Schwetzingen / Mannheim. Vor der Strafkammer des Landgerichts Mannheim wurde am Mittwoch die Hauptverhandlung gegen zwei 47 und 52 Jahre alte Männer sowie eine 51-jährige Frau fortgesetzt, denen die Anklage schweren räuberischen Bandendiebstahl beziehungsweise Beihilfe hierzu zur Last legt. Die beiden Männer sollen zwischen August 2022 und Mai 2023 mit Trickdiebstählen, bei denen sie sich als Wasserwerkmitarbeiter ausgegeben haben sollen, Schmuck und Bargeld aus den Wohnungen älterer Menschen in Schwetzingen, Speyer, Mannheim und Heidelberg gestohlen haben. Die Ehefrau des 52-Jährigen soll zuvor Fahrzeuge angemietet haben, die bei den Taten verwendet worden seien.
Beweisaufnahme und Vorstrafen der Angeklagten
Zu Beginn des zweiten von ursprünglich zwölf angesetzten Prozesstagen ergänzte die Strafkammer unter dem Vorsitzenden Richter Olaf Rinio einige Feststellungen. So soll der 47-Jährige bei einer Tat einen Geschädigten festgehalten haben, um seinem Komplizen die Flucht zu ermöglichen. Die Kammer nahm einige Videos in Augenschein, auf denen die Beschuldigten in Speyer im Eingangsbereich eines Wohnhauses und vor einem Hotel zu sehen sind.
Die Aufnahmen zeigen außerdem, wie die Männer mit ihrem Fahrzeug ankommen und nach einigen Minuten wieder wegfahren. Das Bundeszentralregister weist für den 47-Jährigen 17 Einträge aus. Er hat Bewährungsvorstrafen unter anderem wegen Körperverletzung, fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr, Beleidigung, Steuerhinterziehung, Nötigung und Hausfriedensbruch.
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Der 52-Jährige ist wegen Betrug und Urkundenfälschung vorbestraft und war wegen schwerem Bandendiebstahl schon einmal zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt worden. Der Vorsitzende verlas einige Strafbefehle und das Urteil wegen Betruges und Urkundenfälschung. Der 52-Jährige hatte versucht, einen 87-Jährigen und dessen Ehefrau um hohe Geldbeträge zu prellen. Die Bank des Geschädigten hatte einige Male noch rechtzeitig das Konto sperren und dadurch verhindern können, dass der sogenannte „Enkeltrick“ Erfolg haben konnte.
Opfer leiden unter psychischen Folgen der Taten
Durch einen betrügerischen Darlehensvertrag hatte der 52-Jährige etwa 60 000 Euro ergaunern wollen. Der 87-Jährige war eines Tages mit einer Plastiktüte über dem Kopf tot in seiner Wohnung gefunden worden. Der Mann hatte vermutlich Suizid begangen. Vor etwa sieben Jahren hatte der 52-Jährige in München einige ältere Menschen um Schmuck und Bargeld gebracht. Dabei hatte er seine Opfer nach alt klingenden Vornamen ausgesucht.
Die Kammer gab dem Antrag der Staatsanwaltschaft statt, Lichtbilder von Gegenständen aus dem Privatleben der Angeklagten in Nordrhein-Westfalen zu sichten. Die Aufnahmen zeigen teure Geschenke, jede Menge Bargeld, hochwertige Fahrzeuge und hohe Essensrechnungen von Urlauben.
Die Staatsanwältin sah den Sachverhalt als erwiesen an. Die beiden Männer hätten „äußerst perfide Taten“ begangen. Die zumeist betagten Menschen, der jüngste Geschädigte war 75 Jahre, das älteste Opfer 95 Jahre alt, würden heute noch unter den psychischen Folgen leiden. Das Vertrauen sei „völlig zerstört“, die Bestohlenen verbrächten „ihr restliches Leben in großer Verunsicherung“.
