Schwetzingen. In das Projekt Rothacker’sches Haus kommt nach jahrzehntelangem Dornröschenschlaf langsam Bewegung rein: Am Montagabend stellten Planer und Stadtverwaltung der Öffentlichkeit das Konzept einschließlich Zeitplan und Kosten vor und präsentierten auch die Außenansichten. Wenn alles wie vorgesehen läuft, soll das neue kulturelle und touristische Zentrum Schwetzingens Ende 2026 eingeweiht werden.
Die Resonanz bei der Präsentation im Palais Hirsch war allerdings überschaubar: So war es maximal ein Dutzend an Menschen, die nicht entweder als Stadtrat, Mitarbeiter der Stadtverwaltung oder aus anderen beruflichen Verpflichtungen oder Verflechtungen gekommen waren. Sie einte aber alle das große Interesse an dem Vorhaben.
Eingangs erläuterte Oberbürgermeister Dr. René Pöltl noch einmal die grundlegenden Fakten: Dieses Projekt sei quasi alternativlos. Das Gebäude gehöre der Stadt und stehe unter Denkmalschutz. „Abreißen geht also nicht.“ Da würde die Denkmalschutzbehörde ihr Veto einlegen. Das Rothacker’sche Haus müsse also auf jeden Fall saniert werden, egal, für welche Nutzung. „Das würde locker fünf, sechs Millionen Euro kosten – und dann hätten wir immer noch kein Museum“, betonte OB Pöltl.
Hätte es am bisherigen Standort im Karl-Wörn-Haus verbleiben sollen, wären auch dort hohe Investitionen notwendig gewesen. „Dann reden wir insgesamt über dieselben Summen.“ So habe sich der Gemeinderat mehrheitlich für die jetzt präsentierte Lösung entschieden. Und Pöltl ist überzeugt: „Das wird ein tolles Ding für Schwetzingen.“
Rothacker’sches Haus wird saniert und neu gestaltet: Stadt Schwetzingen kann es sich leisten
Dass die Umsetzung trotz der gegenüber den ursprünglichen Plänen deutlich abgespeckten Version „(Wir hätten es gerne größer gemacht“) immer noch über zehn Millionen kostet, dahinter steht der OB: „Wir können es uns leisten, weil wir Ersparnisse haben.“ Außerdem werde die Investitionssumme auf mehrere Jahre verteilt. Grundsätzlich könne sich eine Stadt nicht nur auf die verpflichtenden Aufgaben beschränken und zurückziehen: „Wir brauchen auch Impulse für die Stadtgesellschaft.“ Und das neue Rothacker’sche Haus sei so ein Impuls.
Zudem habe dieser Platz auch eine ortshistorische Bedeutung: „Hier wurde unsere kommunale Demokratie geboren“, erklärte Pöltl. Denn zu Beginn des 18. Jahrhunderts standen an der Stelle des heutigen Rothacker‘schen Hauses zwei Wohnhäuser – in einem davon an der heutigen Invalidengasse das Wirtshaus „Zum Wilden Mann“. Dort tagte die „Achtuhr-Gesellschaft“, Schwetzingens ältester Verein, dessen Mitglieder sich abends um acht Uhr trafen, um Missstände in der Stadt zu besprechen und Verbesserungen herbeizuführen. „Und mein erster Vorgänger war der Wirt vom Lokal“, erinnerte Dr. Pöltl an Bürgermeister Daniel Helmreich, in dessen Amtszeit Schwetzingen die Stadtrechte verliehen bekam.
Relevanz des Rothacker’schen Hauses in Schwetzingen als künftiges Kulturzentrum
Wie wichtig das künftige Kulturzentrum für Schwetzingens weitere touristische Entwicklung werden kann, skizzierte Andreas Lorenz: „Wir brauchen attraktive Erlebnisorte und spannende Anlaufpunkte, und – so etwas soll das Rothacker’sche Haus werden“, sagte der Tourismusexperte aus Berlin, der mit seiner Agentur Plan B das Potenzial der Spargelstadt untersucht hatte. Er ist sicher, dass das ein weiterer Baustein für Schwetzingen in seiner touristischen Attraktivität wird.
