Interview

Programm beim Mozartfest in Schwetzingen - und das Besondere an seiner Musik

Der künstlerische Leiter und Klarinettist Nikolaus Friedrich spricht im Interview über die Faszination der Werke des Komponisten und was die Besucher auf den Bühnen erwartet.

Von 
Uwe Rauschelbach
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Das Ensemble Quattour Zaide kehrt nach einem beeindruckenden Auftritt vor einigen Jahren erneut nach Schwetzingen zurück. © Kaupo Kikkas

Schwetzingen. Nikolaus Friedrich ist künstlerischer Leiter des Schwetzinger Mozartfestes vom 29. September bis 15. Oktober. Veranstalter ist die Mozartgesellschaft Schwetzingen. Friedrich war bis vor eineinhalb Jahren Soloklarinettist im Mannheimer Nationaltheaterorchester. 1763 hatte der gerade erst siebenjährige Mozart dem Kurfürsten im Schwetzinger Schloss vorgespielt.

Herr Friedrich, haben Sie zu Mozarts Musik ein besonderes Verhältnis?

Nikolaus Friedrich: Als Klarinettist hat man zu Mozart natürlich ein ganz besonderes Verhältnis. Die späten Klarinettenwerke sind so bedeutsam, dass man gar nicht umhin kommt, sich ihnen zu widmen.

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Das Schwetzinger Mozartfest beruft sich auf Mozarts biografischen Bezug zu Schwetzingen. Doch was macht Mozarts Musik darüber hinaus attraktiv für ein solches Festival?

Friedrich: Die Unberechenbarkeit von Mozarts Musik! Ich habe so viele Mozart-Opern gespielt in meiner Karriere beim Mannheimer Nationaltheaterorchester, und jedes Mal gab es Stellen, bei denen ich dachte: Das habe ich eigentlich so noch nie gehört! Außerdem geht Mozart nie nach klassischem Schema F vor. Er komponierte immer anders, als man es erwarten würde.

Nun gilt ja Mozarts Musik als unterhaltsam, galant, vielleicht sogar als niederschwellig. Aber eine solche Beschreibung muss einen Mozart-Kenner beleidigen, oder?

Friedrich: Beleidigung ist das falsche Wort. Mozart hat sich immer in einen Spagat begeben. Eingängige Melodien werden gekoppelt an unerwartete Phrasen oder Wendungen, ohne dass es immer gleich auffallen würde.

Manchmal kippt bei Mozart die Heiterkeit ins Bodenlose. Wäre das eine solche Wendung?

Friedrich: Ja. Richard Strauss hat über eine Stelle in Mozarts „Don Giovanni“ gesagt: Dafür würde er sein gesamtes kompositorisches Werk hergeben.

Friedrich über das Publikum und die Folgen von Corona für das Mozartfest

Wie sehr steht das Mozartfest in der Spannung zwischen touristischer Attraktion und ambitioniertem Musikereignis?

Friedrich: Wir sind natürlich auf Publikum angewiesen. Dabei können wir uns nicht allein auf die Region konzentrieren, sondern freuen uns auch über kundige Konzertgänger von weither. Aber wir sind ein noch immer eher kleines Festival und nicht so kommerziell aufgestellt wie beispielsweise die Schwetzinger Festspiele. Wir wollen bodenständig bleiben. Außerdem sind unsere Programme auf Mozart zugeschnitten. Noch immer gibt es Kompositionen von ihm, die eher selten gespielt oder fast noch unbekannt sind. Da gibt es noch viel zu entdecken.

Hat es durch Corona starke Einbrüche auch beim Mozartfest gegeben?

Friedrich: Ja, natürlich. Gerade ältere Besucher blieben anschließend eher zu Hause aus Angst vor möglichen Risiken.

Alle Infos zum Mozartfest in Schwetzingen

Das Schwetzinger Mozartfest findet vom 29. September bis zum 15. Oktober im Schloss Schwetzingen statt.

  • Freitag, 29. September, 19.30 Uhr, Jagdsaal: Quatuor Zaide. 35 Euro, freie Platzwahl.
  • Samstag, 30. September, 19.30 Uhr, Jagdsaal: Trio Karénine. 35 Euro, freie Platzwahl.
  • Sonntag, 1. Oktober, 11 Uhr, Schlosskapelle: Marieke Spaans. 29 Euro, freie Platzwahl.
  • Freitag, 6. Oktober, 20 Uhr, Rokokotheater: Stipendiaten der Jürgen Ponto-Stiftung. 19 bis 49 Euro.
  • Samstag, 7. Oktober, 19.30 Uhr, Jagdsaal: Maria & Nathalia Milstein. 35 Euro, freie Platzwahl.
  • Sonntag, 8. Oktober, 11 Uhr, Jagdsaal: Simply Quartet. 35 Euro, freie Platzwahl.
  • Freitag, 13. Oktober, 19.30 Uhr, Jagdsaal: Amaryllis Quartett & Nikolaus Friedrich. 35 Euro, freie Platzwahl.
  • Samstag, 14. Oktober, 19 Uhr, Rokokotheater: Die Entführung aus dem Serail. 22 bis 70 Euro.
  • Sonntag, 15. Oktober, 11 Uhr, Jagdsaal: Moritz Winkelmann. 35 Euro, freie Platzwahl.

