wiegand-Hof am Alsheimer Weg und danach auf dem Hof von Kurt Hallwachs statt. Heute verwiegen die letzten verbliebenen Tabakbauern Andreas und Rolf Hallwachs ihren Tabak direkt auf ihrem Hof – auch technisch hat sich bei der Verwiegung einiges geändert.
Auf dieser ehemaligen Tabakwaage im Rathausanbau wogen die Plankstadter Metzger an Schlachttagen am Morgen auch das lebende Vieh und das Quieken der Schweine war in der Umgebung gut zu vernehmen. Als der Rathausumbau anstand, musste auch der in der Remise entlang der Wilhelmstraße befindliche Bauhof weichen. Neben dem Feuerwehrgerätehaus und hinter dem Gasthaus „Zum Löwen“ richtete sich der Bauhof der Gemeinde ein – also über der heutigen Tiefgarage, wo nun eine kleine Gartenanlage entstanden ist. Das Eingangstor zum Bauhof war an der Stelle der heutigen Abfahrt zur Tiefgarage. Dort wurden 1962 die Viehwaage installiert und das Schlachtvieh nun dort gewogen.
Man kann sich richtig vorstellen, dass die quiekenden Tiere heutzutage am frühen Morgen den Unmut und den Protest der umliegenden Bewohner hervorrufen würden. Immerhin wurden damals an Schlachttagen beim einzelnen Metzger zehn bis zwölf Schweine angeliefert und nicht alle Tiere wollten immer so, wie sich die Metzger das vorstellten. Innerörtlich wäre das heute nicht mehr vermittelbar. Öffentliche Lebendverwiegungen am Schlachttag selbst sind auch nicht mehr erforderlich, da man bei den Tieren vom Lebend- zum Schlachtgewicht übergegangen ist und dies technisch und rechnerisch anders organisiert hat.
Auch wurden damals die Metzger aus Rationalisierungsgründen aufgefordert, die Schlachtung den regionalen Schlachthöfen zur besseren Auslastung zu überlassen. Alle wissen, was passierte: Heute haben die meisten Schlachthöfe wegen zu geringer Auslastung geschlossen (siehe Mannheim) und die Tiere werden beispielsweise im Schlachthof Bruchsal geschlachtet und die Teile dann an über weite Strecken an die Metzger geliefert. Ob das einer mittlerweile so sehr gewünschten Nachverfolgung der Herkunft des Fleisches wirklich dienlich ist, sei dahin gestellt.
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