Schwetzingen. Mozart mit Herz: Das wäre ein reichlich abgegriffener, vielleicht aber zutreffender Titel über das Klavierrecital mit Roberto Prosseda. Der italienische Pianist widmete seinen Vortrag am Sonntagvormittag den eher lichtscheuen Seiten Mozarts, dessen abgründigen Veranlagungen und den skizzenhaften und fragmentarischen Formen, wie sie vor allem die Fantasien aufweisen. Prosseda schuf im Jägersaal des Schwetzinger Schlosses damit eine Atmosphäre, die eine innige Begegnung mit dem gerade in diesen Tagen bewunderten und verehrten Komponisten ermöglichte. Der Applaus fiel entsprechend dankbar und herzlich aus.
Freilich schien Roberto Prosseda, der seine Stücke sympathischerweise anmoderierte, über zwei Drittel der Zeit mit dem Flügel zu fremdeln. Sein pedalreicher Anschlag servierte mit der d-Moll-Fantasie (KV 397) keinen trocken-pointierten, sondern einen gefühlsbetonten Mozart ohne die für Mozart typische ironische Distanz. Rhetorische Figuren und Verzierungen waren wenig ziseliert und tauchten im eher verwaschenen Gesamtklang unter. Auch unbetonte Noten verklangen häufig ungehört, Prossedas Spiel erlangte zudem keine Brillanz. Auch im Adagio (KV 396) ordnete er die technische Präzision und den konzisen Ausdruck einem ins Romantische schweifenden Charakter unter, dem er sich freilich mit innigem Empfinden widmete.
Mozartfest in Schwetzingen: Roberto Prosseda zärtlich
Allerdings entbehrten die kantablen Melodien der B-Dur-Sonate des für Mozart doch auch typischen zärtlichen Liebreiz. Unter der teilweise wattigen Halligkeit litt auch das sich ins Intime zurückziehen wollende Adagio. Prossedas Spiel beleuchtete und präsentierte, führte aber nicht ins Innere; erst mit der Reprise ließen sich zarte Anklänge wahrnehmen, die mit einer gewissen transzendenten Wirkung versehen waren. Das Rondo bot wenig spitzfedrige Verspieltheit, geschweige denn hintersinnige Keckheit, ein kontrastierender Basslauf verhuschte durchaus bedauerlich, und überhaupt wurde hier viel behauptet, wenig aus einer erfahrenen Tiefe geschöpft.
Mozarts Fantasie KV 475 trug schwer an ihrem c-Moll, davon eingeschüchtert schienen auch die im Nebel irrlichternden Begleitfiguren in der linken Hand zu sein, während der Glockenschlag, der zur vollen Stunde über dem Schwetzinger Schloss ertönte, diatonisch freundlich grüßte. Roberto Prosseda inszenierte nun die dynamischen Prozesse mit dramatischer Zuspitzung und stürzte sich in die klanglich sich verdichtenden Passagen mit geradezu grimmiger Entschlossenheit.
Dagegen verströmte das Rondothema in a-Moll (KV 511) beinahe die Melancholie eines Chopin’schen Nocturnes, während sich das anschließende D-Dur-Rondo (KV 485) als lebhafter Kontrast dazu empfahl. Ein überzeugender, entschlossener Vortrag, bevor mit dem h-Moll-Adagio (KV 540) wieder der Grübler und Zweifler Mozart zum Vorschein kam, dem der Pianist gleichwohl einige luzide Momente widmete, die das Stück vor der soghaften Tristesse bewahrten.
Den dritten Satz aus Mozarts C-Dur-Sonate (KV 330) gestaltete Roberto Prosseda, auch dank der temperamentvollen und technischen Beherrschung, als Zugabe, deren Charakter nicht anders als versöhnlich beschrieben werden kann.
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