Vor 50 Jahren

Vor 50 Jahren: Erste Protestaktion gegen Eingemeindung Plankstadts

Im Mai 1973 starten die Plankstadter Einwohner ihre Proteste gegen eine Eingemeindung Plankstadts nach Schwetzingen – und sind damit erfolgreich.

Von 
Ulrich Kobelke
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Um ihre Selbständigkeit zu bewahren – die Landesregierung plant die Eingemeindung nach Schwetzingen – gehen die Plankstadter 1973 auf die Straße und formieren sogar einen Autokorso. © Gemeindearchiv

Plankstadt. Dass die Plänkschder schon immer ein wehrhafter Stamm waren, die gegenüber der Obrigkeit nicht nur demütiges Kopfnicken kannten, beweist die Geschichte der Gemeinde. Im Jahr 1255 verschworen sich die Plankstädter gegen die Grundherren, die Zisterziensermönche des Klosters Schönau, die die Bauern von ihrem Land vertreiben und die Felder selbst bewirtschaften wollten, wie es ihrer Ordensregel entsprach. Wie damals üblich reagierte das Kloster auf den Widerstand mit dem Kirchenbann (Exkommunikation) für unsere Vorfahren – eine im Mittelalter furchtbare Strafe für die gläubigen Menschen. Erst nach Vermittlung durch Pfalzgraf Ludwig II. wurde die Strafe wieder aufgehoben.

Aber auch in der Neuzeit verstanden es die Plänkschder, sich zur Wehr zu setzen. Ganz so dramatisch wie im Mittelalter ging es dann vor 50 Jahren doch nicht zu, aber auch da zeigten die Plänkschder Flagge und trotzten der „Obrigkeit“, also der Landesregierung, in der damals die CDU die absolute Mehrheit hatte und somit auch letztendlich entscheiden konnte.

Plankstadts Bürgermeister Werner Weick unterstreicht im Adler-Saal die Notwendigkeit der Selbständigkeit. © Archiv

Geplant hatte die Landesregierung im Zuge der großen Verwaltungsreformen zwischen 1968 und 1975 eine Eingemeindung der Gemeinden Plankstadt und Oftersheim nach Schwetzingen; manche nannten es auch Fusion – aber egal, wie man es genannt hätte, es wäre das Ende der Selbständigkeit Plankstadts gewesen.

Bürgerinitiative und Demos

In Plankstadt formierte sich früh der Widerstand: Bürgermeister, Verwaltung und Bürger zogen an einem Strang. Die Gründung einer Bürgerinitiative stand im Raum. In Dr. Dr. Ulrich Mende fand Bürgermeister Weick einen vehementen Verfechter der Selbständigkeit. Der Gemeinderat erinnert sich gut an diese turbulenten Tage. Mende wollte unbedingt gegen diese Pläne aktiv werden, da er die Meinung vertrat, die unmittelbar betroffenen Bürger seien in die Entscheidung direkt einzubeziehen. Daher schlug er dem Bürgermeister vor, eine Bürgerinitiative zu gründen. Weick zeigte sich davon gleich begeistert und stellte sich hinter diese Idee.

Einer der Mitinitiatoren der Bürgerinitative war Fritz Hahn aus der Wilhelmstraße. Bei der konstituierenden Sitzung meinte der Hahne-Fritz zu Ulrich Mende: „Unsa Vorsitzender kannsch ned werre, weil ned vun Plankschd bisch! Awwa du hosch s’greeschde Maul, du wersch unsa Schbrescher!“ Und so wurde Ulrich Mende der Sprecher der sehr aktiven und stark präsenten Bürgerinitiative, von der sich die meisten Plänkschder vertreten sahen.

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Einer der Höhepunkte der Aktivitäten war eine Fahrt nach Stuttgart, um den Protest auch in der Villa Reitzenstein, dem Sitz der Landesregierung, vorzubringen. Aber auch der 12. und 13. Mai 1973 war ein denkwürdiges Wochenende für die Gemeinde Plankstadt, begann doch zu diesem Termin vor 50 Jahren der sichtbare Protest gegen diese Eingemeindungspläne der Landesregierung. Am 12. Mai – einem Samstag vor 50 Jahren – formierte sich ein bunter Protestzug durch die Gemeinde und am darauffolgenden Sonntag, 13. Mai, fand die erste Bürgeranhörung statt.