Staatsanwaltschaft und Verteidigung im Streit um Strafmaß
Die 51-Jährige habe bei ihrer Verhaftung eine Rolex-Uhr im Wert von 14 000 Euro am Handgelenk gehabt und auch teuren Schmuck zu Weihnachten geschenkt bekommen: „Das sind Beispiele für ein luxuriöses Leben der Familie, das sie aus Einnahmen der Taten finanziert haben.“ Der Lebensstil habe das legale Einkommen deutlich überstiegen, forderte die Staatsanwältin sieben Jahre Haft für den 52-Jährigen. Für den 47-Jährigen verlangte sie eine Gefängnisstrafe von fünfeinhalb Jahren.
Das sind Beispiele für ein luxuriöses Leben der Familie, das sie aus Einnahmen der Taten finanziert haben.
Der Mittäter habe eine gewisse Gewaltbereitschaft gezeigt und echte Reue vermissen lassen. Auch die Ehefrau habe eine hohe kriminelle Energie an den Tag gelegt und ebenfalls bei den Opfern keine Rücksicht genommen. Das Geständnis sei von Selbstmitleid geprägt, plädierte die Anklagevertreterin auf zweieinhalb Jahre Gefängnis wegen Beihilfe zum Bandendiebstahl. Von den rund 1500 sichergestellten Asservaten hatten die Ermittler nur fünf Schmuckstücke zwei der sieben angeklagten Taten zuordnen können. Die meisten anderen Gegenstände entstammten aber wohl weiteren Straftaten, so die Staatsanwältin.
Verteidigung plädiert auf mildernde Umstände
Die Verteidigerin des 47-Jährigen sprach von einem „wertvollen Geständnis“ ihres Mandanten. Er wolle einen Schlussstrich ziehen unter seine Vergangenheit und habe bereits eine „empfindliche Wiedergutmachung“ geleistet. Er habe auch kein luxuriöses Leben geführt und sei noch nie in Haft gewesen. Drei Jahre und neun Monate Gefängnis seien ausreichend, der Haftbefehl könne nach der neunmonatigen Untersuchungshaft außer Vollzug gestellt werden.
Sein Mandant habe durch sein umfassendes Geständnis den Opfern die Aussagen vor Gericht erspart, betonte der Verteidiger des 52-Jährigen. Er habe alle Taten eingeräumt und reinen Tisch gemacht. Es gebe keine Belege dafür, wodurch der Schaden eigentlich entstanden sei. Seine Einlassungen seien nach der langen Untersuchungshaft von Reue getragen gewesen und er habe eine umfassende finanzielle Wiedergutmachung geleistet. Für einen luxuriösen Lebensstil gebe es keine Anhaltspunkte. Die einschlägige Vorstrafe liege einige Jahre zurück, hielt der Anwalt eine Haft von vier Jahren und zehn Monaten für angemessen. Sein Mandant würde auch alle Meldeauflagen erfüllen, sollte er aus der Untersuchungshaft entlassen werden.
Es war eine Schweinerei, was ich gemacht habe.
Die Taten seien „eine ganz widerliche Nummer“ gewesen. Das wisse seine Mandantin, führte der Verteidiger der 51-Jährigen aus. Es fehle ihr auch nicht an Unrechtseinsicht: „Sie hat ganz früh Reue gezeigt und bedauert ihre Taten aufrichtig.“ Das vermeintliche „Luxusleben“ habe sie nie gehabt. Sie sei regelmäßig zur Schule gegangen und habe immer gearbeitet, monierte der Verteidiger, dass die Frau „vor Gericht nicht fair behandelt wird“. Die Kammer möge eine Bewährungsstrafe verhängen.
Angeklagte zeigen Reue und entschuldigen sich
„Ich schäme mich“, entschuldigte sich der 47-Jährige für seine Taten. Er wolle sein Leben in normale Bahnen lenken. Er habe in der Haft genug Zeit gehabt, über seine Vergehen nachzudenken, meinte der 52-Jährige. „Es war eine Schweinerei, was ich gemacht habe“, entschuldigte er sich bei den Geschädigten. „Es tut mir von Herzen leid, was passiert ist“, sagte die 51-Jährige.
Der Prozess wird an diesem Freitag, 16. Februar, um 11.30 Uhr vor der Strafkammer des Landgerichts Mannheim fortgesetzt. Dann fällt das Urteil.
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