Karten: unter anderem im Kundenforum der Schwetzinger Zeitung in der Carl-Theodor-Straße 2 sowie bei allen reservix Vorverkaufsstellen.

Tickethotline: 0761/8884 99 99.

Abendkasse: ab einer Stunde vor Beginn an der Spielstätte. Nur Barzahlung.

Internet: www.mozartgesellschaft-schwetzingen.de

Sie sagen, es gebe noch viel an Mozart zu entdecken. Gibt es darüber hinaus neue Interpretationsansätze, vergleichbar mit der historischen Aufführungspraxis im Barock?

Friedrich: Wir kommen an der historisch informierten Aufführungspraxis auch bei Mozart nicht vorbei. Sie muss nur sinnvoll angewendet werden. Wer die Musik spielt, sollte sie auch geistig durchdringen. Historisch informiert heißt nicht einfach: immer schneller.

Die Kammermusik Mozarts steht beim Mozartfest im Mittelpunkt. Warum nicht auch eine Symphonie oder ein Klavierkonzert?

Friedrich: Das Mozartfest bietet so viele kammermusikalische Möglichkeiten, die noch lange nicht ausgereizt sind. Symphonieorchester stellen auch immer eine finanzielle Herausforderung dar. Für ein einziges Symphoniekonzert kann ich mehrere Kammerkonzerte organisieren.

Welche Künstler beim Mozartfest in Schwetzingen auftreten

In den einzelnen Konzerten werden Mozarts Kompositionen mit denen anderer Komponisten konfrontiert. Was soll damit deutlich werden?

Friedrich: Wenn man Mozarts Musik mit älteren Kompositionen vergleicht, lässt sich zeigen, wo er herkommt und wie sehr er in der Tradition wurzelt – oder sich davon emanzipiert. Beim Cembalo-Konzert mit Marieke Spaans werden Fantasien aus mehreren Epochen vorgestellt, von der Renaissance über den Barock bis zur Wiener Klassik. Das lässt Vergleiche zu, wie die Komponisten in unterschiedlichen Zeiten den Gattungsbegriff der Fantasie gedeutet haben.

Wie leicht oder schwer ist es, namhafte Ensembles nach Schwetzingen zu holen?

Friedrich: Vor allem sind es persönliche Kontakte, über die ich verfüge oder über Netzwerke mit anderen Musikern, die bestimmte Ensembles kennen. Vor diesem Hintergrund haben wir doch einige Möglichkeiten, gute Ensembles für Schwetzingen zu verpflichten. Beim Quatuor Zaide ist es eine Wiedereinladung nach dem fulminanten Auftritt vor wenigen Jahren. Das Trio Karenine, das in Frankreich zu den „Größen“ gehört, wurde mir von renommierten Klaviertrios ans Herz gelegt.

Gemeinsam mit Nikolaus Friedrich als Klarinettist wird das Stück „Nuances“ vom Amaryllis Quartett in Schwetzingen uraufgeführt. © Wirth/Kikkas/Lenhardt

Wie kam es zur Entscheidung, Mozarts Oper „Die Entführung aus dem Serail“ in Schwetzingen zu inszenieren?

Friedrich: Ich kenne den Generalmusikdirektor des Theaters Plauen-Zwickau, Leo Siberski, sehr gut. Ursprünglich war eine Inszenierung des „Don Giovanni“ geplant, doch das hatte sich wegen Corona zerschlagen. Die aktuelle Produktion des Theaters ist die „Entführung“. Deshalb können wir diese Oper jetzt in Schwetzingen präsentieren. Ich kenne die Inszenierung selbst noch nicht, aber es handelt sich wohl eher nicht um eine ultramoderne Inszenierung.

Von der kasachischen Komponistin Algerim Seilova wird das Stück „Nuances“ in Schwetzingen uraufgeführt. Sie spielen als Klarinettist mit dem Amaryllis Quartett. Können Sie uns etwas über das Stück verraten?

Friedrich: Die Komponistin, die 2019 mit dem Hindemith-Preis des Schleswig-Holstein-Musik-Festivals ausgezeichnet wurde, ist auf umfassende Weise künstlerisch tätig. Sie schreibt klassische Stücke, aber auch Multimedia-Kompositionen – alles auf einem hohen Niveau. Das Stück „Nuances“ geht auf Spurensuche mit Klängen und Farben. Klänge, die nicht gängig sind. Für die Uraufführung habe noch nicht mit dem Amaryllis Quartett geprobt, aber natürlich befasse ich mich bereits intensiv mit der Partitur. Es wird eine spannende Reise werden.

Was ist daran für Sie als Klarinettist neu?

Friedrich: Viele Klänge habe ich vorher noch nie gespielt. So erzeugt die Klarinette am Ende einen Doppelklang über vier Oktaven. Auch wenn ich altersbedingt vor eineinhalb Jahren meine aktive Zeit im Nationaltheater beendet habe, bin ich als Klarinettist, ob solistisch oder kammermusikalisch, noch immer viel unterwegs. Und ich mache bis heute immer noch neue Entdeckungen. Ich freue mich darauf.

Freier Autor

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