Überwältigende Mehrheit

Diese ergab folgendes Bild: Bei einer Stimmbeteiligung von 78 Prozent (4988 von 6395 Berechtigten) sprachen sich 96,79 Prozent gegen eine Fusion aus, 2,8 Prozent stimmten dafür und nur 18 Stimmen waren ungültig. Bei einer zweiten Bürgeranhörung, die am 20. Januar 1974 stattfand, waren in Plankstadt 6493 Bürger stimmberechtigt. Ihr Votum abgegeben haben 5505 Bürger, was 84,78 Prozent entspricht. Nur 17 Stimmen waren ungültig, 209 (3,95 Prozent) stimmten für die Fusion und 5079 (96,05 Prozent) stimmten für den Erhalt der Selbständigkeit.

Dies waren zwar ganz deutliche Signale gegen die Planungen, brachten aber die Landesregierung keineswegs von ihrem Weg hin zu einer Fusion ab. Aber auch die Plänkschder änderten keineswegs ihre Meinung und so kam es zu vielen Protesten im Jahreslauf mit zahlreiche Versammlungen im vollbesetzten Adler-Saal mit hitzigen Debatten. Erst im Juni 1974 entschloss sich dann die CDU-Landtagsfraktion für den Erhalt der Selbständigkeit der drei Gemeinden. Dies nicht zuletzt aufgrund des Einsatzes der Landtagsabgeordneten Dr. Lothar Gaa (CDU) und Karl-Peter Wettstein (SPD) für ihre Heimatgemeinden.

Auch die Jugend demonstriert mit und trägt entsprechende Banner, die Plankstadts Wunsch nach Selbständigkeit Nachdruck verleihen. © Archiv

Wie der 2022 verstorbene Lothar Gaa in mehreren Gesprächen betonte, wäre es zweifelsfrei zur Eingemeindung gekommen, hätte die Landesregierung sich unbedingt durchsetzen wollen, denn die CDU regierte zu diesem Zeitpunkt immerhin mit absoluter Mehrheit im Land.

Und so endete schließlich die Aufregung um das Thema Selbständigkeit: Am Donnerstag, 27. Juni 1974, fiel in der 60. Sitzung der 6. Wahlperiode des Landtags von Baden-Württemberg eine schicksalsträchtige Entscheidung, die der Gemeinde Plankstadt die Eingemeindung nach Schwetzingen erspart hat. In der amtlichen Sprachregelung des Landtags hieß dies genauer: „Zweite Beratung eins Gesetzes zur Reform der Gemeinden in der Region Unterer Neckar (Gemeindereformgesetz Unterer Neckar) – Drucksache 6/4412 mit dem Antrag des Ausschusses für Verwaltungsreform – Drucksache 6/5212.

Bei der nachfolgenden Abstimmung wurde der Paragraf 23, in dem die Bildung einer Stadt Schwetzingen, bestehend aus den Kommunen Schwetzingen, Plankstadt und Oftersheim, beschlossen werden sollte, bei sieben Gegenstimmen und zwei Enthaltungen aus dem Gesetz gestrichen. Die ist aus dem Buch „Lothar Gaa – Abgeordneter für alle“ zu entnehmen, dass 2008 im Verlag Regionalkultur erschieb.

Der Fanfarenzug Blaue Dragoner bildet die Spitze des Demon-strationszuges. © Archiv

Engagement lohnt sich

Plankstadt hatte Glück – nicht überall im Land endete das Verfahren für die Kommunen so positiv: Die Gemeinde Königshofen im Taubertal sollte trotz Protestes mit der Stadt Lauda zusammengelegt werden und so kam es auch. Darauf trat der Königshofener Bürgermeister Gerhard Gund aus Protest aus der CDU aus, der er Jahrzehnte angehört hatte.

Da Gund aus Plankstadt stammte, hatten die beiden Kommunen anläßlich der 1200-Jahrfeier Plankstadts 1971 eine Partnerschaft geschlossen und einige Zeit fanden dann auch auf Vereins- und Jugendebene zahlreiche gegenseitige Besuche statt. Mit der Eingemeindung 1974 nach Lauda ging Bürgermeister Gund in Königshofen in Ruhestand und die Partnerschaft wurde von der neu gegründeten Verbandsgemeinde Lauda-Königshofen nicht weiterverfolgt und existiert heute nicht mehr.

Zusammen mit der Gemeinde Oftersheim wird Plankstadt auch im kommenden Jahr an die Ereignisse um den Erhalt der Selbständigkeit der beiden Kommunen vor mittlerweile einem halben Jahrhundert erinnern.

Freier Autor

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