Schwetzingen. Carl Theodor, von Gottes Gnaden Pfalzgraf bei Rhein, des Heiligen Römischen Reichs Erbschatzmeister und Kurfürst in Bayern, zu Jülich, Kleve und Berg Herzog, Fürst von Mörs, Marquis zu Bergen op Zoom, Graf zu Veldenz, Sponheim, der Mark und Ravensberg, Herr zu Ravenstein – so lautet der ganze Titel unseres in Schwetzingen so beliebten Kurfürsten, der jeden Sommer hier seine Sommerresidenz nahm und das Leben im Schlossgarten genoss.
Bevor wir beginnen, Eure Hoheit, bitte sagen Sie etwas zu Ihrem Leben, damit wir Verständnis für Ihre Zeit bekommen.
Carl Theodor: Geboren wurde ich in Drogenbusch bei Brüssel, erst durch die Verlobung mit meiner Cousine Elisabeth Auguste kam ich nach Mannheim. Mit 17 Jahren wurde ich dann mit ihr verheiratet. Als Kurfürst Karl-Philipp 1741 starb, musste ich die Herrschaft über die Kurzpfalz und die Herzogtümer Jülich und Berg übernehmen. Ich wurde aus dynastischen Gründen mit Elisabeth Auguste verheiratet. Mein Leben war sehr öffentlich, vom Aufwachen bis zum Einschlafen wurde ich begleitet, ob privat oder offiziell, Privatsphäre gab es für mich als Kurfürsten wenig. Die Gesellschaft war noch ständisch gegliedert. Aber das Bürgertum strebte nach Emanzipation. Historiker bezeichnen heute meine Zeit als aufgeklärten Absolutismus. Am Ende meines Lebens versuchten die Akteure der französischen Revolution die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse grundlegend zu verändern.
Was waren für Sie die wichtigsten Themen Ihrer Zeit?
Carl Theodor: Das war zum einen die Stellung meines Territoriums in der Auseinandersetzung zwischen Österreich, Preußen, dem Deutschen Reich sowie Frankreich zu sichern und zum anderen, die Wissenschaften, die Philosophie, die Künste und die Wirtschaft zu fördern.
Welche Eigenschaften charakterisieren Sie ganz besonders in Ihrem Leben und Wirken?
Carl Theodor: Ein umfassendes Interesse an Bildung und die Begeisterung für Kunst, Kultur und Wissenschaft. Ich galt als zurückhaltend, ernsthaft, ehrlich und oft melancholisch. Allerdings warf man mir auch Verschwendungssucht und Unsicherheit in politischen Entscheidungen vor.
Was bedeutete für Sie Bildung?
Carl Theodor: Eine allumfassende Bildung und ein lebenslanges Lernen waren meine Maxime und mein Anliegen, darum habe ich unter anderem die Mannheimer Akademie der Wissenschaften gegründet.
Wie wurden Sie eigentlich auf Ihre Rolle als Pfalzgraf und Kurfürst vorbereitet?
Carl Theodor: Ich wurde von Jesuiten erzogen, studierte in Leyden und Löwen Recht, Ökonomie und Geschichte und bekam auch eine militärische Ausbildung. Darüber hinaus erlernte ich mehrere Sprachen und Sitten sowie Gebräuche der höfischen Welt.
Welcher Künstler hatte sie am meisten beeindruckt?
Carl Theodor: Mozart spielte am Hofe und hat mich mit seiner Musik begeistert, ebenso kam Voltaire vorbei, mit dem ich diskutieren konnte.
Welche Bedeutung hatte das Schwetzinger Schloss und der schöne Garten für Sie?
Carl Theodor: Ich liebte Schwetzingen als Sommerresidenz und als mein besonders privates Refugium. Kulturelle Bedeutung hatte das Rokokotheater; Entspannung fand ich im Badhaus. Ich mochte Kartenspiele und war leidenschaftlicher Schachspieler. Für all das gab es genügend Räumlichkeiten im Schloss. Der Garten war nach dem Beispiel von Versailles gestaltet und öffnete sich im englischen Stil Richtung Weinstraße – dies war mir alles ein Quell der Freude.
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Ihre Lieblingsheldin?
Carl Theodor: Meine „Maman“, so nannte ich meine Großmutter, war meine Heldin. Ihr verdanke ich meine liebevolle, strenge und fürstliche Erziehung.
Was gefiel Ihnen am besten an der Kurpfalz?
Carl Theodor: Die abwechslungsreiche Landschaft, das Klima und die Menschen.
Ihr Lieblingsland?
Carl Theodor: Ich war begeistert von Italien, dem Land, in dem Orangen und Zitronen wachsen.
Worauf waren Sie besonders stolz?
Carl Theodor: Es war so vieles, das ich auf den Weg brachte, um nur einiges zu nennen: Die Akademie der Wissenschaften, wie bereits erwähnt. Stolz war ich auf die umfangreichen Bestände der Mannheimer Bibliothek, die ich auch der Öffentlichkeit frei zugänglich machte. Dazu meine kurfürstlichen Sammlungen wie Gemälde-Galerie, das Kupferstich- und Naturalienkabinett, meine Münzsammlung und die Schatzkammer. Auch diese waren Besuchern geöffnet. Ebenso die Gründung der Porzellanmanufaktur in Frankenthal. Aus meiner Musik-Förderung ist die berühmte „Mannheimer Schule“ hervorgegangen. Das Nationaltheater konnte trotz meines Wegganges nach München in Mannheim eröffnet werden. Hier wurden 1782 Friedrich Schillers „Räuber“ uraufgeführt.
Liebe oder Rosenkrieg? Wie war Ihre Ehe mit Elisabeth Auguste?
Carl Theodor: Es war eine unerquickliche, lieblose Ehe, die kinderlos blieb, da unser Sohn wenige Stunden nach der Geburt starb. Wir hassten uns letztlich und wünschten uns gegenseitig den Tod. Gerne hätten wir jeweils einen anderen Partner geheiratet. Eine Scheidung kam für mich wegen meines katholischen Glaubens nie infrage.
Was bedeutet für Sie Lebensfreude?
Carl Theodor: Ich habe körperliche und geistige Freuden genossen, dazu gehörten Festbankette, Maskenbälle, Opern, Wein und Feuerwerke in der Stadt. Davon profitierte auch die Bevölkerung. Obwohl ich eher ein aufgeklärter Absolutist war, liebte ich die Lustbarkeiten des Barocks.
Ihr traurigster Moment?
Carl Theodor: Es gab mehrere: Der Abschied von meiner „Maman“ als Zehnjähriger. Der Tod meines Sohnes Franz-Ludwig Josef. Die Trauer um meine Mätresse Maria Josepha Seyffert, die mir vier Kinder schenkte und schließlich im Kindsbett starb. Die Verlegung der Residenz nach München 1778 war aber auch ein trauriger Abschied von der Kurpfalz.
Was macht Sie glücklich?
Carl Theodor: Dass mein Name bis heute für das „Goldene Zeitalter“ der Kurpfalz steht.
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