Klimastammtisch

Maximilian Fichtner spricht über Möglichkeiten des Antriebs im Verkehr

Von 
Volker Widdrat
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Professor Maximilian Fichtner (r.) referierte und diskutierte beim Klimastammtisch des Büros für Klimaschutz, Energie und Umwelt während der Ecomobil-Gala über vollelektrische Antriebe im Vergleich zu Wasserstoff- und Verbrennungsmotoren. Bild: Widdrat © Volker Widdrat

Schwetzingen. Der offiziellen Eröffnung der Ecomobil-Gala am Freitagnachmittag im Schlossgarten folgte der dritte Klimastammtisch des Büros für Klimaschutz, Energie und Umwelt der Stadt Schwetzingen. Klimaschutzbeauftragter Patrick Cisowski und Managerin Stefanie Dott begrüßten zur Veranstaltung in der Schlosskapelle 30 angemeldete Teilnehmer. Dr. Susanne Roeder, Mitglied der internationalen Jury der Classic-Gala, moderierte den Stammtisch.

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„Die Transformation der Antriebe“ war Thema des Impulsvortrags von Professor Maximilian Fichtner vom Helmholtz-Institut Ulm. Der Professor für Festkörperchemie an der Universität Ulm und Leiter der Abteilung Energiespeichersysteme am Institut für Nanotechnology des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) referierte über vollelektrische Antriebe im Vergleich zu Wasserstoff- und Verbrennungsmotoren mit E-Fuels (synthetische Kraftstoffe, die mit Erneuerbaren Energien aus Sonne und Wind hergestellt werden). Fichtner erläuterte zunächst den Verbrauch fossiler Energieträger auf einer historischen Zeitskala. Das klassische Rohöl wird bis 2030 zu dreiviertel verschwunden sein. Ab 2025 müssten mehr als 50 Prozent des Öls, ab 2030 mehr als 80 Prozent, aus „unkonventionellen Quellen“ bereitgestellt werden, etwa aus Fracking, der Arktis, der Tiefsee oder Ölsande. Gesamt wären das etwa 550 Milliarden Barrel. Ein Barrel Rohöl sind 159 Liter. Der derzeitige Verbrauch weltweit beträgt rund 110 Millionen Barrel pro Tag. „Das restliche Öl reicht also für etwa 13,5 Jahre“, rechnete Fichtner vor. Die Situation der Erdölförderung werde immer angespannter, das zeige der aktuellste „World Energy Outlook“ von 2018: „Also müssen schnellere Lösungen her.“

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Um einen Liter Öl über Fracking oder Teersande zu erzeugen, ist ein großer Energieaufwand nötig. Für den Weiterbetrieb des Verbrennungsmotors E-Fuels herstellen zu wollen, sei „kompletter Blödsinn“, so Fichtner weiter. Mit der Energiemenge eines Diesel-Pkw bei einem Verbrauch von sechs Litern auf 100 Kilometern kann ein E-Auto 1000 Kilometer weit fahren - und das emissionsfrei. Bei Diesel bleiben nach wie vor lokale Emissionen wie Ruß und Lärm, eine Tankfüllung könnte 300 bis 400 Euro kosten.

Elektrische Antriebe sind für den Wissenschaftler „die effizienteste Art des Antriebs“. Brennstoffzellen-Fahrzeuge träfen auf wenig Infrastruktur, hohe Kosten und niedrige Effektivität. Im Pkw-Bereich liege das Elektroauto klar vorn.

Hindernisse für Wasserstoff

Fichtner ging auf den Energiebedarf des Transportsektors in Deutschland ein. 2018 hat der gesamte Bereich 751 Terawattstunden Energie verbraucht, die durch Öl und Gas erzeugt wurden. Mit batterieelektrischen Fahrzeugen hätte man dafür lediglich 130 bis 170 Terawattstunden Energie benötigt. Mit wasserstoffbasierten Brennstoffzellen-Fahrzeugen wäre die Bilanz auf rund 1000 Terrawattstunden Energie hoch gegangen. Es gebe noch viele aktuelle Hindernisse für Wasserstoff im Transportwesen.

Bei der Entwicklung der Lithium-Ionen-Batterie haben sich die Kosten in den vergangenen zehn Jahren um 90 Prozent reduziert, die Kapazität verdoppelt, erläuterte Fichtner die Kostenkurve für Batteriefahrzeuge mit 350 bis 400 Kilometern Reichweite. Bleiben Reichweite und Speicherkapazität als kritische Punkte? Schon für die nächsten Jahre hält Fichtner Reichweiten von bis zu 700 Kilometern für sicher: „Selbst 1000 Kilometer sind durchaus möglich.“

Der Einsatz von sensiblen Rohstoffen wie Kobalt ist in den letzten Jahren ständig gesunken. Die neuesten Lithium-Eisenphosphat-Batterien haben überhaupt kein Kobalt und Nickel mehr. Kobalt wird derzeit viel mehr für Smartphones und Notebooks verwendet. Der Professor konterte auch die Kritik, die Produktion von Lithium aus Salzlake führe zu einem immensen Wasserverbrauch. Zur Produktion einer 60 Kilowattstunden-Autobatterie für 400 Kilometer Reichweite werden etwa sechs Kilo Lithium gebraucht. Die Produktion einer Fahrzeugbatterie verbraucht 4000 bis 5000 Liter Wasser, welches aus der Salzlake verdunstet und das Salz zurücklässt: „Das entspricht einem Wasserverbrauch bei der Produktion von 250 Gramm Rindersteak oder einer halben Baumwolljeans oder 30 Tassen Kaffee oder zehn Avocados.“

Erneuerbare Energiequellen am besten für Ladestrom

Elektrische Antriebe seien im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor eindeutig die effizienteste Methode des Antriebs, unterstrich Fichtner: „Am besten natürlich mit Ladestrom aus erneuerbaren Energiequellen.“ Ein Antrieb mit Wasserstoff braucht dagegen erstmal eine lange Energiekette, bevor der Strom schließlich umgewandelt werden kann. Im Moment könne Deutschland ohnehin nicht genügend „grünen Wasserstoff“ für Mobilität und Verkehr produzieren und bereitstellen.

„E-Fuels werden voraussichtlich gebraucht für Flugzeuge und Schiffe, sind aber sehr teuer und derzeit uninteressant für Pkw“, fasste Fichtner zusammen. Die Diskussion beschäftigte sich mit Speicherproblemen und ökologischen Aspekten der Batterieherstellung. Es gibt Lösungen für Großspeicher. Der Hersteller BYD nennt für seine „Blade Battery“ für Elektroautos eine Lebensdauer von sechs Millionen Kilometern oder 10.000 Ladezyklen. Der ökologische Rucksack wird ständig kleiner, weil zunehmend erneuerbare Energien eingesetzt werden. Die Kosten für reine Elektrofahrzeuge werden bald unter denen für Verbrenner liegen. Unzählige Schnellladestationen dürften in den nächsten Jahren entstehen. Die Ladeleistung wird schnell erhöht werden. „Wasserstoff ist eine Energieverschwendungstechnologie“, bilanzierte Maximilian Fichtner, der privat einen alten Alfa Spider sowie einen Opel Ampera fährt. 

Zwei interessante Zahlen gab es noch zum Schluss der Präsentation: Die Ölförderung verbraucht derzeit 46 Milliarden Liter Wasser pro Tag. Das entspricht der benötigten Wassermenge für die Produktion von Lithium für 1,6 Millionen Tesla-Akkus.

 

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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