Schwetzingen. „Man kann jeden Tag über Fachkräftemangel jammern, denn alle Arbeitgeber buhlen um eine kleiner werdende Zahl von Schulabgängern. Und die wollen sehen, worauf sie sich einlassen. Die GRN zeigt jetzt, dass sie etwas bewegen will und positioniert sich im Gesundheitsmarkt der Region", so fasst Klaus Pawlowski, der Leiter der Arbeitsagentur, das zusammen, was die kreiseigenen GRN-Kliniken zusammen mit der Pflegefachschule in Wiesloch jetzt auf die Beine stellt. Schülerinnen und Schüler der achten und neunten Klassen aus der Region sollen bei den Aktionstagen am 28. und 29. Januar im Klinikum Schwetzingen und im dortigen Seniorenheim selbst erleben, wie „cool der Pflegeberuf sein kann", sagt Landrat Stefan Dallinger bei der Programmvorstellung.
„GRN4Care – Pflege-Ausbildung starten!" Unter diesem Slogan lädt die GRN-Klinik Schwetzingen zu den zwei groß angelegten Aktionstagen ein und hält unter anderem spannende Stationen wie einen Pflege-Escape-Room oder das Üben im Skills Lab bereit. Pflegedienstleiter Jens Scheurich verrät, dass es darum geht, wie bei einem Abenteuerraum auf dem freien Markt Aufgaben aus dem Bereich Pflege zu erledigen, um dann den Schlüssel für den Ausgang zu finden – das Spektrum reicht von der Desinfektion bis zum Setzen einer Spritze an einem Dummy.
Dr. Bettina Schiffer und Tabea Ronellenfitsch werden im Burger-Saal des Krankenhauses in Schwetzingen dann Teile eines Skills Lab aufbauen, das sonst im Zentrum ihrer Wieslocher Pflegefachschule steht. Dort können die Schülerinnen und Schüler Alltagssituationen simulieren, mit denen sie in der täglichen Pflege zurechtkommen müssen. So etwa im Schwesternzimmer bei Medikamente richten und beim Dokumentieren, vor allem aber im Umgang mit einer Puppe, die sich wie ein bettlägriger Patient verhält oder beim Duschen eines älteren Menschen oder in der Säuglingspflege.
Ergänzt wird das im Seniorenheim der GRN durch einen Hindernisparcours, eine Alterssimulationsbrille und ein Gesprächscafé mit Bewohnern. Denn Leiterin Martina Burger erzählt, dass die Altenpflege sich nochmals unterscheidet von der Krankenpflege, weil hier zu den Bewohnern und ihren Gewohnheiten eine jahrelange Beziehung aufgebaut wird.
Praxisnähe ist der Pflegefachschule in Wiesloch sehr wichtig. Derzeit sind dort 300 junge Leute in der Ausbildung, die meisten in der dreijährigen Pflegefachausbildung, aber auch einjährige Helferinnen und Mitarbeiter in anderen medizinischen Berufen werden hier auf den Beruf vorbereitet. Künftig sollen hier auch ausländische Fachkräfte auf die Prüfungen vorbereitet werden, erzählt Bettina Schiffer.
Verena Stoll ist eine der Schülerinnen in Wiesloch. Sie absolviert die generalistisch angelegte Pflegeschule mit Praktika in allen Bereichen, um dann später selbst entscheiden zu können, wo sie ihre Zukunft sieht – in der Klinik, im Altenheim, beim Pflegedienst, im Operationssaal oder gar bei einem Studium, das auf künftige Führungsaufgaben vorbereitet. Sie hat zuerst eine Rettungssanitäter-Ausbildung gemacht und so für sich beschlossen, dass ein Pflegeberuf für sie genau das richtige ist. Die Atmosphäre an der Schule in Wiesloch sei sehr familiär, der Umgang mit den 23 Lehrkräften freundschaftlich. Frontalunterricht sei eher selten, Lernstoff lasse sich auch in einem Quiz oder spielerisch mit Praxisübungen erschließen.
In Wiesloch werden junge Pflegekräfte auf den Alltag vorbereitet
Für Verena Stoll zeigt sich der Pflegeberuf ganz anders als das ihre Altersgenossen so denken. Bei den Praktika wird auch Rücksicht in der Dienstplangestaltung genommen. Der Schichtdienst lasse es auch mal zu, morgens auszuschlafen und der Verdienst sei gegenüber anderen Ausbildungen sehr gut, zumal zu den 1400 bis 1570 Euro – je nach Ausbildungsjahr – dann noch Zuschläge für Spätschichten oder Wochenenddienste kämen. Die Tätigkeit sei aber auch fordernd für sie, erzählt Verena Stoll. Physisch durch das Heben von Patienten und psychisch, wenn halt auch mal jemand versterbe.
GRN-Geschäftsführerin Judith Masuch freut sich über die gemeinsame Initiative, die Landrat Stefan Dallinger zusammen mit der Agentur für Arbeit entwickelt und die GRN mit der Schule zusammen umgesetzt habe. Alleine die GRN habe derzeit 80 Pflegefachkräfte und 20 einjährige Helfer in Ausbildung. Aber die zunehmende Zahl von Abgängen in Richtung Rente zeige, dass man mehr Nachwuchs brauche. Früher habe man aus einer großen Zahl von Bewerbungen auswählen können, jetzt zeige sich, dass der Pflegeberuf bei jungen Leuten nicht hip genug sei. „Das wollen wir mit dieser Imagekampagne ändern“, sagt Masuch.
Dann zählt sie die Vorteile auf: Eine ausgebildete Pflegerin verdiene im ersten Arbeitsjahr durchschnittlich 6000 Euro mehr als ein Mechatroniker. Sie habe mehr Urlaubstage, der Beruf sei krisensicher, überhaupt nicht altmodisch oder unmodern durch die Nutzung neuester Technik und Robotik. Und die Möglichkeit, Führungs- und Leitungspositionen zu bekommen, sei sehr gut. Masuch sagt auch, Umfragen zeigten, dass 90 Prozent der Menschen, die in der Pflege arbeiten, den Beruf wieder wählen würden, weil er erfüllend sei. Deshalb gelte es jetzt eben, das Image zu verändern und jungen Leuten zu zeigen, was in der Pflege alles möglich ist.
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