Für die Attraktivität des neuen Hauses soll vor allem Lars Maurer sorgen. Der Projektleiter weiß, dass es ein Erlebnismuseum mit modernster Technik werden muss. „Da muss Action geboten werden.“ Dabei soll es kein mit verstaubten Devotionalien vollgepferchtes Heimatmuseum werden, sondern etwas Außergewöhnliches mit Highlight-Exponaten: „Wir wollen das zeigen, was Schwetzingen besonders macht.“
Zahlen und Fakten
- Das Konzept: Untergebracht werden im neuen Rothacker’schen Haus Verwaltungsräume für das Amt 40 (Familien, Senioren, Kultur, Sport), die Touristinformation, ein Showroom mit den Schwerpunktthemen Spargel und Festspiele, das stadtgeschichtliche Museum, Räume für Wechselausstellungen (Gewölbekeller) und Museumspädagogik sowie sogenannte „Co-Working und Kreativ-Spaces“ (Dachgeschoss). Dazu kommen Lagerräume.
- Der Zeitplan: Ende 2023/Anfang 2024 Einreichung der Baugenehmigung; Ende 2024 Baubeginn; Mitte 2026 voraussichtliche Fertigstellung; Ende 2026 voraussichtliche Eröffnung.
- Die Kosten: Die Gesamtausgaben sind auf 12,85 Millionen Euro kalkuliert. Darin enthalten sind bereits 500 000 Euro für zu erwartenden Baukostensteigerungen und knapp 500 000 Euro als Sicherheitspuffer für Unvorhergesehenes und Unwägbarkeiten. 2,5 Millionen Euro sind an Fördermitteln zu erwarten, sodass für die Stadt Investitionen in Höhe von 10,35 Millionen Euro verbleiben. Der größte Teil der Kosten muss für die Sanierung des Altbaus (4,42 Millionen Euro) und für die Neubauten(3,21 Millionen Euro) aufgewendet werden. ali
Wie das Ganze in rund drei Jahren aussehen soll, dieses Geheimnis lüftete dann Florian Eschner, Mitarbeiter des Büros Fischer Architekten aus Aachen, das in einer Gemeinschaft mit Marc Sommer von der „rebuild.ing“-Ingenieurgesellschaft aus Reilingen das Projekt plant und umsetzt.
Er blickte kurz auf die komplizierte Struktur des aktuellen Gebäudes, das im Laufe der Jahrzehnte zusammengestückelt wurde – eine besondere Herausforderung für die Architekten, auch wegen der unterschiedlichen Bodenniveaus.
Rothacker’sches Haus soll in Schwetzingen eine Symbiose zwischen Alt und Neu eingehen
Die Präsentation Eschners hinterließ Eindruck im Saal – vor allem wegen der Symbiose zwischen Bestandsimmobilie und Neuem. So zeigte der Architekt, wie die beiden Giebelanbauten aussehen, die zur Erschließung dienen und durch ihre Stahlbetonweise auch zur notwendigen Erdbebensicherung beitragen würden. Optischer Hingucker ist der Anbau auf der Messplatzseite, der zum neuen Eingang wird – in Holzbauweise, mit Säulen und einem einladenden Museumshof. Dass in diesem Anbau auch noch die Technik untergebracht werden kann (und nicht im Keller), ist ein architektonischer Kniff, der zudem noch Kosten spare.
Bei den Baumaterialien hätten die Planer darauf geachtet, dass sie typisch für Schwetzingen sind – etwa mit den Biberschwanzziegeln und den rötlich verputzten Fassaden der Neubauteile. „Die Jugendstilfassade bleibt im jetzigen Farbton“, sagte Florian Eschner.
Kostenziel immer im Blick
Über allem habe das neue Kostenziel von 12,85 Millionen Euro gestanden. „Das war uns heilig, daran mussten wir uns halten.“ Ursprünglich hatte die Investitionssumme beim ersten Vorentwurf Ende 2020 rund 17,5 Millionen Euro betragen. Durch die Kostenexplosionen auf dem Bausektor war die Kalkulation auf weit über 20 Millionen Euro gestiegen, weswegen der Gemeinderat 2022 die Reißleine gezogen hatte.
Zum Schluss hatten die Zuhörer Gelegenheit, Fragen zu stellen. So erkundigte sich ein Besucher nach dem eisernen Zaun an der Wildemannstraße. Ob er stehen bleibt, konnte Bürgermeister Matthias Steffan noch nicht mit Gewissheit sagen: „Aber wir werden ihn sichern.“ Und auch nach dem Alten Messplatz erkundigte sich ein Bürger. Denn dessen Neugestaltung sei zwar nicht im Projekt Rothacker’sches Haus inkludiert, aber insgesamt unumgänglich, wie auch Steffan bestätigte.
Der Platz sei zu stark asphaltiert, die Schrankenanlage an der Einfahrt nicht vorteilhaft und es gebe zu wenig Grün. „Asphalt raus – Bäume rein“, brachte es der Bürgermeister auf den Punkt.“ Bis zur Eröffnung des Roth’ackerschen Hauses Ende 2026 wird sicher auch dafür eine Lösung gefunden sein.
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